Beruehre meine Seele
an Beck heran, und selbst wenn Kaylees Mathenoten mies wären – was sie nicht sind –, macht sie nicht gerade den Eindruck, als wäre sie leicht zu verführen.“
Sabine lachte so laut los, dass sie sich fast an ihren Nachos verschluckte.
„Was soll das jetzt heißen?“, fragte ich.
Die Mara hustete, bis ihr die Tränen in die Augen traten. „Das heißt, dass du auf einer Zehnerskala eine solide Sieben bist. Beck allerdings sucht nach einer Elf.“ Sabine zuckte mit den Achseln. „Entweder das oder dein Eiserne-Jungfrau-Gehabe ist der Stolperstein.“
„So meinte ich das gar nicht“, setzte Em an, doch ich war zu wütend auf die Mara, um ihr überhaupt zuzuhören.
„Halt einfach den Mund“, verlor ich die Beherrschung gegenüber Sabine, und die anderen drei starrten mich verdattert an. Nicht, weil Sabine es nicht verdient hätte, sondern weil ich mich selten zu solch einem Ausbruch hinreißen ließ. „Wenn du nichts Konstruktives beizutragen hast, dann halte dich einfach bedeckt. Ich versuche hier, etwas wirklich Wichtiges zu erledigen, bevor …“ Ich warf einen Seitenblick auf Emma und fing mich gerade noch. „Bevor noch jemand verletzt wird. Ich habe die dummen Bemerkungen von Sabine einfach satt. Ich habe die Schule satt und die Schulglocke und die Unterrichtsstunden, die keine Bedeutung mehr haben. Ich habe es satt, auf das Unvermeidliche zu warten.“
Meine Stimme wurde immer lauter, die anderen Schüler ringsherum drehten sich schon zu mir um, trotzdem konnte ich nicht aufhören. Zu viele Dinge gingen mir durch den Kopf und nahmen Platz ein. Der einzige Weg, sie und den Druck loszuwerden, war, sie einfach auszusprechen. Und wie sie dann heraussprudelten …!
„Ich bin stinksauer auf all die Dinge, die ich nie sehen und tun werde. Ich könnte platzen vor Wut, weil ich keine Zeit habe, das zu tun, was ich wirklich tun will. Ich muss nämlich sieben Stunden täglich in der Schule verschwenden, für Dinge, die ich nie wieder gebrauchen kann, statt das zu tun, was wirklich nötig ist. Und sollte es mir tatsächlich doch gelingen, dann wird niemand davon erfahren. Aber das ist auch egal. Hier geht es sowieso nicht um mich, richtig? Nur gibt es einen egoistischen Teil in mir, der gerne dafür in Erinnerung behalten werden würde, dass er etwas Gutes getan hat. Etwas Wichtiges. Doch letztendlich wird es einfach so sein, dass ich nicht mehr da bin. Die Welt wird sich weiterdrehen, als wäre ich nie hier gewesen, und ich habe nicht einmal mehr die Möglichkeit, sauer über all das zu sein.“
Sabine und Emma starrten mich mit offenem Mund an, und aus den Augenwinkeln erkannte ich, wie Sophie von ihrem Tisch aufstand und in die Cafeteria zurückstapfte. Wahrscheinlich hatte ich sie mit meinem Aufstand ebenfalls in Verlegenheit gebracht, schließlich war sie meine Cousine.
Doch sie konnte mir gestohlen bleiben!
Nash schlang den Arm um meine Taille und flüsterte mir etwas ins Ohr, doch mehr als meinen Namen bekam er nicht heraus, bevor jemand laut applaudierte. Ich sah auf, Thane saß neben Emma, direkt mir gegenüber.
Vor Schreck schrie ich laut auf und stieß mich vom Tisch ab. Nash versuchte noch, mich aufzufangen, doch ich fiel über die Bank und landete auf dem Rücken im Gras. Mir blieb die Luft weg.
Lautes Gelächter ertönte, doch ich hörte es kaum. Em und Sabine standen auf, um zu sehen, ob mit mir alles in Ordnung war. Nash zog mich auf die Füße zurück und zupfte mir das Gras vom Rücken, doch ich nahm gar nicht wahr, was er sagte. Denn als Emma sich wieder setzte, rutschte Thane näher an sie heran. So nahe, dass sie ihn an ihrem Arm gespürt hätte, wäre er für sie sichtbar gewesen.
„Unterhaltsam wie immer, Kaylee …“, sagte er. „Wenn ich dich nett bitte, schreist du dann auch so, wenn die Zeit gekommen ist?“ Er verschwand, und jetzt, da die Erinnerung an mein bevorstehendes Ende nicht mehr da war, wurde der Schulhof um mich herum wieder klarer.
Und da, an die Ziegelsteinmauer gegenüber unserem Tisch gelehnt, stand Todd und starrte wütend auf den Platz, auf dem Thane vorhin noch gesessen hatte. Dann hob er den Blick und schaute mich einen Moment lang an, bevor er wieder verschwand.
„Kaylee, bist du in Ordnung?“, fragte Emma, als ich mich wieder auf die Bank sinken ließ.
„Sicher.“ Ich strich mir das Haar aus dem Gesicht, wobei ich tatsächlich mit mir debattierte, ob ich mich nicht lieber dahinter verstecken sollte. Alle starrten mich an, ich konnte es
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