Beruehmt und beruechtigt
gab ihm Jenny das Gesicht von Easy, und als sie sich danach heftig in Léon verguckte, stellte Jenny sich vor, er sei so unwiderstehlich wie Easy. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht so viel Unglück über sich brachte wie die arme, törichte Emma.
Als sie bei den Stallungen eintraf, führte Easy zwei Pferde auf den Sattelplatz, ein schwarzes und ein dunkelbraunes. Sie sah einen Moment zu und bemerkte, wie Easy den beiden den Kopf zuneigte, während er ihnen den Hals tätschelte und zu ihnen sprach. Er ließ die Hände über die Sattel und Steigbügel gleiten.
»Welcher ist Credo?«, fragte Jenny, als Easy sie schließlich bemerkte.
Er streichelte über die glatte Mähne des schwarzen Pferdes. »Das hier ist mein Schätzchen. Ist er nicht wundervoll?«
Jenny kam langsam auf Easy und sein Pferd zu, um Credo nicht zu erschrecken. Credo war riesig. »Credo ist ein Er? Er ist riesig.«
Easy lachte. »Ist er eigentlich gar nicht. Ich reite die Stute von Dekan Marymount, Diana, weil sie noch viel größer ist als Credo. Und Credo hab ich zugeflüstert, er soll ganz sanft zu dir sein.«
»Gut«, sagte Jenny und legte zögernd die Hand auf die Stelle an Credos Hals, wo Easy ihn gestreichelt hatte. Sein Fell war überraschend weich und seidig. Credo bewegte sich bei Jennys Berührung und drehte den Kopf herum, um sie anzusehen. Die rasche Bewegung erschreckte Jenny, aber sie zuckte nicht, sondern tätschelte das stattliche Tier weiter, voller Bewunderung für seine großen, braun schimmernden Augen.
»Lass ihn mal an deiner Hand schnuppern«, sagte Easy über ihre Schulter. »Dann lernt er dich schneller kennen.«
»So?« Jenny hielt Credo ängstlich die Handfläche vor die Nase. Mit jedem außer Easy hätte sie schreckliche Angst gehabt, dass das Pferd sie in die Hand beißen würde, aber ihm vertraute sie. Credo schnaubte leise durch die Nüstern und rieb seine weichen, feuchten Lippen an Jennys Hand. »Er sieht viel zufriedener aus als die armen Pferde in der Stadt, die den ganzen Tag Touristen-Kutschen durch den Central Park ziehen müssen.«
»Ach je, du Stadtmädchen«, sagte Easy liebevoll. Er hielt ihr einen schwarzen samtbezogenen Reithelm hin. »Hier«, sagte er, »probier mal an.«
»Ich muss einen Helm tragen? Heißt das, es besteht die Möglichkeit, dass er mich abwirft?« Sie hielt den Helm linkisch in Händen. Plötzlich hatte sie wieder Angst. Sie sah ihren Körper schon durch die Luft fliegen und sich als Haufen Knochen auf dem harten Boden enden.
»Nein, er mag dich.«
»Woher weißt du das?«
Easy kratzte sich am Kopf. »Na ja, garantieren kann ich es nicht.« Er zuckte die Schultern. »Aber er mag Mädchen, die nett zu mir sind.« Er zog die Augenbrauen hoch und blinzelte sie an, sodass sie völlig vergaß, Angst vor Credo zu haben. »Sei also lieber nett zu mir.«
Ja klar , dachte sie, als ob die Gefahr bestünde, dass ich nicht nett zu dir wäre.
Easy nahm Jenny den Helm ab und setzte ihn ihr vorsichtig auf den Kopf. Dann drückte er ihn mit der flachen Hand nach unten und rüttelte ihn vor und zurück, nach rechts und links. Jenny spürte, wie sich ihre Kopfhaut mitbewegte. »Was machst du da?«
»Sichergehen, dass er sitzt.« Er nahm die Hand von ihrem Kopf und beugte die Knie, bis er mit ihr auf Augenhöhe war. Er prüfte, wie der Helm um ihr Gesicht saß und sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Sie konnte praktisch seine Wimpern zählen, wenn sie wollte. Schließlich sah er sie an. »Du siehst niedlich aus«, sagte er leise.
»Wieso trägst du keinen Helm?«
»Weil ich mir um mich keine Sorgen mache«, antwortete er zuckersüß. Jenny fand es irgendwie ungerecht. Sie hatte sich vorgestellt, wie ihr Haar beim Reiten im Wind flatterte, na ja, vielleicht beim nächsten Mal. »Bist du bereit, aufzusteigen?«
»Schon?«, quietschte sie erschrocken.
»Oder willst du den ganzen Tag hier rumstehen und reden?«
Jenny sah zu ihm auf. »So in der Art.«
»Komm schon. Es macht Spaß und du schaffst das bestimmt. Credo ist ein Profi. Er fängt nicht plötzlich zu galoppieren an oder so.« Easy erteilte ihr noch ein paar grundlegende Anweisungen und machte ihr Mut, aber sie merkte, dass er einer der Learning-by-doing- Lehrer war, daher zwang sie sich, tief Luft zu holen und aufzusteigen. Er faltete die Hände, um ihr eine Aufsitzhilfe zu geben, und ungelenk schwang sie ein Bein über Credos Rücken, wobei sie Easy fast einen Tritt mit dem Stiefel verpasste. Sie setzte
Weitere Kostenlose Bücher