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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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sie Crevi das letzte Mal lächeln sehen?
    » Der Brief.«
    Nichts sonst.
    Und dennoch ahnte sie bereits das Schlimmste. Ihr war nicht entgangen, dass Crevi die letzte Nachricht ihres Vaters sicher unter Verschluss gehalten hatte. Aus welchem Grund? Es zerriss ihr schier das Herz, Crevi so sehr leiden zu sehen. Was war es, das Joseph Sullivan seiner Tochter mitgeteilt hatte? Das sie in den Wahnsinn zu treiben schien?
    » Geht es dir gut, Crevi?«, hatte sie unnötigerweise die Frage gestellt, als sie befürchtete, die Schöpferin könnte jeden Augenblick zusammenbrechen. So blass, so ausgezerrt hockte sie neben ihr und haderte mit ihrer Antwort.
    » Nein.« Mit dunkel umrandeten Augen schweifte sie kurz über Yves Gesicht. »Mir geht es schrecklich.«
    Immerhin eine ehrliche Antwort.
    »Was steht in dem Brief?«
    Nichts hatte Crevi uns mitgeteilt, nur, dass wir einen gewissen Willem Irrwig aufsuchen müssten, um die nächste Perle zu erlangen.
    »Die Wahrheit«, raunte die Schöpferin tonlos.
    » Worüber?«
    » So vieles war eine Lüge…«, sinnierte sie. »Alles falsch…Nichts ist, wie es schien…« Nicht zuletzt, musste sie wohl an Vlain denken.
    » Crevi, was war eine Lüge?«, hakte Yve besorgt nach.
    » Alles!«
    Unerwartet brach die junge Frau in Tränen aus.
    Yve tastete nach ihrer Hand und schloss die zitternden Finger um die ihrer Freundin. Nur langsam löste sich Crevi von ihr, rutschte zum anderen Ende der Matratze und zog ihre alte Ledertasche zu sich heran, in der sie nach dem Brief suchte. Nachdem sie ihn gefunden hatte, öffnete sie betont langsam den Umschlag und holte mehrere beschrieben Bögen hervor, die sie sogleich auseinander faltete.
    Sie benetzte sich die Lippen und holte tief Luft . »Willst du es wirklich wissen?«
    » Alles, was du mir anvertrauen möchtest.«
    » Es ist eine lange Geschichte«, sagte sie und strich sich eine lockige Strähne hinters Ohr. Yve nickte und Crevi begann zu lesen:
     
     
    Liebe Crevi,
    Du hast Dich, mutig wie du bist, meine Tochter, in den Wald von Jwyn gewagt. Ich komme nicht umhin, Dich zu loben. Ich wünschte so sehr, ich könnte Dir persönlich sagen, wie stolz ich auf Dich bin. Ich wünschte, ich könnte jetzt bei Dir sein.
    Ich weiß, welche Gefahren diese Reise birgt. Ich weiß, wie Dir zu Mute ist. Ich weiß um die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die einen viel zu oft überkommt. Und ich sage Dir, Du schaffst das, denn auch ich habe es geschafft!
    Ja, Crevi, es ist wahr. Ich erwähnte bereits, dass ich vor langer, langer Zeit versuchte, ein Gegenmittel für die Verfluchten zu finden, ebenso wie Du es nun versuchst. Wir schrieben das Jahr 1800. Damals wusste ich noch nicht, dass diese Reise mich das Lächeln verlernen lassen sollte.  
    Lächeln ist ein wahrlich seltenes Gut. Wie selten sieht man schon ein ehrliches Lächeln, ein Lächeln ohne Hintergedanken, ein Lächeln strahlend hell wie die Sonne und aus tiefstem Herzen?
    Ich kannte jemanden, der eben dieses Lächeln besaß. Die Frau, an die ich bedingungslos und unwiderruflich mein Herz verloren hatte.
    Joanna war ihr Name.
    Joanna, die ich stets liebevoll Anna genannt und die mich neckisch Jo gerufen hatte.
    Du hast ihr Lächeln, Kleines.
    Dies ist der Grund, weshalb ich sie Dir näher »vorstellen« möchte. Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, aber ich werde mein Bestes geben.
     
    Wie Du weißt, hat es in meinem Leben nie eine Frau gegeben. Nicht, solange es Dich in meinem Leben gab, keine Mutter habe ich Dir bieten können. Ich entschuldige mich für all die Male, die ich von diesem Thema abgelenkt habe. Nun sollst Du es wissen:
    Es gab stets nur eine Frau in meinem Leben.
    Joanna.
    Joanna Sullivan.
    Ich lernte sie auf meiner Suche nach dem Heilmittel kennen. Sie war Messerwerferin, eine junge Frau mit Biss, die wir in einem Zirkus trafen und die sich anbot, uns zu begleiten. Vom ersten Moment an, da sie in mein Leben trat, faszinierte sie mich. Ihre blonde Mähne, ihre blauen Augen und ihr wissender Blick, der auf den Grund der Dinge sah – sie besaß die Gabe, den Fluch, die Wahrheit zu sehen und eine Lüge als solche zu erkennen.
    Kurzum. Sie war ein Teufelskind.
    Zu unserer Gruppe gehörten weiterhin:
    Edmund Catah, dessen Dämon noch nicht geweckt war, jedoch stetig unter der Oberfläche schlummerte. Ein Mann, der sich seiner Andersartigkeit bewusst war und nur auf den fürchterlichen Tag wartete, an dem das Dunkle aus ihm hervorbrechen würde.
    Willem Irrwig, den

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