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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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Übereinstimmungen: Zum einen sprach Mohn von Betriebsvergleichen und Müller-Böling von Rankings, zum anderen Mohn vom Delegieren und Müller-Böling von Autonomie. An der Universität hatte Müller-Böling erfahren, dass niemand entscheiden konnte oder wollte. Nun hatte er das für ihn »wunderbare Erlebnis«, dass hier einer sofort entscheidet, nach Ergebnissen fragt und das Geld dafür zur Verfügung stellt. Das CHE war für Müller-Böling bereits ein Erfolgserlebnis, noch bevor es das Institut gab. Er glaubte an seine Aufgabe.
    Seine Zeit als Rektor der Universität Dortmund von 1990 bis 1994 hatte Müller-Böling als eine »Phase des Stillstands« erlebt – so wie die gesamten achtziger Jahre. Um einen Studiengang zu reformieren, brauche man zehn Jahre und danach sei man verschlissen, sagt er. Gremien und Rahmenprüfungsordnungen machten ihm zu schaffen. Das CHE bedeutete für ihn ganz persönlich eine Befreiung – eine Entfesselung. Das Konzept der entfesselten Hochschule, das er als sein Programm mit nach Gütersloh brachte, war für ihn viel mehr als nur ein Hochschulprogramm. Dahinter stand seine Lebensphilosophie, die sich mit der Philosophie Mohns kreuzte: Unabhängigkeit. Nur übersahen beide, dass ihre Unabhängigkeit andere in Abhängigkeit führte. Aber das störte Müller-Böling genauso wenig wie Reinhard Mohn.
    Am 1. Mai 1994 nahm Müller-Böling seine Arbeit auf. Zunächst war das CHE im Gebäude der Stiftung untergebracht. Vom ersten Tag an ging es um die Frage, wie ein Leistungsvergleich aussehen kann. Das Ranking war auch ein Wunsch von Erichsen, dem Präsidenten der HRK. Neun Monate später stellte sich das CHE der Öffentlichkeit vor. Als Reinhard Mohn im Januar 1995 in der Stadthalle in Gütersloh 300 Gäste zur ersten großen Konferenz des CHE begrüßte, sprach er von einem »Prozess, der in unserem Lande – Gott sei Dank – jetzt immer mehr gefragt wird und in Gang kommt«. Es ist allerdings ein Prozess, den er selbst maßgeblich in Gang gesetzt hat und dessen Ergebnis er schon Jahre davor definiert und festgelegt hatte.
    Hans-Uwe Erichsen, der Präsident der HRK, forderte auf der Konferenz mehr Wettbewerb unter den Hochschulen. Dazu sei ein »Raster von Indikatoren« notwendig, damit man Hochschulen vergleichen könne. Er nannte »diese Aktivitäten« nicht Ranking, sondern Datenkranz. Da die HRK »von ihrer Personal- und Sachausstattung nicht in der Lage [sei], das Profilbildungsprojekt für die Breite der Hochschulen und Fächer flächendeckend fortzusetzen«, habe man gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung das CHE gegründet. Erichsen betonte noch einmal den Charakter des CHE als »zugleich staats- und hochschulferne Einrichtung«. Das alles böte gute Voraussetzungen. Es klang, als würde er sich dafür entschuldigen.
    Detlef Müller-Böling erläuterte sein Programm, das sich an Mohns Soll-Modell orientierte. Es ist das Modell einer »wettbewerblichen Hochschule und einer Hochschule im Wettbewerb«, wie er sagte. Neu sei aber, dass Wettbewerb nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre stattfinden solle, und neu sei der Wettbewerb um Studienanfänger. Müller-Böling äußerte sich auch zur Finanzierung. Klar sei, dass die deutsche Hochschule wie bisher eine staatliche, »zumindest eine (überwiegend) staatlich finanzierte Hochschule« sein werde. Aber die Finanzierung müsse auf eine »neue Basis« gestellt werden. Es gehe dabei weniger um die Erschließung neuer Finanzquellen als um eine wettbewerbliche Steuerung der Hochschulen über ihre Finanzierungsmodelle.
    Ganz im Sinne Mohns sagte Müller-Böling, die Finanzierung müsse sich aus staatlichen Zuweisungen, Drittmitteln und Gebühren für (nicht von!) Studenten zusammensetzen. Müller-Böling nahm somit den Vorschlag eines Gutscheinsystems von Professor Simon aus dem Jahr 1990 auf.
    Des Weiteren folgten auf der Konferenz Workshops und Beispiele aus der Schweiz, aus Schweden, Großbritannien, den Niederlanden, aus Belgien, Frankreich, Polen und aus den USA. Fast immer ging es um die Frage, wie Lehre und Leistungen bewertet und gemessen werden können. Es herrschte die Sprache der Wirtschaft: Die Rede ist von »Transparenz, Evaluation, Qualitätssicherung« in der Lehre und von »Erfolgskontrolle« in der Forschung. Müller-Böling schloss die Gründungsveranstaltung mit dem Versprechen, das CHE werde konkrete Vorschläge machen und sie »mit den Ministerien, gegebenenfalls in Modellversuchen,

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