Bertrams Hotel
warf Vater ruhig dazwischen.
»Das könnte gut sein. Vielleicht leben sie irgendwo in einem Iglu oder in einem Zelt in Marokko oder in einer Schweizer Sennhütte.«
»Ich glaube nicht so recht an diese überlegenen Geister«, sagte McNeill kopfschüttelnd. »In einem Roman klingt so etwas ganz gut. Eine Leitung muss natürlich vorhanden sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Superverbrecher existiert. Ich möchte eher annehmen, dass ein kluger kleiner Aufsichtsrat dahinter steckt. Zentral geplant, mit einem Vorsitzenden. Sie haben ein einträgliches Geschäft laufen und verbessern ihre Taktik von Tag zu Tag. Dennoch…«
»Ja?«, sagte Sir Ronald aufmunternd.
»Selbst bei einem kleinen, geschlossenen Team gibt es wahrscheinlich entbehrliche Leute. Es ist so eine Art Schlitten fahren. Von Zeit zu Zeit, wenn sie meinen, wir rücken ihnen zu dicht auf die Fersen, werfen sie uns einen zum Fraß vor, und zwar den, der ihnen am wenigsten nützlich erscheint.«
»Wäre das nicht ziemlich riskant?«
»Meiner Meinung nach könnte es so geschehen, dass der Betreffende nicht einmal merkt, dass er vom Schlitten gestoßen wurde. Er würde einfach annehmen, er sei herunter gefallen. Er hielte natürlich den Mund, in dem Glauben, dass sich Schweigen für ihn lohnt. Und darin hätte er selbstverständlich Recht. Sie haben viel Geld in den Fingern und können es sich leisten, großzügig zu sein. Wenn er eine Familie hat, wird für sie gesorgt, solange er im Gefängnis sitzt. Möglicherweise wird auch ein Gefängnisausbruch gedeichselt.«
»Davon haben wir allmählich genug«, erklärte Comstock.
»Meine Herren«, sagte Sir Ronald, »ich finde, es hat nicht viel Zweck, unsere Vermutungen immer wieder durchzuhecheln. Wir kommen jedes Mal zum gleichen Resultat.«
McNeill lachte. »Was ist der eigentliche Grund, weshalb Sie uns zusammengetrommelt haben, Sir?«
»Nun« – Sir Ronald überlegte einen Augenblick –, »in den Hauptpunkten sind wir alle einer Meinung«, sagte er langsam. »Wir stimmen in der Taktik überein, und wir sind uns einig, worauf wir abzielen. Meiner Ansicht nach wäre es vielleicht ergiebig, wenn wir nach kleinen Dingen Umschau hielten, nach Dingen, die nicht viel bedeuten, die nur etwas von der üblichen Norm abweichen. Es ist schwer zu erklären, was ich meine. Ich denke dabei an den Culver-Fall vor einigen Jahren. Ein Tintenfleck. Erinnern Sie sich noch? Ein Tintenfleck an einem Mauseloch. Nun, warum in aller Welt sollte jemand Tinte in ein Mauseloch gießen? Es erschien nicht wichtig, und eine Antwort darauf zu bekommen war nicht leicht. Als wir jedoch die Erklärung fanden, brachte sie uns einen guten Schritt weiter. Das ist es – in groben Zügen –, was mir vorschwebt. Etwas Absonderliches. Scheuen Sie sich nicht, zu erwähnen, wenn Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist. Wie ich sehe, nickt Vater zustimmend vor sich hin.«
»Ganz meine Meinung«, erklärte Chefinspektor Davy. »Nun los, Leute, stochert mal in eurem Gedächtnis herum. Denken Sie mal an den Überfall auf die Zweigstelle der London and Metropolitan Bank an der Carmolly Street. Wir hatten eine lange Liste von Autonummern, Autofarben und Autotypen. Wir appellierten an die Bewohner der umliegenden Häuser, sich zu melden, falls sie etwas gesehen hatten, und sie reagierten – mein Gott, wie sie reagierten! Ungefähr hundertfünfzig irreführende Informationen! Wir sortierten diesen Wust aus und stießen schließlich auf sieben Autos, die in der Nachbarschaft beobachtet worden und eventuell in den Raubüberfall verwickelt waren.«
»Ja, ich entsinne mich«, sagte Sir Ronald, »bitte weiter.«
»Es waren ein oder zwei Wagen darunter, bei denen wir nicht weiterkamen. Es sah so aus, als wären die Nummern verändert worden. Das ist ja nichts Besonderes. Es geschieht häufig. Ich will nur ein Beispiel anführen. Morris Oxford, schwarze Limousine, Nummer CMG 256, von einem Bewährungshelfer gemeldet, der erwähnte, dass Richter Ludgrove am Steuer gesessen habe.«
Davy blickte sich um. Sie hörten ihm wohl alle zu, aber nicht sehr interessiert.
»Ich weiß«, fuhr er fort, »Fehlanzeige, wie so oft. Richter Ludgrove ist ein ziemlich auffallender alter Herr, unter anderem hässlich wie die Sünde. Nun, es war nicht Richter Ludgrove, weil er zu genau derselben Zeit im Gerichtssaal war. Er fährt allerdings einen Morris Oxford, aber seine Nummer ist nicht CMG 256.« Abermals blickte er sich um. »Na schön. Sie werden
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