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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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soll. Also kommen Sie, was denken Sie? Im Augenblick ist gerade ein Tribunal in Nürnberg. Otto Ohlen dorf, Kommandeur einer dieser SS-Sondereinheiten. Glau ben Sie, daß er für seine Kriegsverbrechen hängen sollte? »
    «Kriegsverbrechen?» wiederholte ich matt. «Hören Sie mal, Belinsky, ich habe drei Jahre im Amt für Kriegsverbre chen der Wehrmacht gearbeitet. Also glauben Sie nicht, daß Sie mir über verdammte Kriegsverbrechen Neues erzählen können.»
    «Ich will bloß wissen, wo Sie stehen, Kraut. Welche Art von Kriegsverbrechen habt ihr Deutschen überhaupt unter sucht? »
    «Grausamkeiten, begangen von beiden Seiten. Haben Sie von Katyn gehört? »
    «Natürlich. Ihr habt das untersucht?» «Ich gehörte zur Kommission.»
    «Wie das?» Er schien ehrlich überrascht. Und das waren die meisten Leute.
    «Ehrlich gesagt, ich finde die Idee, kämpfende Männer wegen Kriegsverbrechen anzuklagen, absurd. Die Mörder von Frauen und Kindern müssen bestraft werden, ja. Aber es waren nicht bloß Juden und Polen, die von Leuten wie Mül ler und Globocnik umgebracht wurden. Sie ermordeten auch Deutsche. Vielleicht hätte wir sie selber vor Gericht ge bracht, wenn ihr uns die Zeit gelassen hättet.»
    Belinsky bog in der Währinger Straße ab, fuhr an dem lan gen Gebäude des Allgemeinen Krankenhauses entlang in die Alsterstraße, wo er, von derselben Erinnerung befallen wie ich, die Geschwindigkeit respektvoll drosselte. Ich hätte ge wettet, daß er im Begriff gewesen war, mir zu antworten, aber jetzt wurde er still, fast so, als fühle er sich verpflichtet, alles zu vermeiden, was mich hätte kränken können. Als er vor meiner Pension hielt, sagte er: «Hatte Traudl irgendwel che Angehörigen? »

    «Nicht daß ich wüßte. Nur Becker.» Aber ich fragte mich, ob das stimmte. Die Fotografie, die sie und Poroschin zeigte, ließ mir noch immer keine Ruhe.
    «Nun, das ist sein Kummer. Ich werde keine schlaflose Nacht seinetwegen haben.»
    «Er ist mein Klient, falls Sie das vergessen haben sollten.
    Man erwartet von mir, daß ich mich bemühe, seine Unschuld zu beweisen. Deshalb arbeite ich für Sie.»
    « Und sind Sie von seiner Unschuld überzeugt? » «Ja.»
    «Aber Sie dürften doch sicher wissen, daß er auf der Crowcass-Liste steht.»
    «Sie sind schlau », sagte ich dumpf, «lassen mich die ganze Rennerei machen, nur um mir das zu sagen. Angenommen, ich habe Glück und gewinne das Rennen, wird man mir er lauben, den Preis entgegenzunehmen? »
    <    «Sie sind wirklich schlau, Belinsky», wiederholte ich bit ter und begann auszusteigen.
    «Aber soweit es mich betrifft, ist er ein kleiner Fisch. Ich bin hinter größeren Halunken als Emil Becker her. Sie kön nen mir helfen. Sie können versuchen, ein wenig von dem Schaden wiedergutzumachen, den Ihr Land angerichtet hat. Eine symbolische Geste, wenn Sie so wollen. Wer weiß wenn genügend Deutsche dasselbe tun, könnte das Konto ausgeglichen werden.»
    «Wovon sprechen Sie?» sagte ich, auf der Straße stehend. «Wessen Konto?» Ich lehnte mich an die Wagentür, beugte mich vor und sah, daß Belinsky seine Pfeife herausnahm. «Gottes Konto», sagte er ruhig.
    Ich lachte und schüttelte ungläubig den Kopf.

    « Was ist los? Glauben Sie nicht an Gott? »
    « Ich glaube nicht an die Möglichkeit, mit ihm zu handeln.
    Sie sprechen von Gott, als wenn er Gebrauchtwagen ver kaufte. Ich habe Sie falsch eingeschätzt. Sie sind viel ameri kanischer, als ich dachte.»
    « Da irren Sie sich. Gott macht gern Geschäfte. Denken Sie an dieses Bündnis, das er mit Abraham schloß und mit Noah. Gott ist ein Hausierer, Berni. Nur ein Deutscher könnte einen Handel mit einem direkten Befehl verwechseln.»
    «Kommen Sie zum springenden Punkt! Sie wollen auf et was hinaus, nicht wahr?» Sein Verhalten schien darauf hin zudeuten.
    « Ich werde Ihnen reinen Wein einschenken ... »
    « Ja? Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie das schon mal getan.»
    « Alles, was ich Ihnen sagte, war wahr.» « Aber jetzt kommt noch mehr, oder?»
    Belinsky nickte und zündete seine Pfeife an. Ich war ver sucht, sie ihm aus dem Mund zu schlagen. Statt dessen setzte ich mich ins Auto und schloß die Tür. « Bei Ihrer Neigung zur selektiven Wahrheit sollten Sie einen Job

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