Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
zu. Wir beiden folgten ihm.
Kaum hatte er sich den kleinen Wasserfall hinunter tragen lassen, wurde Vlain von der Strömung erfasst. Diese trieb ihn, Miri und mich den Gang entlang, der einer Kanalisation ähnelte. Der Strom wurde immer stärker.
Wir konnten nichts anderes tun, als uns tragen zu lassen und darauf zu achten, stets über der Wasseroberfläche zu bleiben.
Abzweigungen und Gitter flogen an uns vorüber, während die Decke über uns sich wölbte und zu Steinquadern wurde, die sich über unsere n Köpfen spannten.
Ab und zu erkannte Vlain Ratten, die ihn aus kleinen Äuglein musterten und ihre dicken Schwänze ringelten.
Der Kotgeruch wurde immer dominanter und überlagerte seine Fährte zusehends. Dennoch klammerte er sich an Crevis Geruch, als würde sein Leben davon abhängen. Andernfalls würden sie die Abzweigung mit Sicherheit verpassen.
Als ihr Geruch stärker wurde, machte er rasch ein paar Schwimmzüge nach rechts und forderte seine Begleiter auf, es ihm nachzutun. Die nächste Abzweigung wäre ihr Ziel.
Vorsichtshalber etwas verfrüht hielt er sich am Randstein fest, wo in einer kleinen Rinne eine brackige Flüssigkeit entlang lief. Ein schwerer Körper schlingerte in ihn hinein, so dass er fast den Halt verlor. »Tschuldige!«, murmelte ich etwas zerknirscht.
Vlain winkte ab und machte sich daran, sich möglichst ohne auszurutschen aus dem Wasser zu ziehen. Nachdem auch ich wohlbehalten auf dem Trockenen lag und Myriam schnell zu uns heraufzog, konnte er es sich nicht länger verkneifen . »Wie in den guten alten Zeiten, was ihr beiden?«
» Ob das hier gut ist, ist wohl etwas fraglich.« Myriam stemmte sich an der glitschigen Wand auf die Beine und betrachtete angewidert den Boden unter ihren nassen Stiefeln. Dann strich sie bedächtig über ihren klitschnassen Mantel und den Rock, bis der Stoff vollkommen trocken war.
Verblüfft verfolgte Vlain das Schauspiel und strich sich die feuchten Haare aus dem Gesicht.
»Wer will als nächstes?«, fragte die alte Dame grinsend.
Nachdem sie auch die Feuchtigkeit aus der Kleidung ihrer Begleiter gezogen hatte, folgten wir dem Tunnel, der an seichteren und weniger wilden Bächlein entlang führte. Dann erreichten wir eine rostige Tür aus Stahl, in der eine kleine Scheibe aus Glas eingelassen war.
»Dahinter sind sie.« Vlain pochte dagegen und wartete.
Ein Gesicht tauchte hinter der milchigen Glasscheibe auf und wenig später hörten wir, wie von innen die Riegel geöffnet wurden und jemand die Klinke herunterdrückte.
Yve erschien im Türrahmen und lehnte sich lässig, die eine Hand in die Hüfte gestützt, dagegen. Sie trug jetzt anstelle der Lederjacke, mit der sie aufgebrochen war, ein kariertes Männerhemd, eine viel zu weite Hose und ihre Füße steckten in einfachen Socken. Ihr Haar war noch immer feucht. Vlain bemerkte, dass eine Wunde an ihrem Arm mit einem weißen Verband umwickelt worden war, ansonsten schien sie wohlauf. Das erste, was sie sagte war: »Warum seid ihr trocken, verdammt noch mal?«
» Magie«, antwortete Myriam mit einem geheimnistuerischen Funkeln in den Augen und wollte sich schon an ihr vorbei drängen, als sie gespielt verlegen hinzufügte: »Ich vergaß mich vorzustellen. Ich bin Myriam. Entschuldige, das macht das Alter.« Ob ihrer letzten Bemerkung musste Vlain schmunzeln. Die Frau schlüpfte anscheinend gern in die Rolle der älteren Dame.
» Yve.« Die Rebellin sah der Hexe hinterher, als hätte diese sie soeben für dumm verkauft. An ihn und mich gewandt fragte sie: »Gab es noch einen anderen Weg, der trockener war?«
Wir tauschten einen kurzen Blick und einigten uns im Stillen darauf, ihre Frage zu übergehen. So trat ich vor und schenkte Yve ein ernst gemeintes Lächeln, um sie zu beschwichtigen. Von einer plötzlichen Erkenntnis getroffen, flüsterte sie : »Oh Gott, du musst Adrian sein! Ich dachte immer, dich würde es gar nicht geben. Ich…« Sie hüstelte. »Vergesst, was ich gesagt habe.« Damit machte sie uns hastig Platz und bat uns herein.
Vlain warf ihr einen dankbaren Blick zu und betrat die Höhle, die sich vor uns auftat.
Staunend schweifte sein Blick über die Vielzahl an Regalen und Tischen, die überall herumstanden und von einer feinen Staubschicht bedeckt waren. Berge von Büchern, alte Landkarten und vergilbte Briefumschläge türmten sich darauf. Die Grotte war ein Ort voller widersinniger Gegenstände.
In einer Ecke stand ein alter Globus, dessen Gestell so verrostet
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