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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Ausnahme Rumäniens boykottieren die Staaten des Warschauer Paktes die Olympischen Spiele in Los Angeles. Dennoch verdankt Berthold Beitz ausgerechnet diesen so unglücklichen Spielen eine der wohl wichtigsten Auszeichnungen seines Lebens. Und das unbemerkt von vielen Teilnehmern, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt: »Im Papierwust, den die 23. Sommerspiele ausspuckten, ging die kleine Meldung völlig unter.« Berthold Beitz wird vom Simon-Wiesenthal-Center von Los Angeles in die »Ehrenrolle des jüdischen Völkes« aufgenommen.
    Unter den Zuschauern im Coliseum-Stadion sitzt am 4. August 1984 ein Sportjournalist, der für israelische Zeitungen arbeitet. Als ein hochgewachsener Mann unten der deutschen Hochspringerin Ulrike Meyfarth die Goldmedaille umhängt und sein Name an der Anzeigentafel erscheint, kann es der Reporter kaum glauben. Es ist Berthold Beitz. Der Reporter aber ist Zygmunt Spiegler, Überlebender aus Boryslaw. Beitz hatte ihn bei der Karpathen-Öl als angeblichen Werkschlosser in Sicherheit gebracht. Er lebt seit 1966 in Duisburg, hat aber nie versucht, Kontakt mit dem Krupp-Chef aufzunehmen: »Ich wollte ihn nicht belästigen. Er hätte den Eindruck bekommen können, ich wolle etwas von ihm.« Aber nun, als er Beitz erstmals wiedersieht, zögert Spiegler nicht länger und eilt, an den überraschten Sicherheitsleuten vorbei, zu Beitz. Der erkennt ihn anfangs nicht, aber Spiegler hält ihm ein altes Dokument hin, das er stets bei sich trägt: »Ausweis für Arbeitsjuden, Nr. 570«. Unterschrieben von Berthold Beitz. Beitz hat einer Siegerin olympisches Gold verliehen. Aber das war nicht die wichtigste Begegnung dieses Tages.
    Die Zusammenarbeit mit Samaranch ist oft gut und doch nicht leicht. Beitz, der es nicht gewohnt ist, andere über sich zu haben, respektiert den Spanier, kommt mit dessen selbstherrlichem Auftreten aber nicht immer zurecht. Wie wenig die beiden bei allem gemeinsamen Erfolg zueinander passen, zeigt 1996 eine Entdeckung im ehemaligen SED -Zentralarchiv, über die die Presse berichtet. Unter Berufung auf einen Bericht von Beitz’ Gesprächspartner Manfred Ewald, Chef des ostdeutschen NOK , meldet der Spiegel , Beitz sei zehn Jahre zuvor »nach Ost-Berlin gereist und beklagte sich bei den höchsten Sportfunktionären der DDR über Cliquenwirtschaft und den Führungsstil von Samaranch, der ›selbstherrlich über große Summen entscheide, ohne die Finanzkommission, deren Mitglied er [Beitz; J. K.] sei, zu fragen‹«. Laut Beitz sei Samaranch einer, »der nur dann zurückweicht, wenn er bemerkt, daß andere Kräfte ihm entgegenwirken«. Offenbar hat Beitz in seiner direkten Art bei einem Besuch in Ostberlin seinem Ärger über Samaranch heftiger Luft gemacht, als es die Vorsicht geboten hätte, und seine Worte wurden dann wohl zusätzlich noch angeschärft. Wie auch immer, von einer Verschwörung gegen den Spanier, noch dazu mit Hilfe der DDR , gibt es keine Spur. »Vielmehr ist es wohl so«, schreibt die Süddeutsche Zeitung , »daß lockere, von der Stasi aufnotierte Äußerungen des hemdsärmeligen Beitz nun einen unzutreffenden Eindruck erwecken.«
    Beitz, der es stets gehasst hat, nicht vollständig informiert zu sein, gefallen die Alleingänge des Spaniers zur Kommerzialisierung der Spiele ebenso wenig wie dessen Art, Kontrahenten über den Mund zu fahren. In dem lange schwelenden Konflikt zwischen Samaranch und der IOC -Direktorin Monique Berlioux stützt er die Französin, die über den Präsidenten sagt: »Für mich und ihn ist Lausanne zu klein.« Tröger und Beitz geraten in dieser Frage heftig aneinander. Und Samaranch spielt die beiden erfolgreich gegeneinander aus. Er nutzt die Kritik Trögers, der Berlioux Selbstherrlichkeit vorwirft, um die lästige Konkurrentin um die olympische Macht loszuwerden. Tröger ist der Überzeugung, dass die Französin »nicht teamfähig« sei: »Sie hat sogar Abhörwanzen in Samaranchs Büro anbringen lassen – wir haben sie später gefunden.« 1985 hilft Beitz Berlioux, unter Wahrung ihres Gesichts und stattlicher Bezüge aus dem Amt zu scheiden. »Das hat mir Beitz sehr übel genommen«, sagt Tröger heute, »und der Samaranch hat sich intern gerühmt: ›Bin ich nicht clever? Ich habe einen Deutschen, der die Sache in Gang gebracht hat, und einen anderen, der sie geregelt hat.‹« Gleichwoh setzt Beitz Tröger einige Jahre später aals seinen Nachfolger im IOC durch.
    Wesentlich bedeutsamer als die Hakeleien mit dem IOC -Chef ist

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