Beruehrt
stammte.
Caleb war dran. »Du schuldest mir noch einen Song«, behauptete er ohne Einleitung.
»Was?«, fragte Rachel begriffsstutzig. Dann erinnerte sie sich und stöhnte. »Der Radio-Auftritt.«
»Genau«, sagte Caleb. »Wir sollten vielleicht doch noch ein wenig üben, bevor wir uns in die Öffentlichkeit wagen. Was hast du heute vor?«
»Neue Songs einstudieren?«, fragte Rachel zurück.
»Gute Antwort!« Sie hörte Caleb zufrieden lachen. »Treffen wir uns in einer Stunde bei mir, du weißt ja, die Höhle des Löwen wartet.«
»Wollen wir nicht lieber ins Studio?«
»Nein, keine Chance!«, beharrte Caleb. »Josh und Bruce sind nicht da, wir haben die Bude also für uns.«
»Aber …!«
Caleb unterbrach sie. »Du hast es versprochen.«
»Okay.« Rachel seufzte, schlurfte gähnend ins Bad und duschte sich. Sie hatte gehofft, im Probenraum die übrigen hinterm Schrank versteckten Zeitungsseiten in die Finger zu bekommen. Vielleicht gelang es ihr zumindest, Caleb in ein Gespräch über Amelia zu verwickeln. Ob es in seiner Wohnung womöglich weitere Hinweise gab? Wenn nur ihr Schädel nicht so dröhnen würde. Nach dem ersten Kaffee und einer Scheibe Toast fühlte sie sich etwas besser. Wo kamen nur diese Kopfschmerzen in letzter Zeit immer her?
Das Telefon klingelte wieder. Dieses Mal war es Helen. »Kommst du mit runter? Wir wollen im Park ein bisschen Boule spielen.«
»Ich bin schon mit Caleb verabredet«, entschuldigte sich Rachel. »Später vielleicht, okay?«
»Du hast ihn wirklich an der Angel, oder? Na, dann viel Spaß, Schwester, schnapp ihn dir!« Gut gelaunt legte Helen auf.
Rachel war erleichtert, dass Helen so fröhlich klang. Anfangs hatte sie nämlich vermutet, dass Helen heimlich in Caleb verschossen war. Vielleicht hatte sie sich darin getäuscht oder aber Ron war in seine Fußstapfen getreten. Er schien wirklich ein netter Kerl zu sein.
Rachel schüttelte ihre nassen Haare. Dann stellte sie sich unentschlossen vor ihren Kleiderschrank. Was sollte sie bloß anziehen? Allein mit Caleb in seiner Wohnung … ein bisschen aufregend war das ja schon. Also nichts, was zu verführerisch war, obwohl … ein bisschen sexy war ja sicher okay. Caleb würde das vermutlich sehr okay finden. Und sie selbst?
Rachel streckte ihrem Spiegelbild die Zunge heraus und griff nach einem T-Shirt mit weitem U-Boot-Ausschnitt und ihren Jeans-Shorts. Wo waren nur ihre Flipflops abgeblieben? Nach kurzem Durchstöbern ihres Schlafzimmers wurde sie schließlich unterm Bett fündig. Ihr Blick streifte die Grayson-Kiste. Rachel hätte schwören können, sie bei der letzten Attacke viel weiter hinten vergraben zu haben. Und wennschon … sie würde nicht wieder sein Hemd herauskramen und daran schnuppern. Kein gutes Timing. Sie war jetzt mit Caleb verabredet, sie musste nach vorn schauen. Womöglich kam Grayson überhaupt nicht mehr wieder oder erst, wenn sie alt und grau war – so ein Quatsch, schoss es ihr im selben Moment durch den Kopf. Nach ihrem Studium würde sie garantiert nicht in Falmouth versauern, sondern eine Galerie in London eröffnen oder in Paris oder in Toronto … jedenfalls konnte sie nicht ewig auf den Rosenmörder warten.
Davon abgesehen hatte er bei ihrer letzten Begegnung mehr als deutlich gemacht, dass er sich keine Beziehung mit ihr vorstellen wollte und diese Nacht eine einmalige Sache war. Mit der Betonung auf ein malig. Nicht auf ein malig . Pfff … Oh nein, wehe! Sie würde jetzt nicht wieder damit anfangen, sich die Dinge schönzureden.
Ihr Blick fiel auf ihre Armbanduhr. Verflixt, sie musste sich beeilen. Als sie unterm Bett hervorkrabbelte, stieß sie sich an der Bettkante. »Schlag ihn dir aus dem Kopf«, übersetzte sie stöhnend und rieb über die entstehende Beule. Vielleicht würde sie ja in Calebs Wohnung auf weitere Hinweise über ihn und Amelia stoßen. Wohin auch immer sie das führen mochte.
Calebs Wohnung war ganz anders, als sie sich vorgestellt hatte, wobei sie eigentlich gar keine klare Vorstellung von der Jungs-WG gehabt hatte. Jedenfalls hätte sie keine puristischen Designermöbel erwartet. Es lag nichts herum – nichts! Kein einziges Paar Schuhe. Keine Jacken auf dem Fußboden, wie meist bei Rachel. Nur eine hing an einem Haken hinter der Tür, den Rest vermutete sie hinter der Garderobe mit der Milchglastür, direkt neben dem dazu passenden Schuhschrank.
»Wow!«, raunte Rachel beeindruckt. »Sieht’s bei euch immer so aus?«
»Was hast du denn gedacht?
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