Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Problemfall?«
Ich versuchte , irgendeine Gefühlsregung in Miss Bostwicks Gesicht auszumachen. Ihr Antlitz war eine in Stein gemeißelte Maske.
» Wir alle wissen doch, worum es heute Abend geht und weswegen ihr Liwy aufgesucht habt. Auch das Ministerium weiß bereits Bescheid. Ihr Name wird in den Gängen der alten Universität geflüstert und jeder, der ihn gehört hat, tut kein Auge mehr zu.«
Myriam schürzte die Lippen und fragte unvermittelt : »Sie arbeiten gegenwärtig als Gouvernante der McDares, richtig?«
» Was tut das bitteschön zur Sache?«
» Ein Gouvernante, die nebenbei perfide Pläne über das Schicksal der Welt schmiedet. Das ist mir zu suspekt, Miss Bostwick. Ich habe mich nur gefragt, wer eine solche Frau bedenkenlos auf seine Kinder aufpassen lässt.«
Eine Frage, die nur mein Schatten stellen konnte.
»Unser gemeinsamer Freund Noah ist der Vater und mir treu ergeben.« Die strenge Dame funkelte Myriam finster an.
» Aber Noah ist einer von uns.«
Liwy brach ihn helles Gelächter aus . »Er hat längst auf unsere Seite gewechselt. Wo denkt ihr hin? Im Gegensatz zu euch arbeiten wir daran, neue Verbündete um uns zu scharen. Die Dinge liegen uns wirklich am Herzen.«
Noah einer von denen?
»Das stimmt nicht«, widersprach ich der Schlange augenblicklich. »Ich habe letztens noch mit ihm gesprochen. Er war einer von uns, ist aber seiner Familie wegen ausgestiegen.«
» Ich bin auf dem besten Wege, ihn wieder für uns zu gewinnen. Diesmal für die Zwecke der Bande. Eure Garde sollte sich aus dieser Angelegenheit heraushalten. Liwys Leute waren von Anfang an am Ort des Geschehens, es ist ihre Aufgabe und nicht eure. Das solltet ihr auch eurem Vorgesetzten sagen.« Miss Bostwick hatte die Schlange mit einem Blinzeln zum Schweigen gebracht, bevor diese etwas auf meine Feststellung erwidern konnte. »Obwohl ich schwer annehme, dass ihr im Augenblick ohne die Erlaubnis des Spindelmeisters handelt.«
» Wir gehen nur unseren Geschäften nach.« Ich nahm mich zusammen und wagte es, die unbeugsame Miss Bostwick fühlen zu lassen, wie wir zu dem so genannten Problemfall standen.
» Und inwiefern überschneiden diese sich mit dem Fall der Fälle, Adrian?« Sie zog eine Augenbraue hoch, was in ihrem beherrschten Gesicht schon fast als Emotion zu bezeichnen war.
» Ihr elenden Seelendiebe!«, fauchte Liwy plötzlich und bleckte die Reißzähne, die vorher nicht da gewesen waren, in meine Richtung. »Ihr…habt euch in einer der Figuren eingenistet!«
» Menschenfresser!«, bot Myriam augenblicklich Paroli, bevor ich sie zurückhalten konnte. »Euer Verhalten ist unverantwortlich. Ist euch nicht bewusst, wie riskant euer Plan ist? Wie Wilde lasst ihr Dämonen aus euren Reihen auf freien Fuß, um eine Gefahr zu bekämpfen, die vielleicht gar nicht existent ist? Ich bin mir nicht sicher, ob ihr dafür die Erlaubnis eures Häuptlings habt!«
» Miri«, murmelte ich und griff nach ihrem Arm. »Das bringt uns jetzt auch nicht weiter.«
» Meine Damen!«, herrschte Miss Bostwick die Frauen an. »Benehmt euch nicht wie unreife Kinder.«
Aber Myriam hörte nicht, sondern zischte in Liwys Richtung : »Tja, sie läuft schließlich rum wie eins. Ein Wunder, dass du überhaupt hier rein gekommen bist.«
» Besser, als…«
Miss Bostwick brachte beide mit einer warnenden Kopfbewegung zum schweigen . »Ich darf doch wohl um ein wenig mehr Ernsthaftigkeit bitten!« Mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: »Diese ungehobelten Aufsteiger…eine Schande für die Gesellschaft…«, und derlei Dinge, die ich ausblendete. Dann wandte sie sich an mich: »Adrian, sag mir, habt ihr euch tatsächlich in eine der Spielfiguren dieses Falles eingenistet?«
Ich zögerte ihr die Wahrheit zu sagen. Kurz dachte ich an Crevi und das Glück, das ihr gestern Morgen widerfahren war. Wie könnte ich nur zulassen, dass Miss Bostwick oder Liwy ihr etwas antaten, jetzt da die andere Gefahrenquelle so unverhofft versiegt war? Wie mein Schützling wohl reagieren würde, wüsste sie um dieses nächtliches Gespräch in einem dreckigen Hinterraum?
Myriam sah mich an, als würde sie mir augenblicklich an die Kehle springen, sollte ich unserer ehemaligen Lehrerin ehrlich antworten. Liwy sah so aus als warte sie nur darauf die Worte aus meinem Mund zu vernehmen, um mich ebenfalls anzufallen.
Es war wohl besser zu lügen, dennoch ahnte ich, dass sie mich gleich durchschauen würde.
»Nicht direkt«, versuchte ich es also mit einer
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