Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
eines Bezuges auf die Zwecke und auf die inhaltliche Arbeit der Stiftung.«
Then verwies auf die Standardformulare der Finanzbehörden in den USA, die sogenannten 990er Formulare. Dieser Vorschlag würde tatsächlich deutlich mehr Transparenz in alle Stiftungen bringen, weil allgemeine Bilanzen durch konkrete Geldflüsse deutlich würden. Die Bertelsmann Stiftung müsste dann offenlegen, wie viel sie ihren fünf bestbezahlten Mitarbeitern zahlt. Der eine oder andere Politiker an der Spitze der Stiftung käme womöglich in Bedrängnis. Diese Forderung Thens geht auf eines der Kolloquien der Stiftung zurück und stammte unter anderem von Michael Adams, Professor am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Hamburg, der im September 1999 bei einem dieser Seminare in Gütersloh fehlende »Transparenz und Kontrolle« im gemeinnützigen Sektor beklagt hatte.
Käme man seiner Forderung nach, wäre dies das Ende der Bertelsmann Stiftung in ihrer bisherigen Form. Eine wirkliche Diskussion habe es bei dem damaligen Kolloquium dazu nicht gegeben, erinnert sich Adams. Doch immerhin griff Then nun eine seiner Forderungen auf. Schon möglich, dass er insgeheim wusste, dass der Bundesverband Deutscher Stiftungen das nie zulassen werde. So gesehen war es ein ungefährliches Manöver.
Für das weitere gesetzgeberische Vorgehen empfahl Then, eine Kommission beim Bundespräsidenten einzurichten, die dem Parlament Empfehlungen zur Weiterentwicklung als auch bei der Formulierung schwieriger Einzelfälle liefern könnte. Das ist die Bertelsmann-Methode. Die Kommission beim Bundespräsidenten würde natürlich jemand benötigen, der sie finanziert. Und das wäre üblicherweise die Bertelsmann Stiftung, die damit federführend an den gesetzlichen Grundlagen für die Reform des Stiftungswesens mitschreiben würde. Der Vorschlag hatte diesmal aber keinen Erfolg. Die Vorsitzende war »ganz entschieden der Auffassung, dass wir das lieber selber machen als oberstes Verfassungsorgan«. Eine Abfuhr.
Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss kam auf Missbrauchsfälle zu sprechen. Das Finanzministerium spreche von einer sehr komplexen Materie, von der das Parlament die Finger lassen sollte. »Wie sieht es aus mit diesen Missbrauchstatbeständen?« Und wie könne man verhindern, dass eine Reform Missbrauch ermögliche? Als Tauss sich ausdrücklich »bei Maecenata und Bertelsmann ganz herzlich bedankt« für die »sehr, sehr hilfreiche Veranstaltungsreihe«, wird ein Teil des Problems deutlich. Die Veranstaltungsreihe, sagte Tauss, beweise, »wie aus dem Stiftungswesen selbst Beiträge kommen können, um das Thema zu transportieren«. Transportieren ja, aber aufklären? Tauss hatte offenbar noch gar nicht verstanden, dass die Bertelsmann Stiftung beides ist: Sie praktiziert das Missbrauchsmodell und enthält der gemeinnützigen Stiftung Gewinne vor, zugleich aber stellt sie sich geschickt und subtil auf die Seite der Reformer und versucht, die Debatte mitzubestimmen.
Annette Zimmer, die als Politikprofessorin an der Universität Münster über Gemeinnützigkeit forscht, hat zwar eine Stellungnahme gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung erarbeitet. Aber die Anhörung scheint ihr an einem zentralen Punkt vorbeizulaufen: der Verquickung von Unternehmen und Stiftungen. Die Abgeordneten schienen nicht zu verstehen, von welchen Stiftungen die Rede ist und dass es keinesfalls nur um kriminellen Missbrauch der Hertie-Stiftung, sondern um grundsätzlichen, legalen Missbrauch beim Modell der unternehmensnahen Stiftung geht – also auch um die Bertelsmann Stiftung.
Irgendwann wollte die Expertin dazu nicht mehr schweigen und nannte Namen: »Wir sind eines der wenigen Länder, wo es möglich ist, dass Unternehmen und Stiftungen in der Weise verkoppelt sind, wie es zum Beispiel bei der Bosch Stiftung oder bei der Bertelsmann Stiftung der Fall ist. In den USA ist das verboten, und ich glaube, es gibt auch gute Gründe, dass man diese beiden Bereiche trennt. … Ich finde, Stiftungen sind eine Sache und Gemeinwohl und Firma sind etwas anderes.« Zimmer bewies Unabhängigkeit und schlug sich auf die Seite der echten Reformer.
Graf Strachwitz sagte, der Missbrauch sei gering, aber man könne sich trotzdem über die Frage unterhalten, ob es sinnvoll sei, dass die Stiftungen Alleineigentümer eines Unternehmens sein können. Ist der erlaubte Missbrauch also vielleicht doch nicht so klein? Strachwitz war offen und doch auch vorsichtig, schließlich war er zu diesem
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