Bernsteinsommer (German Edition)
wärmen, den er dort erwartete, aber der Platz war bereits leer. Kira ist offensichtlich schon aufgestanden, ging es ihm träge durch den Kopf – und dann drang plötzlich die anhaltende Stille in sein Bewusstsein vor.
Mit einem Schlag war er hellwach, und schon nach wenigen Sekunden war er aufgesprungen, damit er sich von etwas überzeugen konnte, das er eigentlich schon wusste: Kira war fort!
11. KAPITEL
K ira konnte kaum glauben, dass sie es wirklich geschafft hatte, Finn auszutricksen. Die Idee mit dem Schlafmittel war ihr zuvor ganz spontan gekommen. Schon vor ein paar Tagen hatte sie das Fläschchen mit den Tropfen in Christinas Badezimmerschrank entdeckt. Als sie nun nach dem Duschen direkt in die Küche gegangen war, um Finn ein Glas Wasser zu holen, hatte sie das Schlafmittel unbemerkt mit in die Küche genommen und es in aller Eile über die Eiswürfel getropft. So hatte er keinen Verdacht schöpfen können.
Es ist so einfach gewesen, dachte sie und lächelte, so unglaublich einfach.
Finn hatte ja ohnehin einen sehr tiefen Schlaf, aber unter normalen Umständen wäre er natürlich trotzdem aufgewacht, wenn sie versucht hätte, sich aus dem Haus zu schleichen. Seine Sensoren waren üblicherweise viel zu empfindlich, wie sie inzwischen wusste. Aber die Hoffnung, die Kira in das leichte Schlafmittel ihrer Freundin gesetzt hatte, war tatsächlich erfüllt worden.
Außerdem hatte es sich als äußerst praktisch erwiesen, dass Finn sich nach dem Besuch von Lena Grendler im Bad des Gästezimmers umgezogen hatte, denn im Gästezimmer hatte er dann auch seine Sachen abgelegt. Also hatte sie zunächst gewartet, bis Finn tief und fest eingeschlafen war, um nach einer Weile ganz vorsichtig aufzustehen. Sie hatte in der Dunkelheit ein paar ihrer eigenen Sachen zum Anziehen zusammengeklaubt und die Schlafzimmertür, so leise es eben möglich war, hinter sich zugezogen, wobei sie kaum zu atmen wagte.
Einen winzigen Moment nur hatte sie sogar überlegt, Finn im Schlafzimmer einzuschließen, so wie er es mit ihr getan hatte. Sie unterließ es dann aber doch, weil sie befürchtete, er könnte von dem Geräusch wach werden. Für einen wachen und möglicherweise sehr wütenden Finn wäre wohl auch die abgeschlossene Schlafzimmertür kein echtes Hindernis gewesen.
Im Wohnzimmer hatte sie sich in aller Eile angezogen und war ins Gästezimmer geschlichen. Seine Jeans hatte auf dem Bett gelegen. So war sie unbemerkt an den Haustürschlüssel und die Schlüssel für seinen Wagen gekommen. Nur ihr Handy hatte sie in der Eile nicht finden können, aber das störte sie nicht sonderlich. Nun saß sie also in Finn Andersens kleinem Geländewagen und fuhr bereits auf der Autobahn Richtung Norden. Wenn sie Glück hatte, würde sie gerade rechtzeitig an der Küste sein, um die erste Fähre nach Sameland zu erwischen. Dort war sie sicher, sagte sie sich, denn Finn hatte ihr ja selbst erzählt, dass Torben Brockmann die Insel verlassen hatte. Sie würde direkt zu Magda Quint gehen, denn in ihr eigenes Ferienhaus wollte sie nicht mehr zurück. Außerdem sehnte sie sich nach dem Rat und dem Beistand der älteren Frau.
Finn war außer sich vor Wut, und sie wurde auch durch die tiefe Sorge nicht abgemildert, die er gleichzeitig empfand.
Er konnte kaum fassen, wie naiv er gewesen war. Erst hatte sie ihm mit besonders heißem Sex den Kopf verdreht und danach ein Schlafmittel verabreicht. Die Sache mit dem Schlafmittel wusste er nicht nur, weil er sich auch jetzt noch ganz benommen fühlte, sondern auch, weil er inzwischen das kleine Fläschchen entdeckt hatte, das noch immer in der Küche auf der Arbeitsfläche stand. Kira hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, es verschwinden zu lassen. Wahrscheinlich hatte sie es sich sogar in den schönsten Farben ausgemalt, was er für ein Gesicht machen würde, wenn er begriff, wie leicht sie ihn ausmanövriert hatte.
Hinterhältiges Weib!
Sein Kopf dröhnte wie ein kaputter Lautsprecher. Er hatte Mühe, seine Gedanken in vernünftige Bahnen zu lenken. Deshalb verordnete er sich erst einmal eine ausgiebige Wechseldusche, bevor er seine weiteren Schritte überdachte. Erst als er schließlich vollkommen angezogen war und im Stehen einen Becher Kaffee getrunken hatte, griff er zum Telefon und informierte Edgar Lengrien.
„Teufel auch, Finn! Dieses Mädchen kostet mich noch Jahre meines Lebens.“
„Ich sollte meinen Job ein für alle Mal an den Nagel hängen, Eddie. Sie hat mich um den
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