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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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entschärft. Vollmer konnte sich damit nicht durchsetzen. Die Idee eines Stifterfrühlings blieb, aber das Verbot der Doppelstiftung verschwand. Es ging nur mehr um eine Steuerreform, um Klientelpolitik. Der zivilrechtliche Teil, in dem Offenlegung und Transparenz geregelt werden, sollte anschließend folgen. Doch die Forderung nach Transparenz wurde erst verschoben, dann vergessen. Die Öffentlichkeit wartet bis heute darauf. Dabei war sie eigentlich eine Bedingung für die Steuererleichterungen.
    War die Reform von Beginn an aussichtslos? Natürlich hätte Bundeskanzler Schröder ein Machtwort sprechen können. Er tat es aber nicht. Und irgendwie ist das auch verständlich. Warum sollte er seine Berater verärgern? Längst war die Bertelsmann Stiftung in Berlin eine wichtige Institution geworden. Mecking geht heute davon aus, dass Vertreter der Stiftung oder des Unternehmens direkt mit Schröder über den Unsinn eines Verbots von Unternehmensstiftungen gesprochen haben. Genau weiß er es nicht, aber vieles sei außerhalb des Protokolls gelaufen. Jedenfalls habe die Politik in Berlin der Stiftung hoch angerechnet, dass sie sich für Bürgerstiftungen einsetzte. Dadurch sorge sie für mehr Demokratie im Stiftungswesen, wurde argumentiert. Ein geschickter Schachzug. Dass die Bertelsmann Stiftung sich im Gegenzug nicht selbst demokratisieren musste, war die unausgesprochene Gegenleistung. Politik und Gesellschaft verzichteten auf mehr Mitsprache in der Bertelsmann Stiftung.
    Die Stiftungsreform ist ein schönes Beispiel, wie alle immer fordern und reden und insgeheim hoffen, dass sich nichts ändert. Die Stiftung hatte zu diesem Zeitpunkt bereits beste Kontakte ins Bundespräsidial- und Kanzleramt sowie Zugriff auf das gesamte Kabinett und konnte bei ihren Projekten auf die Unterstützung fast aller Minister hoffen. Bundespräsident Roman Herzog hatte die Reformarbeit der Bertelsmann Stiftung ein ums andere Mal als gemeinnützig geadelt. Er verlieh Reinhard und Liz Mohn das Bundesverdienstkreuz, hielt in Gütersloh die Rede zur Vergabe des Carl Bertelsmann-Preises. Der Kanzler saß im Publikum und holte die Stiftung in sein Bündnis für Arbeit. Das Bündnis scheiterte, aber für die Bertelsmann Stiftung war diese Arbeit von unschätzbarem Wert, denn sie verschaffte der Stiftung Zugang zur rot-grünen Regierung.
    Mit Familienministerin Renate Schmidt ließ Liz Mohn ein Buch schreiben. Ihre Tochter Brigitte vergab zusammen mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt einen Präventionspreis für Gesundheit; die Ministerin beschäftigte außerdem eine von der Stiftung bezahlte Mitarbeiterin der Stiftung als Beraterin. Innenminister Otto Schily war Hauptredner bei einer Initiative für die Reform der kommunalen Verwaltung. Bundesarbeitsminister Walter Riester bat die Stiftung um Rat bei der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
    Kanzler Gerhard Schröder bediente sich der Hilfe der Stiftung bei der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe und später bei einer Initiative zum Bürokratieabbau. Superminister Wolfgang Clement war bereits als Journalist Mitarbeiter der Bertelsmann AG gewesen; als Staatskanzleichef und Medienminister von Nordrhein-Westfalen hatte er die Fernsehpläne der AG unterstützt und als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen kooperierte er eng mit der Stiftung; das blieb auch so während seiner Zeit als Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Außenminister Joschka Fischer griff dankbar auf die Hilfe und Unterstützung der Stiftung bei Konferenzen zurück und überließ der Stiftung das Backoffice des Auswärtigen Amtes.
    Man könnte die Liste beliebig mit Projekten und Kooperationen mit Ministerpräsidenten und Landesministern fortführen. Entscheidend ist: Als Gerhard Schröder 1998 ins Kanzleramt zog, avancierte die Stiftung zu einem heimlichen Berater des Kabinetts. Sie erarbeitete sich Zugang zu vielen Ministerien und das auf allen Ebenen – der Ministerebene, aber auch der Referenten- und Arbeitsebene – und sie schaffte es, während der rot-grünen Koalition von Schröder und Fischer einen guten Draht zur damaligen Oppositionsführerin Angela Merkel herzustellen. Die Nähe war zu groß, als dass die SPD das Stiftungswesen reformieren und dabei ihre Berater verärgern mochte. Niemand zwang sie dazu. Und warum nicht das Positive sehen? Die Parteien einigten sich darauf, die Idee der Bürgerstiftung hervorzuheben und zu fördern. Bürgerschaftliches Engagement war ein Lieblingsthema von

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