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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Teufel? »
    «Sie haben mich nicht gesehen? Großartig. Nach dem, was Sie übers Beschatten sagten, habe ich ein Buch darüber gelesen. Hab mich als Nazi verkleidet, damit Sie mich nicht erkennen.»
    Ich blickte mich um. «Haben Sie gesehen, wohin Veronika gegangen ist? »
    « Sie wollen sagen, daß Sie die Dame kennen?» Er schlen derte zu dem Soldaten hinüber, den ich mit dem Rohr gefällt hatte und der bewußtlos am Boden lag. «Ich dachte, Sie wä ren bloß so 'ne Art Don Quijote.»
    «Habe sie erst gestern nacht kennen gelernt. »
    «Bevor Sie mich kennenlernten, schätze ich.» Belinsky starrte einen Augenblick auf den Soldaten, dann richtete er die Luger auf den Hinterkopf des Mannes und drückte ab. «Sie ist draußen », sagte er so gleichmütig, als habe er auf eine Bierflasche geschossen.
    «Scheiße », stieß ich hervor, von dieser Gefühllosigkeit ab gestoßen. «Sie könnte man mit Sicherheit in einem Sonder kommando gebrauchen.»
    «Was?»
    «Ich sagte, ich hoffe, daß Sie meinetwegen gestern nacht nicht Ihre letzte Straßenbahn verpaßt haben. Mußten Sie ihn töten? »
    Er zuckte die Achseln und begann, den Schalldämpfer von seiner Luger abzuschrauben. «Zwei tote Männer sind besser als ein lebender, der vor Gericht aussagen kann. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede.» Er stieß mit der Schuhspitze gegen den Kopf des Mannes. «Außerdem wird niemand diese Iwans vermissen. Sie waren Deserteure.»
    « Woher wissen Sie das? »
    Belinsky deutete auf ein Bündel Kleider und Ausrüstung, die in der Nähe des Eingangs lagen, daneben die Überreste eines Feuers und einer Mahlzeit.
    «Sieht so aus, als hätten sie sich seit ein paar Tagen hier versteckt. Ich nehme an, sie kriegten Langeweile und waren scharf auf eine ... » Er suchte nach dem passenden deutschen Wort, schüttelte den Kopf und beendete den Satz auf englisch « ... Möse.» Er schob die Luger in das Halfter und steckte den Schalldämpfer in seine Manteltasche. «Wenn man sie findet, bevor die Ratten sie aufgefressen haben, werden un sere Jungens hier glauben, der KGB hätte es getan. Aber ich setze eher auf die Ratten. In Wien gibt's die größten Ratten, die ich je gesehen habe. Sie kommen geradewegs aus den Ab wasserkanälen. Wenn ich's recht überlege, würde ich sagen, diese zwei sind selber da unten gewesen, so wie sie stinken. Der Hauptkanal kommt im Stadtpark raus, ganz in der Nähe der sowjetischen Kommandantur und dem russischen Sek tor.» Er ging zum Fenster. «Kommen Sie, Kraut, woll'n mal sehen, wo Ihr Mädchen ist.»
    Veronika war ein Stück in Richtung Währinger Straße ge laufen und dann stehengeblieben, bereit, weiterzurennen, wären es die beiden Russen gewesen, die aus dem Gebäude kamen. «Als ich Ihren Freund reingehen sah», erklärte sie, «hab ich gewartet, um zu sehen, was passiert.»
    Sie hatte ihren Mantel bis zum Hals zugeknöpft, und ab gesehen von einer leichten Schürfwunde auf der Wange und den Tränen in ihren Augen, sah sie nicht aus wie ein Mäd chen, das nur knapp einer Vergewaltigung entgangen war.
    «Es ist alles in Ordnung», sagte Belinsky. «Die beiden werden uns nicht mehr belästigen.»
    Als Veronika mir für ihre Rettung und Belinsky für meine Rettung gedankt hatte, begleiteten er und ich sie zu dem halbzerstörten Haus in der Rotenturmstraße, wo sie ein Zimmer hatte. Dort bedankte sie sich noch einmal und lud uns ein, mit raufzukommen, ein Angebot das wir ablehnten, und erst als ich versprochen hatte, sie am Morgen zu besu chen, ließ sie sich überreden, ihre Tür abzuschließen und ins Bett zu gehen.
    « So wie Sie aussehen, würde ich sagen, daß Sie einen Schnaps gebrauchen könnten », sagte Belinsky. « Ich lade Sie ein. Die Bar Renaissance ist gleich um die Ecke. Da ist es ru hig, und wir können uns unterhalten.»
    Die Bar lag in der Singerstraße, dicht beim Stephansdom, der gerade restauriert wurde, und war eine nachgemachte ungarische Schenke mit Zigeunermusik. Es war eine Kneipe, wie man sie auf Puzzles abgebildet sieht und die zweifellos bei Touristen sehr beliebt war, doch für meinen schlichten, zurückhaltenden Geschmack war sie einfach ein paar Zieh harmonikatöne zu aufdringlich. Doch es gebe eine Entschä digung, die nicht zu verachten sei, erklärte Belinsky. Man serviere hier einen klaren ungarischen Schnaps, der aus Kir schen gemacht werde. Und einem Mann, dem man kurz vor her mit Fußtritten zugesetzt hatte, schmeckte der Schnaps besser, als Belinsky prophezeit

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