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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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1977) existieren nun also die kleine Bertelsmann Wissenschaftsstiftung (für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur seit 1995), die Deutsche Schlaganfall-Hilfe (für Gesundheitswesen, Krankenhäuser, Wissenschaft und Forschung seit 1993), die Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung (für Bildung, Erziehung, Ausbildung, Musik, Völkerverständigung seit 2005) sowie die Reinhard-Mohn-Stiftung. Die große Bertelsmann Stiftung und die von Liz Mohn gegründete Schlaganfallstiftung sind bekannt. Sie beschäftigen eigene Pressesprecher und sie suchen den Kontakt zur Öffentlichkeit. Über sie wird oft berichtet. Vor allem die Schlaganfall-Hilfe ist darauf angewiesen, weil sie sich im Gegensatz zur Bertelsmann Stiftung aus Spendengeldern finanziert. Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Stiftung beschäftigt 25 Mitarbeiter inklusive dem Verlag der Bertelsmann Stiftung.
    Die BVG-Stiftung ist nicht nur die kleinste, jüngste und unbekannteste, sondern sie könnte eines Tages die wichtigste und mächtigste der Stiftungen der Familen Mohn werden. Nach dem Tod von Reinhard Mohn am 3. Oktober 2009 berichtete die Lokalzeitung Die Glocke , das Stiftungskapital der BVG-Stiftung betrage 100 000 Euro. Als sich Die Glocke nach dem Sinn und Zweck erkundigte, antwortete Bertelsmann, die Stiftung sei in der Findungsphase und habe noch keine Mitarbeiter. (Tatsächlich hat eine gemeinnützige Stiftung nach der Gründung drei Jahre Zeit, mit konkreten Projekten zu beginnen.) So verfolgt sie bislang (noch) kein einziges konkretes Projekt und hat auch keine konkreten Pläne dazu, fördert also weder mildtätige Zwecke noch Waisenkinder, Musik oder Wissenschaft. Aber einen Zweck erfüllt sie schon: Es geht der BVG-Stiftung trotz ihres Status nicht um Gemeinnützigkeit. Die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mbH (BVG) ist das Machtzentrum von Bertelsmann. In ihr sind 100 Prozent der Stimmen gebündelt; sie trifft alle wichtigen Entscheidungen, bestimmt, wer Vorsitzender des Vorstands oder des Aufsichtsrates wird. Sie entscheidet auch über die Ausschüttung der Gewinne der Bertelsmann AG an die Bertelsmann Stiftung und an die Familienmitglieder Mohn.
    Um diesen Zusammenhang zu verstehen, ist ein Blick auf die BVG nötig. Die BVG mbH existiert in unterschiedlichen Variationen bereits seit den achtziger Jahren. Zu Beginn hieß sie Bertelsmann Vermögensverwaltungsgesellschaft – ein Name, der ihren Zweck treffend beschreibt. Reinhard Mohn hat sie dann immer wieder modifiziert und den Gesellschaftervertrag laufend verändert, manchmal vollständig überarbeitet und praktisch ausgetauscht. Der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern von Bertelsmann vermittelte er durch den Hinweis auf die BVG das Gefühl, ein Gremium aus kompetenten Managern und Mitgliedern der Familie leite Bertelsmann auf partnerschaftliche Art und Weise. Sich selbst sicherte er allerdings ein Veto für sämtliche Entscheidungen. Aber sonst zähle vor allem Sachverstand und nicht Herkunft. Mitglieder waren seit 1999 kraft ihrer Ämter der Vorstandsvorsitzende und der Aufsichtsratsvorsitzende der AG, die Familie Mohn entsandte einen Vertreter, ebenso die Stiftung, die Mitarbeiter und die Tochterfirmen der AG. Zunächst hatte sie acht, seit 2007 nur mehr sechs Gesellschafter. Das Management und die Mitarbeiter mussten Plätze räumen. Liz Mohn ist Mitglied des Aufsichtsrats und die Familie wird von Brigitte Mohn vertreten. Wer aber vertritt die Tochterfirmen? Zufälligerweise schickten die Tochterfirmen Christoph Mohn in die BVG. Das entschieden freilich weder Stiftung noch Tochterfirmen, sondern das regelte die Familie Mohn. Neben den drei Mohns sind heute Werner Bauer, Dieter Vogel und Jürgen Strube Gesellschafter der BVG.
    Als Reinhard Mohn im Oktober 2009 starb, war es für die Öffentlichkeit eine große Neuigkeit, dass Liz Mohn von ihrem Mann sogar das Veto übertragen bekommen hat. Früher hatte es stets geheißen, das Veto sterbe mit Reinhard Mohn. In Wahrheit hatte Liz Mohn zu diesem Zeitpunkt jedoch längst Vorkehrungen getroffen, um der Familie dauerhaft die Macht in der BVG zu sichern, und zwar mit Hilfe der BVG-Stiftung. Ihr übertrug Liz Mohn als Geschäftsführerin der BVG am 28. April 2008 sechs Gesellschafteranteile in Höhe von jeweils 7 600 Euro. Das Gesamtkapital der BVG beträgt 60000 Euro. Den restlichen sechs Gesellschaftern verbleiben damit jeweils 2 400 Euro. Das bedeutet: Liz Mohn kontrolliert nun über ihren persönlichen Anteil

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