Bernsteinsommer (German Edition)
nett, dich kennenzulernen“, sagte Olaf.
„Oh danke. Ich fand es auch nett.“
Nachdem sie in ihre Jacken geschlüpft waren, verabschiedeten sie sich von den anderen. Finn übersah geflissentlich, dass Olaf Brockmann Kira noch einmal tüchtig herzte und an seine Brust drückte. Andererseits tat Finn dasselbe mit Anna Brockmann.
„Tschau, mein Schöner. Lass dich bald mal wieder bei unssehen.“
„Ganz sicher. Bis bald, Goldlöckchen – und … fleißig weiterstudieren, hörst du!“ Finn drückte ihr einen schnellen Kuss auf die Wange, dann ergriff er Kiras Hand und zog sie hinter sich her.
Stumm überquerten sie die einsame, stille Straße und stiegen in Finns kleinen Geländewagen. Mit kurzen, knappen Anweisungen half er ihr, sich in dem ungewohnten Auto zurechtzufinden, dann lehnte er sich in seinem Sitz zurück und versuchte sich zu entspannen. Während der Fahrt wechselten sie kaum mehr als ein paar Worte, und Kira konzentrierte sich auf die schmale Fahrbahn. Der Nebel des frühen Abends war zum Glück verschwunden, und die Nacht war nun herrlich klar. Kurz bevor sie das Martinelli-Haus erreichten, sagte Finn: „Ich hole mir dann den Wagen morgen im Laufe des Vormittags bei dir ab, okay?“
„Ja, in Ordnung.“ Kira hustete trocken und hielt vor der Auffahrt des Hauses an. „Es war ein schöner Abend, nicht wahr?“
„Ja, es war schön“, antwortete er. „Bis morgen, Kira.“ Finn löste seinen Sicherheitsgurt und beugte sich zu ihr, um ihr einen schnellen Abschiedskuss auf die Wange zu hauchen. Kira kam ihm ein wenig entgegen. Seine rechte Hand hob sich, und er umfasste sanft ihren Hinterkopf, zog sie so noch ein Stück näher zu sich heran. Seine Lippen berührten die zarte Haut direkt unter ihrer rechten Schläfe; Kira schloss die Augen, um das wunderbare Gefühl seiner Nähe vollständig auszukosten. Finn ließ den Kuss ein wenig länger dauern, als es üblich war, und sog dabei gierig ihren Duft ein. Er grub seine Finger in ihr Haar und spürte ein leichtes Zittern, das durch ihren Körper schoss und sich sofort auf ihn übertrug. Dann endlich löste er sich von ihr, sah ihr tief in die Augen und betrachtete eingehend ihr Gesicht. Kiras Atem beschleunigte sich, und ihre herrlichen Lippen waren halb geöffnet. Finn hob noch einmal seine Hand und strich ihr über das Haar, während sein Blick ihr Gesicht abzutasten schien. Er blieb stumm, sah sie nur an.
„Finn.“ Ihre Zunge befeuchtete in Erwartung seines Kussesbereits ihre Lippen. Aber er küsste sie nicht. Es war, als hätte ihre zittrige Stimme ein gutes Stück der Spannung gelöst, die sich soeben zwischen ihnen aufgebaut hatte. Finn atmete laut und vernehmlich aus. „Nicht heute, Kira. Ich habe getrunken.“
„Du hast doch nur ein paar Biere getrunken“, erwiderte sie schwach vor Verlangen.
Er nickte. „Ich will einen klaren Kopf haben, wenn ich dich … Himmel, ja, du weißt doch längst schon, dass ich dich will, Kira! Ich habe noch niemals eine Frau so sehr gewollt wie dich. Ich will dich küssen, überall und stundenlang. Ich will dich lieben, nächtelang. Ich will … zum Teufel, ich rede Schwachsinn, aber was soll’s. Es ist falsch! Oh Gott, ja, es ist falsch, aber ich schaffe es einfach nicht, das wieder zu ändern. Ich kann an nichts anderes mehr denken, und das macht mich langsam aber sicher verrückt. Ich will dich nackt unter mir und auf mir, ich will, dass du vor Lust abhebst, wenn ich dich …“
Er brach entnervt ab und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht, dann öffnete er abrupt die Beifahrertür, denn er hatte viel zu viel gesagt. „Meine Güte, ich habe wirklich zu viel getrunken! Schlaf gut, Kira.“
Finn sprang aus dem Wagen und ging mit großen Schritten die Auffahrt hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen. Die Dunkelheit der Insel verschluckte ihn, noch bevor er die Haustür erreicht hatte. Kira stöhnte auf und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, ihr Herz klopfte so wild und wollte sich nicht beruhigen. Niemals zuvor hatte ein Mann so ungeniert mit ihr gesprochen. Seine unverblümten Worte hallten in ihr nach und schürten auch jetzt noch ihr heißes Verlangen. Sie war heftig erregt und wäre Finn am liebsten nachgelaufen, aber sie wusste auch, dass sie damit in diesem Augenblick überhaupt nichts erreichen würde. Es hatte sich etwas zwischen ihnen verändert, vorhin im Gasthof, das hatte sie deutlich gespürt. Ein winziger Moment, ein einziger
Weitere Kostenlose Bücher