Bernsteinaugen und Zinnsoldaten
Überraschung in den goldenen Augen zu lesen. „Wenigstens … glaube ich nicht, daß sie es ist. Als ich mit Sekka-Olefin allein war, erklärte er mir, daß Menschen auf Planet Zwei überleben können, und er versicherte mir, daß er die Atmosphäre selbst geatmet hatte. Siamang wollte sie im Weltraum von Bord stoßen, weil sie Zeugin des Mordes an Olefin geworden war … Ich aber sagte ihm, er solle sie statt dessen auf Planet Zwei aussetzen. Er befand sich unter Drogeneinfluß, und ich konnte nichts anderes tun, sonst hätte er uns alle umgebracht. Etwas Besseres ist mir leider nicht eingefallen …“ Er senkte beschämt den Blick und verschloß die Augen vor der Erinnerung an ihr Gesicht. Zum Teufel mit dir, zum Teufel mit dir … „Wenn ich mich getäuscht habe und sie starb, dann bin ich so schuldig wie er, und das Demarchy kann nach eigenem Gutdünken mit mir verfahren, ich verdiene es. Es war nur von Bedeutung, daß jemand zurückkam, um die Wahrheit zu enthüllen. Und sich darum zu kümmern, daß Siamang und Söhne für ihre sichere Rückkehr zum Demarchy bezahlen müssen – weil ich nicht daran glaube, daß sie … tot ist …“ Plötzliche Ergriffenheit raubte ihm die Stimme. „Hat es … haben Sie irgendwelche Funkbotschaften empfangen? Gibt es eine Nachricht?“
„Mehr als das.“ Abdhiamal lächelte humorlos. „Mythili kehrte vor Ihnen mit dem Schiff des Prospektors ins Demarchy zurück. Sie hat alles gemeldet, was geschehen ist – mit Ausnahme der Tatsache, daß Sie sie eigentlich gar nicht töten wollten, Dartagnan.“
Dartagnan lachte ungläubig. „Mein Gott, sie hat es geschafft … sie hat es geschafft!“
Abdhiamal lächelte erneut über etwas in Dartagnans Gesicht. „Und was das Demarchy betrifft, so hängt es nun einzig und allein von ihrer Entscheidung ab, ob sie die Anklage auf versuchten Mord gegen Sie aufrechterhalten will. Aber nun, nach dem Geständnis und Ihren beiden Aussagen, liegt der Fall des Demarchos Siamang etwas klarer auf der Hand … Sie müssen wissen, Demarchos Siamang, dies ist keine Nachrichtenkonferenz – betrachten Sie es besser als eine vorgezogene Anhörung. Das Demarchy ist bereits von der Aussage der Demarchin Fukinuki unterrichtet worden; das geschah lange vor Ihrer Ankunft. Ihr Vater wird als Komplize betrachtet, und ihn erwarten weitere Verhöre. Wir brauchten nur noch Ihre Version, und die haben wir hiermit.“
Unterschätze niemals die Kraft einer Frau. Dartagnan grinste mit weichen Knien. Er sah, daß Siamang mittlerweile von den „Zuschauern“ eingekreist war: Vigilanten, freiwillige Polizisten, die speziell für diesen Anlaß herangezogen worden waren. Siamang betrachtete sie mit Abscheu. „Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Das ist Freiheitsberaubung.“ Er sah in die Kameras. „Volk des Demarchy, wollt ihr tatenlos zusehen, wie ein Demarchos-Bruder von der Regierung entführt wird?“
„Das Volk bat mich hierherzukommen, Siamang – sparen Sie sich Ihre Worte für die Verhandlung. In der Zwischenzeit betrachten Sie sich als unter Hausarrest gestellt … Um die Software werde ich mich kümmern.“ Abdhiamal streckte eine Hand aus. Chaim erkannte eine Art Genugtuung im Gesicht des Regierungsvertreters, und er erkannte, daß Abdhiamal kaum älter war als er selbst, was hinter seiner selbstsicheren Maske nur schwer zu erkennen gewesen war. Im Demarchy wurde einem Regierungsangestellten viel weniger Respekt entgegengebracht als einem Medienmann, und er hatte auch bedeutend weniger Einfluß.
Siamang, der sich wieder völlig in der Gewalt zu haben schien, reichte ihm den Behälter. Dann endlich sah er Dartagnan an. Dartagnan bemühte sich, den Ausdruck in seinen Augen zu deuten, was ihm aber nicht gelang. Siamangs Arm schnellte abrupt vor, umklammerte den Arm Dartagnans und riß ihm den Kreditschein aus der Hand. Chaim sah ihm zu, wie er ihn in kleine Stücke zerriß, sah die Schnipsel langsam dem Arm der Gravitation folgen. „Nun werden Sie nie ein Schiff bekommen, Red.“ Endlich zeigte sich Spott in seinem Blick, verzerrte seine Stimme. „Aber ich hoffe, Sie werden sich immer eines wünschen, damit Sie niemals aufhören können, sich dafür selbst zu hassen.“
Dartagnan, den schrecklicher Stolz erfüllte, lächelte; er lächelte mit einer Hingabe, die er nicht mehr in sich vermutet hätte. Er schüttelte den Kopf, und nun endlich konnte er dem Gewalttäter ins Auge sehen. „Glauben Sie mir, Boß, ich habe mir auch nicht halb so sehr ein
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