Bernsteinsommer (German Edition)
Schriftsteller, Kira! Er wird hier vorwiegend lesen und schreiben. Das hat er schon immer getan, egal, wo er gerade war. Ich denke nicht, dass er großen Wert auf meine andauernde Gesellschaft legen wird. Er braucht vor allem Ruhe und nur ab und an ein gutes Gespräch mit seinem großen Bruder, mehr nicht.“
Kira erwiderte seinen Blick und musste ebenfalls lächeln, auch weil er sie so mühelos durchschaut hatte. „Tut mir leid, Finn“, sagte sie leise. „Wenn du Zeit mit deinem Bruder verbringen möchtest, kann ich das natürlich verstehen. Es war nur … ein kurzer … hm, Anfall von Egoismus.“
Noch immer lächelte er. „Stell dir vor, er hat sein Buch an einen Verlag verkauft. Hier will er sozusagen die Ruhe vor dem Sturm genießen.“
„Das ist toll. Du bist sicher sehr stolz auf ihn.“
„Ja. Er hat … warte mal … so ungefähr drei Jahre an dem Schinken gearbeitet. Irgendwas Historisches.“
„Du hast es noch nicht gelesen?“
Finn schüttelte den Kopf. „Bis jetzt nur einige Auszüge.Aber der Kleine ist wirklich gut.“
„Das glaub ich gern.“ Kira erhob sich, um den Tisch abzuräumen. Sofort stand auch Finn auf, um ihr dabei zur Hand zu gehen. „Willst du noch ein Bier?“, fragte sie, als das Geschirr einige Minuten später in der kleinen Spülmaschine verstaut war.
„Gleich.“ Finn drehte sich zu ihr herum und zog sie an sich. „Nachher. Hinterher“, raunte er.
Sie lächelte zu ihm auf, und in ihren Augen erkannte er bereits das gleiche heftige Verlangen, das er auch selbst verspürte. „Wir stehen schon wieder in der Küche, Finn. Das sollten wir lassen, ich weiß nicht genau, wie viel diese alten Schränke noch aushalten.“
Er lachte kollernd, beugte sich zu ihr herab und drückte kurz seine Lippen auf ihre Schläfe, bevor er nach ihrer Hand griff. „Gut, dann komm mit mir.“
Noch immer lächelnd folgte sie ihm die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer.
Am nächsten Morgen frühstückten sie spät. Als sie schließlich das Geschirr wegräumten, war es schon fast Mittag.
„Kommst du mit zum Anleger?“, fragte er. „Ich muss jetzt langsam los.“
„Hmm.“ Kira schaute ihm zweifelnd ins Gesicht. „Bist du sicher, dass du mich dabeihaben willst, wenn dein Bruder ankommt?“
Sein Blick blieb fest. „Ich würde dich nicht fragen, wenn ich es nicht wollte. Wir könnten im Gasthof eine Kleinigkeit zusammen essen, was meinst du?“
Sie lachte und legte ihm ihre Arme um den Nacken. „Wir haben gerade gefrühstückt, Finn!“
Seine Mundwinkel zogen sich ebenfalls nach oben. „Nun, ein Mann braucht eben Kraft, wenn er seine Pflichten zufriedenstellend erfüllen soll.“
Lukas Andersen war für Kira eine echte Überraschung.
Die beiden Männer sahen sich zwar sehr ähnlich, und dochwar Lukas ein vollkommen anderer Typ als Finn. Ohne großartig darüber nachzudenken, hatte Kira einen nachlässig gekleideten, etwas verzottelten Bücherwurm erwartet – einen Kerl mit Nickelbrille, in braunen, ausgebeulten Cordhosen und Strickpullunder. Doch Lukas Andersen war alles andere als nachlässig gekleidet, im Gegenteil! Die dunkelblaue perfekt sitzende Baumwollhose und das dazu passende Polohemd trugen das Emblem einer Modefirma, die Kira sehr gut kannte. Der Pullover, der lässig über seinen Schultern lag, war aus hellblauer Kaschmirwolle, und seine Füße steckten in handschuhweichen Slippern. Kira erkannte Qualität, wenn sie sie sah, und dieser Mann war ganz und gar kein verzottelter Bücherwurm. Lukas Andersen sah außergewöhnlich gut aus und hätte durchaus jedem männlichen Model Konkurrenz machen können, mit dem sie während ihrer Zeit als Modezeichnerin mal gearbeitet hatte. Seine gleichmäßigen Gesichtszüge wirkten wie gemeißelt, und natürlich hatte Lukas keine einzige Narbe, aber leider auch kein Grübchen im Gesicht. Erst als er sie begrüßte, wurde noch ein weiterer Unterschied zu Finn deutlich: Finns jüngerer Bruder litt offensichtlich unter einer gewissen Schüchternheit, und ihr wurde schlagartig klar, warum dieser überaus gut aussehende Mann noch nicht wieder in festen Händen war.
„Kira, es freut mich sehr, dich kennenzulernen.“ Sein Lächeln hätte ebenso umwerfend jungenhaft sein können wie das seines großen Bruders, wenn seine erkennbare Unsicherheit das nicht verhindert hätte. Aber ihr gefiel, dass er sie sofort duzte.
„Hallo Lukas! Mich freut es auch.“ Kira erwiderte sein Lächeln.
Die Brüder nahmen sich herzlich in den Arm – auch
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