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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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gehört zu haben, hat seine Abgründe. 
    Tja, bis jetzt konnte sie wohl kaum das Gegenteil behaupten.
    »Welch unentdeckte Talente doch manchmal noch zu Tage treten!«, hatte Ennyd die Offenbarung des Bettlers fröhlich zur Kenntnis genommen. Als er merkte, dass Jayden sich ein wenig unbehaglich fühlte, hatte er hinzugefügt: »Kein Grund zur Verlegenheit, mein Lieber, wir wissen doch alle, dass wir keine Helden sind.«
    Seitdem Jayden sein Geheimnis offenbart hatte, war er – zu Yves Erstaunen – weitaus gesprächiger, als die letzte Zeit. Gerade so, als hätte er sich zuvor zurückgehalten, aus Sorge, er könne sich versehentlich verraten. Sie hatte erfahren, dass er vier Jahre gesessen hatte, dann raus gekommen war und danach nie wieder ein Folterinstrument in die Hände genommen hatte. Aus lauter Gram war er in Lethargie verfallen und seine Visionen hatten begonnen, die ihn schließlich in der Gosse hatten enden lassen.
    So viel dazu.
    Yve war sprachlos gewesen.
    »Gehen wir?«, schlug Vlain vor und riss sie somit aus ihren Gedanken. »Wir wollen Will doch nicht verpassen.«
    » Natürlich.« Sie schüttelte den letzten Rest ihres Unbehagens ab und griff ohne das geringste Zögern nach Vlains Hand. Er sagte nichts dazu, ebenso wenig wie sie. Sie hatte nur ein Gefühl, ganz unbestimmt, dass es das Richtige war.
     
     
    Das Windspiel war bei Nacht weitaus beeindruckender, als bei Tageslicht.
    Yves Herzschlag beschleunigte sich. Sie war bereits am Vortag gemeinsam mit Jayden und mir hier gewesen, um das Lokal genauestens unter die Lupe zu nehmen und etwaige Fluchtmöglichkeiten zu berechnen, sollten wir aus irgendeinem Grund Aufsehen erregen. Jayden hatte diese Aufgabe ebenso sorgfältig erledigt wie den Einkauf ihres Kleides, den Erwerb der Folterinstrumente, die angeblich nur zur Einschüchterung dienten, und verschiedenster Utensilien für die Passfälschung, der sich Ennyd persönlich angenommen hatte.
    Das Geld, das wir dafür ausgegeben hatten, stammte aus Crevis Erbe. Yve fragte sich kurz, was der Schöpfer wohl davon gehalten hätte, wüsste er, dass sein Vermögen dafür verwendet wurde, die Entführung eines seiner alten Freunde zu finanzieren.
    Insgeheim war sie aber froh, dass es uns zumindest an Geld nicht mangelte. Sie hätte allerdings auch nicht daran gezweifelt, dass Ennyd andernfalls vor der Entführung des Professors einen kleinen Bankraub eingeplant hätte.
    Mit einem Ruck kehrte sie erneut in die Wirklichkeit zurück. Yve hatte heute Schwierigkeiten sich zu konzentrieren.
    Gemeinsam mit Vlain und mir stakste sie auf das hell erleuchtete Lokal zu. Die Front bestand aus Buntglas. Dahinter erkannte man vereinzelt dunkle Silhouetten, verschwommene Bewegungen und schimmernde Lichtreflexe, die ihre Wirkung bis hinaus auf die Straße entfalteten. Man hörte gedämpfte Musik, Gelächter und vereinzelte Gesprächsfetzen wehten hinaus in die Dunkelheit.
    Yve schaute die Fassade des Hauses hinauf. Die Räumlichkeiten erstreckten sich über mehrere Etagen und für den Fall der Fälle könnte es überaus unwillkommen unübersichtlich werden. Keine ermunternden Aussichten. Dazu kam, dass sie größtenteils auf sich allein gestellt sein würde, da Irrwig ihre beiden Begleiter allzu leicht würde erkennen können.
    Bringen wir es also hinter uns.
    Im Inneren schlug Yve eine geradezu stickige Hitze entgegen. Kaum hatten wir uns ein wenig vom Eingang entfernt, war von der Winterkälte nichts mehr zu spüren. Überall duftete es nach teurem Wein und Schweiß. Sie konnte sich nicht einmal entscheiden, welchen der beiden Gerüche sie abartiger fand.
    Gemächlich begann sie sich aus ihrer Jacke zu schälen und bestaunte die Galerie oberhalb der Tanzfläche, die man über eine Wendeltreppe erreichen konnte. Direkt darunter befand sich die Bar, an der sich die Gäste vorm Tanzen drückten oder sich eine Pause gönnten. Die Stimmung war ausgelassen, munter und beinahe hätte Yve sich davon mitreißen lassen, besann sich jedoch ihrer Aufgabe. Sie war nicht hier, um sich zu amüsieren.
    Verschwörerisch zwinkerte sie Vlain, der eben seinen Mantel an die Garderobe gehängt hatte, zu, machte eine Kopfbewegung in Richtung Saal und verabschiedete sich.
    Am besten sie begann gleich damit , sich unter die Menschen zu mischen. So würde sie am ehesten erfahren, ob sich ihre Zielperson denn überhaupt in dieser Nacht hierher verirrt hatte. Irrwig war Stammgast, mit Sicherheit wussten einige der Kellner über sein Auftauchen

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