Beruehrt
beide lachen mussten.
»Tut er dir gut?«, fragte Rachel besorgt und drückte ihre Hand.
Helen nickte stürmisch. »Er ist grundsolide, trinkt keinen Alkohol und mag es nicht, wenn ich zu freizügig rumrenne. Ich glaub … aber lach jetzt nicht«, bat sie, »… ich glaub, er ist wirklich an mir interessiert. Als Mensch, meine ich, weißt du? «
»Ja, tu ich«, sagte Rachel leise und nahm Helen fest in die Arme. »Und außerdem weißt du ganz genau, dass die Kerle auf Frauen wie dich stehen. So, und jetzt ab ins Wasser mit dir, damit du deinem Ron den Kopf auf angenehmere Art verdrehen kannst. Der arme Kerl guckt ständig rüber, nicht dass er noch eine Genickstarre kriegt. Tut mir leid, dass ich euer Geturtel unterbrochen habe.«
Helen drückte Rachel dankbar einen Schmatzer auf die Wange und rannte los.
Sie selbst kehrte zu den Handtüchern zurück und blieb allein am Ufer sitzen. Ob dieser keusche Ron wirklich so gut zu Helen passte? Nachdenklich schaute sie ihren johlenden Freunden zu. Na ja, vielleicht ja gerade deshalb …
Caleb forderte sie ein paar Mal auf, mitzumachen und ins Wasser zu kommen, aber Rachel lehnte lächelnd ab. Zu vieles spukte ihr im Kopf herum. Ihre Blicke trieben mit den Wellen planlos zwischen den Körpern ihrer Freunde hin und her. Sie streiften Calebs drahtigen, gebräunten Oberkörper, der in krassem Gegensatz zu Bruce' T-Shirt-Bräune und seiner bleichen, aber stark durchtrainierten Brust stand. So wie Helens üppige Oberweite und ihr eigener, eher kleiner Busen. Ihre Gedanken schwappten ans Ufer und zerrannen im feuchten Sand. Erschrecken über Helens verkannte Sensibilität vermischte sich mit ihrer eigenen, beständigen Sehnsucht nach Grayson und der Verwirrung über ihr wachsendes Interesse an Caleb. Schon wieder hing diese Melissa an seinem Arm, um ihm den Ball abzujagen und wer weiß was sonst noch. War sie etwa schon wieder eifersüchtig?
Rachel überlegte, ob man in zwei Männer auf einmal verliebt sein konnte. Oder war das ein Selbstschutzmechanismus, Kopf gegen Bauch, verletzter Stolz, Ablenkung, Überlebensinstinkt? Zumindest schien Caleb wirklich an ihr interessiert zu sein. Grayson war sie in all diesen Wochen kein einziges Lebenszeichen wert gewesen. Dafür hatte dieser Psychopath beinah den Rosenstrauch seiner eigenen Großmutter um die Ecke gebracht … Und dann Amelia, ihr Foto in Calebs Studio, was war die Geschichte dahinter? So viele Puzzleteile.
Siedend heiß fielen Rachel die zerknitterten Zeitungsfetzen ein, die sie in ihrer Umhängetasche aufbewahrte. Vielleicht war es ja einfach nur vergessenes Altpapier und bedeutete gar nichts. Oder eine Konzertkritik über einen Auftritt der Jungs … Aber je mehr sie sich einredete, dass ihr heimlicher Fund völlig unspektakulär war, desto mächtiger wurde der Drang, es überprüfen zu wollen. Hier am Strand konnte sie allerdings auf keinen Fall anfangen, die Papierfetzen herauszuklamüsern und zu lesen. Dafür gab es viel zu viele neugierige Blicke und außerdem war es zu windig. Und wie sollte sie Caleb erklären, woher sie die Schnipsel hatte?
Helen sah so aus, als würde sie prima allein klarkommen. Ron versuchte, an den Ball zu gelangen, und hielt sie eng umschlungen. Tolles Alibi, dachte Rachel, und so unauffällig. Sie grinste. Dann zog sie sich schnell ein T-Shirt über ihren nassen Bikini, klaubte die übrigen Sachen zusammen und wickelte alles in ihr Strandtuch, das sie zwischen die Griffe ihrer Tasche klemmte.
»Ich muss los!«, rief sie der Meute zu und machte, dass sie davonkam, bevor womöglich irgendwer aus dem Wasser sprintete, um sie aufzuhalten. Caleb sah ihr lange nach. Sie spürte seine Blicke im Rücken, aber sie drehte sich eisern nicht um.
Zu Hause kippte sie zuerst die benutzten Handtücher und den Zweiteiler in die Wanne, gab sich aber schließlich einen Ruck und hängte die nassen Sachen zumindest notdürftig über die Armatur und den Wannenrand, damit sie nicht anfingen zu müffeln. In der Badezimmertür drehte sie sich noch einmal um, kehrte zurück und spülte das Salzwasser aus dem Bikini. Wenn die Zeitungsseiten aufregend waren, würde sie später nicht mehr an solche belanglosen Dinge denken. Und wenn es sich nur um staubiges, spinnwebenverhangenes Altpapier handelte, würde sie frustriert sein und ebenfalls keine Lust mehr dazu haben.
Rachel stürmte ins Wohnzimmer, schnappte sich ihre Tasche und lief in ihr Malzimmer, wo sie sich im Schneidersitz auf den Boden setzte. Dort
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