Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
und die Anteile der BVG-Stiftung als alleiniger Vorstand insgesamt 48 000 der 60 000 Euro der BVG – nahezu 80 Prozent. Die Anteile der BVG-Stiftung ergeben alleine (also ohne persönliche Anteile von Liz Mohn) bereits 76 Prozent. Über Vorstand, Gewinnausschüttung und ähnliches entscheidet die BVG mit einfacher Mehrheit. Die BVG-Stiftung sitzt allerdings noch nicht im Lenkungsausschuss, der die Entscheidungen trifft. Der Aufnahme in dieses Gremium müssten die anderen Mitglieder der BVG zustimmen. Liz Mohn selbst ist auf die BVG-Stiftung nicht angewiesen. Sie verfügt ja über ein Veto in der BVG, das sie ihren Kindern übertragen kann, wie ein internes Memo von einem juristischem Berater betont. Die Frage ist, ob die Familie danach die Macht abgeben muss. Hier kommt die BVG-Stiftung ins Spiel. Liz Mohn oder ihre Kinder müssen nur irgendwann durchsetzen, die BVG-Stiftung in den Lenkungsausschuss aufzunehmen. Dann wäre ihre Macht dauerhaft gesichert. Die BVG-Stiftung wäre dann das heimliche Machtzentrum, aus dem heraus die Familie Mohn die BVG und somit die Bertelsmann AG und die Bertelsmann Stiftung steuern könnte.
Die BVG ist ein Konstrukt, das der Öffentlichkeit gemeinschaftliche Führung und partnerschaftliche Beschlussfassung vortäuschen soll. In Wirklichkeit entscheidet eine einzige Person. Die anderen fünf Mitglieder der BVG sind lediglich ihre Berater, die letztendlich aber nichts zu sagen haben.
Reinhard Mohn hatte die Kontrolle seit vielen Jahren mit einer ähnlichen Konstruktion abgesichert, indem er über ein winziges Aktienpaket in der Johannes Mohn GmbH von nominell 500 Euro die gesamten Stimmrechte des Unternehmens hielt. Die GmbH wurde nach dem ältesten Sohn von Reinhard benannt, der aus der Ehe mit seiner ersten Frau Magdalene stammt (mit ihr hat Reinhard Mohn noch zwei Töchter). Dass die Kontrolle des Unternehmens über eine GmbH lief, die nach Johannes benannt war, ist purer Hohn, denn jahrelang hatte Reinhard seinem Sohn erzählt, er könnte das Unternehmen einmal erben und führen – bis seine zweite Frau Liz offenbar andere Pläne hatte.
Als Reinhard Mohn Ende Juni 1999, zwei Tage nach seinem 78. Geburtstag, seine Anteile der BVG überschrieb, dachte die Öffentlichkeit, Mohn hätte damit die 165-jährige Familientradition von Bertelsmann beendet. Mohn verkündete auf einer Pressekonferenz folgende Details: In der Verwaltungsgesellschaft sitze neben dem Aufsichtsrats- und dem Vorstandsvorsitzenden, einem Vertreter der Stiftung und einem der Mitarbeiter sowie der Beteiligungsfirmen der AG nur ein Familienmitglied. Die Berliner Zeitung kommentierte, dass Mohn, nachdem er bereits sein Vermögen in einer Selbstenteignungsaktion mehrheitlich der Bertelsmann Stiftung übertragen habe, er nun auch die Verfügungsgewalt über das Kapital und das Unternehmen abgegeben habe. Obwohl drei Kinder von Mohn bei Bertelsmann arbeiteten, habe die Familie in dem traditionsreichen Familienbetrieb nun so gut wie nichts mehr zu sagen. Reinhard Mohn sagte damals, er habe lange mit seinen Kindern über diese Lösung gesprochen. Vor allem der Umstand, dass der Familienvertreter gewählt würde, sei kontrovers diskutiert worden. Am Ende habe es jedoch eine »komplette Einigung« gegeben.
Ein Unternehmen sei nicht dazu da, Gewinn zu machen, sagte Mohn: »Kapital ist für uns ein Werkzeug. Der Leistungsbeitrag für die Gemeinschaft ist das übergeordnete Ziel.« Freilich seien Änderungen nicht völlig ausgeschlossen. Nicht völlig ausgeschlossen? Das ist weit untertrieben für all jene Änderungen, die die Mohns in den folgenden Jahren vornahmen. In den Folgejahren zeigte sich, dass der Eindruck von damals, Mohn habe das Vermögen der Stiftung geschenkt, völlig falsch war. Mohn hatte die Kontrolle über sein Unternehmen nie abgegeben. Im Gegenteil: Der Einfluss der Familie auf die AG und die Stiftung ist stärker denn je. Liz Mohn kann alles bestimmen. Familienvertreter müssen nicht darum bangen, gewählt zu werden.
Machterhalt per Satzungsänderung
Eine Stiftung gehört sich selbst, sie existiert bis in alle Ewigkeit und niemand kann sie beherrschen. Das ist die Legende vom Stiften. Die Wahrheit sieht anders aus: Wie kann es sein, dass die Bertelsmann Stiftung vom Gewinn nicht erhält, was ihr zusteht? Das hat mit einer ausgefeilten Verteilung von Macht, Ansprüchen und Rechten zu tun, bei der die Stiftung am Ende nicht erhält, was ihr zusteht, und auf den guten Willen von Liz Mohn angewiesen
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