Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
Vom Netzwerk:
westlichen Welt viele Möglichkeiten für gute Geschäfte.« In jedem Fall finden die russischen Gesprächspartner in Beitz einen verständnisvollen Zuhörer. Viel zu verständnisvoll aus Sicht von Konrad Adenauer.
    »NATIONAL UNZUVERLÄSSIG«:
KONFLIKT MIT KANZLER ADENAUER
    Der Kanzler hat das Treiben des Generalbevollmächtigten mit wachsendem Grimm verfolgt. Allein schon Ton und Auftreten von Beitz in Moskau haben jedermann spüren lassen, dass er nichts von der Bonner Strategie hält, »das wirtschaftliche Entgegenkommen gegenüber der Sowjetunion für politische Zugeständnisse in der Repatriierungsfrage und der Deutschlandfrage zu verwenden«. Beitz hält eine solche »politische Instrumentalisierung von Wirtschaftsbeziehungen … jedoch für verfehlt«.
    Adenauer weiß, dass die Sowjetunion zwar Sputniks ins All schießen kann und einen bedrohlichen Militärapparat aufgebaut hat, dass sie aber wirtschaftlich weit von ihren Zielen entfernt ist. Hilfe verspricht sich der Kreml vom Handel mit dem Westen. Der alte Kanzler ist indessen fest entschlossen, bessere Handelsbeziehungen nur um den Preis deutschlandpolitischer Zugeständnisse zu dulden. Smarte Krupp-Industrielle, die wie Staatsgäste über den Roten Platz geführt werden, kann er dabei überhaupt nicht gebrauchen. Das Auswärtige Amt vermutet gar schon seit längerem eine »Anfälligkeit gegenüber dem Osten seitens FK [Krupp; J. K.]«. Außenminister Brentano nimmt 1956 in einem Gespräch mit dem sowjetischen Botschafter in Kauf, »daß durch das Fehlen eines Handelsabkommens vielleicht manche wertvolle Beziehung für die deutsche Wirtschaft nicht entwickelt werden kann«; doch werde sich das nicht ändern, »solange nicht die zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR offenen politischen Fragen einer Lösung näher gebracht worden sind«.
    Adenauer entschließt sich nun zu einem gezielten Warnschuss gegen Berthold Beitz. Dieser neige zu Alleingängen, ohne die Bundesregierung auch nur zu informieren. Jüngstes Beispiel: der Moskau-Besuch vom Mai 1958. Angesichts dieses Verhaltens, schimpft Adenauer, bestünden leider »Zweifel an der nationalen Zuverlässigkeit« des Herrn Beitz. Das ist typisch Adenauer – ein kerniger Vorwurf, vorgebracht mit einem Gestus des gerechten Zorns. Dabei hat der Kanzler den Zeitpunkt der Attacke und das Publikum sehr genau gewählt. Er spricht am 12. Juni 1958 vor der konservativen Staatsbürgerlichen Vereinigung in Bonn; dabei ist auch BDI -Präsident Fritz Berg, der die Auslassungen Adenauers erfreut verfolgt. Krupp hat nur einen Vertreter entsandt, den leitenden Angestellten Christian Külbs. Es kommt zu einem kleinen Eklat, als dieser die Veranstaltung erzürnt verlässt. Anderntags schreibt Külbs dem Kanzler: »Ihr persönlicher Angriff … gegen den Generalbevollmächtigten des Hauses Krupp … ließ mir keine andere Wahl, da eine Entgegnung in diesem Kreise nicht möglich war … Im Sachlichen voneinander abweichende Auffassungen mit persönlichen Angriffen zu verbinden, ist schlechter politischer Stil.«
    Külbs zeigt Courage, und er weist Adenauer Unrichtigkeiten nach. Sehr wohl seien das Auswärtige Amt wie auch das Wirtschaftsministerium vor der Reise unterrichtet worden. Aber der Affront ist geschehen, und Beitz steht allein da – fast allein. Der BDI , der Ost-Ausschuss, das Gros der Industriellen, der mächtige Wirtschaftskreis um Adenauer – sie alle halten seine ostpolitischen Alleingänge für einen Fehler, wenn nicht gar für Schlimmeres. Alfried Krupp aber stellt sich demonstrativ hinter seinen Mann und schreibt dem Kanzler zwei Tage nach dem Vorfall einen langen persönlichen Brief: »In besonderem Maße bin ich, Herr Bundeskanzler, über den Vorwurf betroffen, daß in bezug auf die Firma Krupp, d. h. also in bezug auf meine engsten Mitarbeiter und mich Zweifel an der nationalen Zuverlässigkeit angebracht seien. Meine Herren haben sich in Moskau aller politischen Äußerungen genauso enthalten, wie ich dies auf meinen zahlreichen Auslandsreisen getan habe. Ich glaube deshalb keine Gründe finden zu können, die diesen schweren Vorwurf rechtfertigen.« Nicht ohne Ironie fügt er hinzu: »Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Einladung zu dieser Reise meiner engsten persönlichen Mitarbeiter von dem Herrn stellvertretenden Ministerpräsidenten Mikojan anläßlich seines Besuchs auf der Messe in Hannover in Gegenwart des Herrn Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers Professor Erhard ausgesprochen

Weitere Kostenlose Bücher