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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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sie mürrisch und schob sich die Zigarette hinter das Ohr. «Ich werde sie später rauchen.» Aber ich zweifelte nicht, daß sie sie mit den übrigen verkaufen würde.
    «Was kriegt man zur Zeit für einen selbstgedrehten Sarg nagel? »
    «Etwa fünf Mark », erwiderte sie. «Ich zahle meinen Sammlern fünf US für hundertfünfzig Kippen. Daraus kann man ungefähr zwanzig neue drehen. Verkaufe sie für etwa zehn USo Was ist, schreiben Sie einen Artikel darüber für den Tagesspiegel ? Verschonen Sie mich mit dieser Victor-Gol lancz-Tour , Herr Gunther. Sie sind wegen meines lausigen Mannes hier, nicht wahr? Also, ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Und ich hoffe, daß ich ihn nie wie der zu Gesicht bekomme. Ich schätze, Sie wissen, daß er in einem Wien er Gefängnis sitzt, oder? »
    «Ja.»
    «Vielleicht wissen Sie auch, daß ich froh war, als die Ame rikaner kamen und mir sagten, er wäre verhaftet. Ich könnte ihm verzeihen, daß er mich im Stich gelassen hat, aber nicht unseren Sohn.»
    Es ließ sich nicht sagen, ob Frau Becker sich in eine Hexe verwandelt hatte, bevor oder nachdem ihr Ehemann sie hatte sitzenlassen. Aber nach dem ersten Eindruck war sie nicht der Typ, mich davon zu überzeugen, daß ihr durchgebrann ter Ehemann eine falsche Wahl getroffen hatte. Sie hatte einen bitteren Zug um den Mund, einen vorstehenden Unter kiefer und kleine scharfe Zähne. Ich hatte kaum angefangen, den Zweck meines Besuches zu erläutern, als sie anfing, mir die Ohren vollzublasen. Es kostete mich den Rest meiner Zi garetten, um sie genügend zu besänftigen, daß sie meine Fra gen beantwortete.
    «Was ist genau passiert? Können Sie mir das sagen? »

    «Die von der MP sagen, er hätte in Wien einen Captain von der amerikanischen Armee erschossen. Offenbar haben sie ihn auf frischer Tat erwischt. Das ist alles, was man mir sagte.»
    «Was ist mit diesem Oberst Poroschin? Wissen Sie etwas über ihn?»
    « Sie wollen wissen, ob Sie ihm trauen können oder nicht.
    Das ist es, was Sie wissen wollen. Nun, er ist ein Iwan ", feixte sie. «Das ist alles, was Sie zu wissen brauchen.» Sie schüttelte den Kopf und fügte ungeduldig hinzu: « Oh, sie kannten sich hier in Berlin durch eine von Emils Schiebe reien. Es ging, glaub ich, um Penicillin. Ich glaube, Emil sagte, Poroschin hätte sich bei einern Mädchen, auf das er scharf war, die Syphilis geholt. Wird wohl eher andersrum gewesen sein, dachte ich. Jedenfalls war's die schlimmste Form der Syphilis: die Art, bei der man anschwillt. Salvarsan schien nicht zu helfen. Emil besorgte ihm Penicillin. Nun, Sie wissen, wie selten das ist, das echte Zeug, meine ich. Das könnte ein Grund sein, warum Poroschin versucht, Emil zu helfen. Sie sind alle gleich, dieses Russkis. Sie haben nicht nur ihren Verstand in den Eiern, auch ihre Seele. Poroschins Dankbarkeit kommt direkt aus seinem Schwanz.»
    « Und ein anderer Grund? » Ihre Stirn umwölkte sich.
    « Sie sagten, das könne ein Grund sein. Könnte es noch an dere geben? »
    « Aber natürlich. Es kann nicht einfach daran liegen, daß er Poroschins Schwanz aus dem Feuer geholt hat. Ich wäre überhaupt nicht überrascht, wenn Emil für ihn spioniert hätte.»
    « Haben Sie einen Anhaltspunkt dafür? Hat er Poroschin oft getroffen, als er noch in Berlin war? »
    « Kann ich nicht sagen.»
    « Aber er ist nur wegen Mordes angeklagt. Nicht wegen Spionage.»

    « Was ist das für ein Unterschied? So wie es aussieht, haben sie genug Material gegen ihn, um ihn aufzuhängen.»
    « So läuft das nicht. Hätte er spioniert, hätten sie alles wis sen wollen. Diese Leute von der MP hätten Ihnen eine Menge Fragen über die Verbindungen Ihres Mannes gestellt. Haben sie das?»
    Sie zuckte die Achseln. «Nicht daß ich wüßte.»
    «Hätte es irgendeinen Verdacht auf Spionage gegeben, wären sie dem nachgegangen, wenn auch nur, um rauszufin den, welche Informationen er vielleicht besaß. Haben sie diese Wohnung durchsucht? »
    Frau Becker schüttelte den Kopf. «Egal, ich hoffe, sie hän gen ihn », sagte sie bitter. «Das können Sie ihm sagen, wenn Sie ihn sehen. Ich will ihn mit Sicherheit nicht mehr sehen.» «Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen? »
    «Vor einem Jahr. Er kam im Juli aus einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager zurück, und drei Monate später haute er ab.»
    « Und wann wurde er gefangengenommen ? »
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