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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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herein, der mich an den Druck eines Porträts von Klimt denken ließ, das im Frühstückszimmer hing. Er trug einen braunen Regenmantel mit Gürtel, Hosen, die für seine weißen Socken ein wenig zu kurz waren, und einen kleinen, schwarzen, mit Abzeichen und Federn übersäten Ti rolerhut, der seinen Kopf mit dem langen, hellen Haar kaum bedeckte. Seine Hände steckten, ein wenig unpassend, in einem großen wollenen Muff.
    «Was verkaufen Sie, Meister?» fragte ich ihn.
    Der verschlagene Blick wurde argwöhnisch. «Sind Sie nicht Gunther?» nölte er mit einer unglaublichen Stimme, die so leise war wie ein gestohlenes Fagott.
    «Nur die Ruhe», sagte ich, «ich bin Gunther. Sie müssen Beckers persönlicher Waffenschmied sein.»
    «Richtig. Heiße Rudi.» Er blickte sich im Zimmer um und wurde lockerer. «Allein in dieser Bude? »
    «Wie ein Haar auf 'ner Witwentitte. Haben Sie mir ein Ge schenk gebracht? »
    Rudi nickte und zog mit einem verschmitzten Grinsen eine Hand aus dem Muff. Sie hielt einen Revolver, und dieser war auf mein morgendliches Croissant gerichtet. Nach einem kurzen unbehaglichen Augenblick wurde sein Grinsen brei ter, er ließ den Handgriff los, und die Waffe baumelte am Ab zugsbügel an seinem Zeigefinger.
    «Sollte ich in dieser Stadt bleiben, werde ich mir einen neuen Sinn für Humor zulegen müssen», sagte ich und nahm den Revolver in die Hand. Es war ein 38er Srnith mit einern Sechs-Zoll-Lauf und den Worten Militär und Polizei säuber-

    lich in die schwarze Politur eingraviert. «Ich schätze, der Bulle, dem sie gehörte, hat sie Ihnen für ein paar Päckchen Zigaretten überlassen.» Rudi wollte zu einer Antwort anset zen, aber ich war schneller: «Hören Sie zu, ich habe Becker gesagt, ich will eine saubere Waffe und nicht ein Beweisstück A in einem Mordprozeß.»
    «Das ist eine neue Waffe», sagte Rudi empört. «Quet schen Sie doch mal das Auge an den Lauf. Er ist noch einge fettet: ist noch nicht abgefeuert worden. Ich schwöre, die da oben wissen nicht mal, daß sie fehlt.»
    «Woher haben Sie das Ding? »
    «Aus dem Lager einer Waffenfabrik. Ehrlich, Herr Gun ther, diese Knarre ist so sauber wie alle anderen, die heutzu tage auf den Markt kommen.»
    Ich nickte zögernd. «Haben Sie Munition mitgebracht? » «Sind sechs Schuß drin», sagte er, nahm seine andere Hand aus dem Muff und legte eine jämmerliche Handvoll Patronen auf die Anrichte neben die beiden Flaschen von Traudl. «Und die hier.»
    «Was, haben Sie die markenfrei gekauft? »
    Rudi zuckte die Achseln. «Das ist alles, was ich im Augen blick kriegen konnte, leider.» Er erspähte den Wodka und leckte sich die Lippen.
    «Ich habe gerade gefrühstückt», sagte ich zu ihm, «aber bedienen Sie sich.»
    «Bloß um die Kälte zu vertreiben, was? » sagte er und goß sich mit nervöser Hand ein Glas ein, das er rasch kippte. «Trinken Sie ruhig noch eins. Ich stelle mich nie zwischen einen Mann und einen ordentlichen Durst.» Ich zündete mir eine Zigarette an und ging zum Fenster.
    Vom Rand des Verandadaches hing eine Panflöte aus Eis zapfen herab. «Besonders an einem Tag, der so eisig ist wie dieser.»
    «Danke», sagte Rudi, «vielen Dank.» Er lächelte dünn und füllte, jetzt ruhiger, ein zweites Glas, an dem er langsam nippte. «Wie geht's denn so vorwärts? Mit den Ermittlun gen, meine ich.»
    «Wenn Sie ein paar Vorschläge haben, würde ich sie gern hören. Im Augenblick springen die Fische nicht gerade von allein ans Ufer.»
    Rudi dehnte seine Schultern. «Nun, wie ich die Sache sehe, ist dieser Ami-Captain, der die 71 genommen hat ... »
    Er hielt inne, während ich mir meinen Reim machte: Die Nummer 71 war die Straßenbahn, die zum Zentralfriedhof fuhr. Ich nickte ihm zu, er solle fortfahren. «Also, er muß mit irgendeiner Bande zu tun gehabt haben», forderte er mich auf und schien richtig Feuer zu fangen. «Denken Sie doch mal nach: Er geht verkleidet in ein Lagerhaus, und die Bude ist bis unters Dach voll mit Zigaretten. Ich meine, warum gingen sie wohl da hin? Bestimmt nicht, weil der Mörder vorhatte, ihn dort zu erschießen. In der Nähe seines gehei men Lagers hätte er's wohl nicht getan, oder? Sie müssen hingegangen sein, um nach den Waren zu sehen, und hatten einen Streit.»
    Ich mußte zugeben, was er sagte, hatte etwas für sich. Ich dachte nach. «Wer verka uft in Österreich Zigaretten, Rudi ? » - « Eigentlich jeder.»
    « Ich meine die großen Schwarzhändler.»
    « Außer Emil sind's die

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