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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Eindruck von der Wohnung bekommen. Schließen Sie einfach hinter sich ab, und klopfen Sie an meine Tür, wenn Sie alles gesehen haben.»
    Nachdem die alte Frau verschwunden war, streifte ich durch die Zimmer, nur um festzustellen, daß Abs für einen alleinstehenden Mann eine außerordentlich große Anzahl von Care-Paketen erhalten hatte. Ich zählte die leeren Kar tons, welche die unverwechselbaren Initialen und die New Yorker Adresse trugen, und stellte fest, daß es mehr als fünf zig waren. Das sah weniger nach Care als nach schwunghaf ten Geschäften aus. Als ich mit meinem Rundgang fertig war, sagte ich der alten Frau, ich bräuchte eine größere Woh nung, und dankte ihr, daß sie mich die Wohnung hätte be sichtigen lassen. Dann schlenderte ich zu meiner Pension in der Skodagasse zurück.
    Ich war noch nicht lange dort, als es an die Tür klopfte. «Herr Gunther?» sagte ein Mann, der die Streifen eines Sergeants trug.

    Ich nickte.
    «Ich fürchte, Sie werden mit uns kommen müssen, bitte.» « Bin ich festgenommen? »
    «Wie bitte, Sir? »
    Ich wiederholte meine Frage in meinem unsicheren Eng lisch. Der amerikanische MP schob ungeduldig seinen Kau gummi hin und her. «Man wird Ihnen im Hauptquartier alles erklären, Sir.»
    Ich griff nach meiner Jacke und zog sie an.
    «Vergessen Sie nicht, Ihre Papiere mitzunehmen, ja, Sir? » lächelte er höflich. «Das erspart es uns, noch mal herzufah ren.»
    «Natürlich», sagte ich und nahm Hut und Mantel. «Ha ben Sie einen Wagen? Oder gehen wir zu Fuß? »
    « Der Jeep steht direkt vor dem Eingang.»
    Als wir durch ihre Eingangshalle gingen, bemerkte ich die Inhaberin der Pension. Zu meiner Überraschung sah sie nicht im geringsten beunruhigt aus. Vielleicht war sie daran ge wöhnt, daß ihre Gäste von der Internationalen Patrouille ab geholt wurden. Oder vielleicht sagte sie sich einfach, daß für mein Zimmer ja weiter bezahlt wurde, ob ich nun dort oder in einer Zelle des Polizeigefängnisses schlief.
    Wir kletterten in den Jeep, fuhren ein paar Meter, bevor wir rechts abbogen und in die Lederergasse fuhren, fort von der Stadtmitte und dem Hauptquartier der Internationalen Militärpolizei.
    «Fahren wir nicht in die Kärntner Straße?» fragte ich. «Dies ist keine Angelegenheit der Internationalen Pa trouille, Sir», erklärte der Feldwebel. «Dies fällt in amerika nische Zuständigkeit. Wir fahren zur Stiftskaserne in der Mariahilfer Straße.»
    «Zu Shields oder zu Belinsky? »
    «Man wird Ihnen alles erklären, wenn ... »
    « ... wenn wir im Hauptquartier sind, ich weiß.»
    Der Pseudo-Barock-Eingang der Stiftskaserne, dem Hauptquartier der 796. Militärpolizei mit seinen dorischen Säulen, Greifen und griechischen Kriegern im Halbrelief, war ein wenig unpassend zwischen den beiden Eingängen des Warenhauses Tiller eingeklemmt und Teil eines fünfge schossigen Gebäudes, das der Mariahilfer Straße gegenüber lag. Wir durchfuhren den mächtigen Torbogen dieses Ein gangs und gelangten auf der Rückseite des Gebäudes über einen Exerzierplatz zu einem weiteren Gebäude, das eine Mi litärkaserne beherbergte.
    Der Jeep passierte ein paar Tore und hielt vor der Kaserne.
    Ich wurde hineineskortiert und über zwei Treppenfluchten in ein großes, helles Büro geführt, das einen eindrucksvollen Blick auf den Flugzeugabwehrturm erlaubte, der auf der an deren Seite des Exerzierplatzes stand.
    Shields erhob sich hinter seinem Schreibtisch und grinste, als wolle er seinen Zahnarzt beeindrucken.
    « Kommen Sie, setzen Sie sich», sagte er, als wären wir alte Freunde. Er blickte den Sergeant an. «Ist er friedlich mitge kommen, Gene? Oder mußten Sie ihm die Scheiße aus dem Arsch prügeln? »
    Der Sergeant grinste ein wenig und murmelte etwas, das ich nicht verstand. Es ist kein Wunder, daß man ihr Englisch nicht verstehen kann, dachte ich: Amerikaner kauten ständig auf etwas herum.
    «Sie bleiben besser noch 'ne Weile, Gene», fügte Shields hinzu. «Bloß für den Fall, daß wir diesen Burschen ein biß chen härter anfassen müssen.» Er stieß ein kurzes Lachen aus, zog sich die Hosen hoch, setzte sich vierschrötig vor mich hin, die dicken Beine wie ein Samuraikrieger gespreizt, nur daß er vermutlich zweimal wo groß war wie jeder Japa ner.
    «Zuallererst, Gunther, muß ich Ihnen sagen, daß es im In ternationalen Hauptquartier einen Lieutenant Canfield gibt, ein echtes Arschloch von einem Briten, der es gern hätte, wenn ihm jemand bei einem kleinen

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