Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
aufweise. Das sei eine Situation, die es zu verändern gelte. Gleichzeitig gelte Deutschland als das Land mit dem höchsten Anteil an Finanzierungen über öffentliche Mittel. »Unser gemeinnütziger Sektor ist in hohem Maße staatslastig und kann natürlich dann insofern nicht diese Funktionen übernehmen, die ein gemeinnütziger Sektor oder ein Non-Profit-Sektor normalerweise in einem pluralistischen, demokratischen Staatswesen übernimmt, dass er auch mal hin und wieder Sand ins Getriebe streut und eine Gegenposition entwickelt.«
Rupert Graf Strachwitz sagte, dass der Staat sich zurückziehen und Dinge ermöglichen müsse. »Deregulierung ist ein Schlüsselwort, um das sich die Reform rankt. Das andere Schlüsselwort als wichtiger Komplementär dazu ist Transparenz. Wir sind aus grundsätzlichen Erwägungen ganz entschieden dafür, dass die Stiftungen zu mehr Transparenz verpflichtet werden, über ihre Tätigkeit und ihr Finanzgebaren öffentlich Auskunft zu geben.« Transparenz forderte auch Olaf Zimmermann als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Dachverbandes deutscher kultureller Interessensverbände. »Es kann nicht nur sein, dass die Forderung an die Politik geht ›nun macht mal was für die Stiftungen‹, sondern auch die Stiftungen selbst müssen transparenter werden.«
Dann sprach Peter Rawert und erwähnte zwei Denkschulen. Die Vertreter der einen Denkschule – die er ablehnt – hielten es für legitim, eine Stiftung dazu zu verwenden, um mit Hilfe des Doppelstiftungsmodells unternehmens-, erbschaftsteuerliche und erbrechtliche Ziele zu verfolgen, die primär privatnützig motiviert seien. Rawert kam noch einmal auf den Gesetzesentwurf von 1997 zu sprechen, der das Modell der Bertelsmann Stiftung für eine Fehlentwicklung hält – freilich ohne das so deutlich zu sagen. Dem Entwurf liegt die andere Denkschule zugrunde. Sie »betrachtet die Stiftung als ein vornehmlich auf Gemeinwohlpflege angelegtes Rechtsinstitut«, wie Rawert den Abgeordneten erklärte. Stiftungen genössen nur deshalb das Privileg der Unsterblichkeit, weil mit ihnen das Gemeinwohl und nicht das Wohl des Einzelnen gefördert werden solle.
Peter Rawert machte in der Debatte deutlich, dass die Vorschläge der Regierungskoalition, die nur noch steuerrechtlicher Natur waren, lediglich unter dem Gesichtspunkt akzeptabel wären, dass man gemeinnützigen Stiftungen schnell bei ihrer Arbeit helfen wolle. Das sei sicherlich ein Wert an sich. »Wenn sie aber auf die Dauer ohne vernünftigen zivilrechtlichen Flankenschutz bleiben, dann können sie in Zukunft dazu führen, dass Stiftungen – sicherlich entgegen der eigentlichen Intention der Koalition – künftig geradezu in verstärktem Maße als Modell privater Vermögensverwaltung eingesetzt werden. Das hielte ich für eine fatale Folge.«
Der Leiter des Bereichs Stiftungswesens der Bertelsmann Stiftung, Volker Then, beklagte nochmals, dass die Bundesrepublik in der Finanzierung des Dritten Sektors eine Schieflage aufweise. Die gemeinnützigen Aktivitäten seien in einem sehr hohen Maße durch öffentliche Zuwendungen und in einem außerordentlich geringen Maße durch private Philanthropie, durch Spenden und Stiftungen finanziert. Es birgt eine unfreiwillige Komik, wenn der Vertreter einer Stiftung, die ihr Selbstverständnis darauf stützt, dass sie der Allgemeinheit nur einen Teil dessen gibt, was ihr eigentlich zusteht, die geringe Spendenbereitschaft beklagt.
Then aber sprach auch über Wettbewerb und Globalisierung und warnte, dass viele Unternehmer sich aussuchen könnten, in welchem Land sie ihre Stiftung gründeten. Mit anderen Worten: Man müsse den Unternehmern noch mehr entgegenkommen. Er sprach damit offen aus, was die Bertelsmann Stiftung dachte – ihr eigentliches Ziel. Sie wollte von der Debatte über den Missbrauch der Gemeinnützigkeit durch unternehmensverbundene Stiftungen ablenken.
Vielleicht war Then durch seine Arbeit ein bisschen über die mangelnde Transparenz im eigenen Haus ins Zweifeln gekommen. Oder er glaubte, dass die Bertelsmann Stiftung vorbildlich in Sachen Transparenz agiere. Beides ist möglich. Jedenfalls machte er einen Vorschlag, dessen Tragweite ihm vielleicht gar nicht bewusst war. Er riet zu »einer Veröffentlichungspflicht, und zwar verbunden notwendigerweise mit Bewertungsrichtlinien für Vermögen und Vermögensgegenstände, um deutlich zu machen, was Stiftungen aus welchen Vermögenserträgen leisten, und einschließlich
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