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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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ist der Koch eines Berliner Grandhotels, ein guter Weggefährte, er macht Scherze und verliert nicht den Mut. Sie gehen Richtung Oder, an der sich die Stoßkraft der sowjetischen Offensive vorläufig bricht. Ihre Flucht führt sie quer durch eine winterliche Landschaft, die im Chaos des Zusammenbruchs versinkt. Brennende Dörfer, menschenleere Höfe, in den Ställen brüllen die Kühe vor Schmerz, weil niemand mehr da ist, der sie melkt. Einmal stehen Kinder mit gepackten Sachen auf der Landstraße. Beitz riskiert es und geht zu ihnen hin. »Mensch Kinder«, sagt er, »hier könnt ihr doch nicht bleiben. Lauft doch weg! Lauft nach Westen.« Aber die Kleinen hören nicht auf den Fremden. Wir sollen hier warten, sagen sie, wir werden bald abgeholt. Irgendjemand hat sie einfach dort stehen lassen. Erschüttert läuft Beitz weiter.
    Sie schlafen in Heuhaufen, um sich etwas zu wärmen. Nach sieben Tagen erreichen sie abends die Oder. Der Fluss ist zugefroren. Das Westufer halten die Deutschen noch. In einer Kate, einem Fischerhäuschen, sehen sie ein Licht und klopfen. Ein älterer Mann öffnet und ruft laut: »Rotfront!« Er glaubt, vor ihm stünden Russen.
    »Hör auf«, flüstert Beitz, »wir sind deutsche Soldaten.«
    »Um Gottes willen! Gleich nebenan sind die Russen!«
    »Das ist uns jetzt scheißegal«, entgegnen Beitz und sein Kamerad.
    Die beiden setzen sich auf das Sofa ihres unfreiwilligen Wirts und schlafen vor Erschöpfung ein. Am Morgen gibt der Mann ihnen noch etwas zu essen und sieht ihnen erleichtert nach, als sie abziehen. In der nächsten Nacht rutschen sie über das Eis. Der Koch hat noch eine herumlaufende Gans geschnappt und gescherzt: »Komm, die haben da drüben bestimmt nichts zu essen, wir bringen ihnen eine Gans mit.« Auf der anderen Seite, bei der Stadt Guben, liegen deutsche Einheiten. Sie geben sich zu erkennen und haben es geschafft.
    Von der Flucht, einer leichten, aber unbehandelten Verwundung und starker Unterkühlung geschwächt, wird Berthold Beitz ins Lazarett gebracht. Er fährt mit einem Verwundetenzug nach Berlin. Noch steht die Rote Armee an der Oder, erst im April wird sie die Hauptstadt erreichen. Aber der nahe Untergang des Regimes ist dort schon deutlich zu spüren. Die Lazarette sind überfüllt, und eine mitleidige Krankenschwester schreibt auf Beitz’ Krankenzettel: »Heimatlazarett Greifswald«. Berthold Beitz fährt nach Hause.
    Er sieht Else und das Kind, ein erleichtertes Wiedersehen, nachdem sie fast die gesamte Kriegszeit gemeinsam durchgestanden haben. Doch Beitz erholt sich bald und muss zurück in den Krieg. Wiederum in Berlin-Spandau, nahe der alten Zitadelle, wartet seine Kompanie im März auf den letzten Ansturm derRoten Armee. Der Zusammenbruch ist nah. Beitz beobachtet, wie eilig zusammengestellte Einheiten aus Halbwüchsigen in dieZüge nach Osten verladen werden. »Das waren Waggons wie jene, mit denen die Juden in die Konzentrationslager gebracht worden waren. Jetzt saßen Jungs darin, vielleicht 15, 16 Jahre alt, denen hing der Stahlhelm auf die Nase, sie konnten nicht einmal hinausgucken. Die mussten jetzt an die Front, und am Bahnsteig standen weinende Eltern, um ihre Kinder zu verabschieden. Das ist doch furchtbar. Das kann man heute gar nicht mehr erklären.« Der Kampf um Berlin, der bald darauf entbrennt, ist aussichtslos für die Deutschen und kostet über 200 000 Menschen das Leben. Berthold Beitz jedoch ist nicht dabei in den apokalyptischen Szenen der Götterdämmerung des Naziregimes.
    In seiner Spandauer Kompanie befiehlt ihm ein Vorgesetzter: »Beitz, Sie kommen zu einem Sturmregiment.« Er packt seine Sachen und soll bei einem Gegenstoß Richtung Potsdam mitmachen. Doch die Russen greifen schon an. Südwestlich von Berlin sagt Beitz’ Regimentskommandeur: »Wir bleiben, wo wir sind.« Der Mann stammt aus Bayern und verlädt seine Leute schließlich in einen der letzten Züge nach Süden. Auf diese Weise entgeht Beitz’ Einheit der Umzingelung durch die Russen, die nun den Ring um die Hauptstadt schließen. Wenige Tage und sehr viele Tote später wird die rote Fahne über dem Reichstag wehen. Das Sturmregiment ist da bereits in Oberfranken, bei Forchheim, wo die US -Armee vorrückt. Amerikanische Tiefflieger beschießen den Zug, es geht nicht weiter. Die Männer steigen aus und marschieren der Front entgegen. Ihre stärkste Waffe ist ein Wagen mit aufmontiertem Maschinengewehr.
    »ICH ERSCHIESSE NICHT EINFACH SO LEUTE«:
DIE

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