Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
treffen. Also noch einmal: Ich bin Liwy Venom, Mitglied der Bande, auch als die Schlange bekannt, und ich bin in einem Spezialauftrag hier, um dir ein Angebot zu machen.«
» Ein Angebot?« Sie brauchte nur wenige Sekunden, um eins und eins zusammenzuzählen. »Wie kommen Sie bloß auf die Idee, ich sei so leicht zu bestechen? Glauben Sie wirklich, ich würde Crevi verraten?«
» Psst, psst, psst«, machte ihre unliebsame Gesprächspartnerin rasch, hob einen Finger und versicherte sich schleunigst, dass niemand in ihre Richtung schaute. »Nicht so laut. Wir wollen doch nicht, dass irgendjemand auf uns aufmerksam wird. Nein, das wollen wir doch lieber vermeiden.«
Erst jetzt nahm Yve sich die Zeit, die Dämonin genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie war in ein hellgrünes Samtkleid gehüllt, das knapp oberhalb ihrer Knie endete, infolgedessen skandalös viel Bein entblößte und ein echter Blickfang war. Dazu hatte sie sich einen passenden Seidenschal um die Schultern gelegt. Die Haare trug sie hochgesteckt, wodurch ihr bildhübsches Gesicht betont wurde.
Was allerdings das Wichtigste war: Auf den ersten Blick konnte Yve keinerlei Waffen bei ihr ausfindig machen. Sie musste sich jedoch eingestehen, dass dies die Frau keinesfalls weniger gefährlich machte.
» Was also wollen Sie von mir?« Sie versuchte, unbeeindruckt zu erscheinen und musterte Liwy von oben herab, was dadurch, dass die andere etwas mehr als einen halben Kopf kleiner als sie selbst war, noch verstärkt wurde.
» Du willst also doch noch mehr hören?«
» Spucken Sie’s schon aus, Schlange!«
» Immer sachte. Erst wenn du deine beiden Schatten losgeworden bist. Dann können wir uns in aller Ruhe zurückziehen und darüber sprechen.«
Yve gefiel der Gedanke überhaupt nicht, mit der meist gefürchteten Frau der Bande unter vier Augen zu sprechen und dabei unbeobachtet zu sein. Und wenn es nur für ein paar Minuten wäre. Es sah allerdings nicht danach aus, als wäre Liwy gewillt, ihr Schweigen vor aller Augen und Ohren zu brechen, daher holte sie tief Luft und unterdrückte ihr Unbehagen. Sie hob, ohne sich umzudrehen die Hand, und hoffte, dass Vlain und ich ihr Zeichen nicht fehl deuteten.
Liwy gab sich zufrieden und deutete kaum merklich auf eine Tür, die sich etwas abseits der Feiernden befand . »Die Damentoilette?«, vergewisserte Yve sich zweifelnd.
» Männerfreie Zone«, war alles, was ihre Begleiterin daraufhin mit einem Schulternzucken erwiderte. »Ich will nur auf Nummer sicher gehen.«
» Schon klar.«
Erst als sie sich in trauter Zweisamkeit vor dem Spiegel vor den Toilettenkabinen lümmelten und Liwy wie nebenbei ein kleines Kulturtäschchen aus ihrer Handtasche beförderte, brach Yve das Schweigen . »Was kommt jetzt? Haben Sie darin die Knarre, mit der Sie…?«
» Wie phantasielos von dir, Yve«, kicherte die Schlange und wirkte aufrichtig erheitert. Sie holte einen hellrosa Lippenstift hervor und trug ihn auf. »Wenn ich dich umbringen wollte, bräuchte ich dafür wohl kaum eine Pistole.«
» Also tragen Sie keine Waffe bei sich?«
» Man kann nie vorsichtig genug sein.«
Reflexartig tastete sie nach dem Griff eines ihrer Stilette und ließ ihre Feindin dabei nicht aus den Augen. Liwy hingegen wirkte bekümmert, als sie ihr Misstrauen bemerkte.
»Bin ich wirklich so Furcht einflößend, Yve? Habe ich auf irgendeine Weise den Eindruck erweckt, ich wolle dir etwas antun? Nein, ich denke nicht. Sieh her.« Liwy griff sich an den Kopf und zupfte eine ihrer Haarnadeln aus ihrer Hochsteckfrisur. Voller Erstaunen erkannte Yve, dass die Enden der Nadeln mit kleinen Pfeilspitzen besetzt waren und von einer undefinierbaren Flüssigkeit überzogen wurden. »Das ist Gift«, erklärte ihr Gegenüber seelenruhig. »Mein eigenes. Mehr trage ich nicht bei mir. Und das Zeug ist zudem nicht für dich bestimmt. Ich finde es ist stilvoll. Obwohl die Idee mit dem Korsett auch nicht schlecht ist. Ist nur immer so unbequem und eine Schlange sollte meiner Meinung nach mit Gift arbeiten.«
» Ja.«
Mehr wusste sie darauf nicht zu sagen.
»Wie du schon richtig erraten hast, bin ich hergekommen, um dich für uns zu gewinnen. Das ist wiederum nicht sehr stilvoll. Dass wir uns dazu herablassen müssen, eine Verbündete unseres Feindes zu bestechen. Na ja, die Bande hat auch schon bessere Zeiten gesehen…«
» Ich bin nicht bestechlich.«
» Nur nicht zu voreilig. Jede Frau ist bestechlich.«
» Ich nicht.«
Schweigen.
»Zier dich nicht
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