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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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Frage wieder auf und legte die schwarzen Stoffmasken auf eines der Regalbretter.
    Das Gespräch erstarb für eine Weile. Crevi nutzte die Gelegenheit und machte es sich in dem zerfledderten Ohrensessel bequem.
    » Ah, sie kommen«, sagte Ennyd auf einmal, setzte sich seinen seltsamen Hut auf den Kopf, zupfte seine Augenklappe zurecht und strich sich das nach wie vor schlampig aussehende, schwarze Jackett glatt. Dann hüpfte er voller Tatendrang die Treppe hinauf, die bei jedem seiner Schritte ein bedenkliches Ächzen verlauten ließ.
    Jayden lehnte sich neben Crevi an die Wand und faltete die Hände vor dem Bauch. Zuerst dachte Crevi, er versuche lediglich seine innere Ruhe vor der Tat zu finden. Bis sie bemerkte, dass sich seine Lippen kaum merklich bewegten und leise Worte murmelten. Er betet! Sie konnte nicht sagen, warum sie so erstaunt darüber war. Vielleicht hatte sie nur nicht damit gerechnet, dass ein Mann Schwerverbrecher und gleichzeitig gläubig sein konnte. Gerade jetzt erkannte sie, dass sie kaum etwas über den Bettler wusste.
    Von oben vernahm sie undeutlich die Stimmen ihrer Freunde, die zufallende Tür, das Geräusch der Riegel und die ersten Schritte auf der Treppe. Yve kam als erste in ihr Blickfeld. Kaum hatte sie den Fuß der Treppe erreicht , schleuderte sie etwas, das Crevi im Flug undeutlich als ihre Schuhe identifizieren konnte, in eine Ecke. Gleich darauf begrüßte sie sie und Jayden, der nun wieder bei sich war.
    Nur wenig später folgten Vlain, Ennyd und ich, die umständlich versuchten, den Professor die Treppe hinunterzuschaffen.
    Unten angekommen zerrten wir den Mann auf die Liege, die in der Sitzposition verankert war, und schnallten seine Handgelenke und Beine in die dafür vorgesehen Halterungen. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass die Sicherheitsvorkehrungen stimmten, ging Ennyd zu der offenen Leitung unterhalb des Fensters und füllte dort einen Eimer mit Wasser.
    Während dieser Zeit schlug Crevi das Herz bereits bis zum Hals. Sie schaffte es nicht einmal, eine Bemerkung zu machen, als Yve sich auf die Lehne des Sessels neben sie hockte und sich eine Pfeife anzündete, obwohl sie es normalerweise überhaupt nicht haben konnte, wenn die Rebellin in ihrer Gegenwart rauchte.
    Im Augenblick waren ihr all diese Nebensächlichkeiten unwichtig.
    Jede Sekunde würde sie in das Gesicht des Mannes blicken, deren Tochter sie war. Es hatte etwas Unwirkliches an sich.
    Ennyd stellte das Wasser ab und trug den Eimer zu Willem Irrwigs reglosem Körper hinüber. Unter einigen Mühen wuchtete er den Behälter in die Höhe und schüttete dem Professor unvermittelt das eiskalte Wasser mitten ins Gesicht.
    Hustend und prustend kam der Gefangene wieder zu sich. Mit einem Ruck zog Vlain ihm den Sack vom Kopf. Riss ihm den Knebel aus dem Mund.
    Nach Luft schnappend und mit großen Augen erfasste Willem Irrwig die Lage. Er starrte auf seine Hände und Füße, an die Decke, die Treppe und wanderte schreckensbleich von einem Gesicht zum anderen. Sein Atem wurde dabei immer abgehackter, je mehr er die missliche Situation, in der er sich befand, begriff.
    Crevi war von seinem Anblick wie gebannt. Er trug eine schicke Hose, einen Leibrock und darunter ein feines Hemd, über das sich ein gelblicher Fleck ausgebreitet hatte. Das dunkelbraune, fast schwarze Lockenhaar klebte ihm samt seines Kinnbärtchens nass am Kopf. Sein Gesicht hatte in etwa die Farbe seines weißen Hemdes angenommen und seine Hände ballten sich, soweit es die Handfesseln zuließen, zu Fäusten.
    »Wer…wer sind Sie?«, verlangte er mit sich überschlagender Stimme zu wissen. »Was wollen Sie von mir?«
    » Danken Sie der guten Miss Bostwick«, antworte Vlain ihm und musterte ihn mitleidlos. Crevi fühlte sich unbehaglich beim fremden Klang seiner Stimme. »Wie ich vor ein paar Tagen bereits angekündigt habe, werden wir unsere nette Unterhaltung nun fortsetzen. Mit ein wenig mehr Gesellschaft, aber ich hoffe, das stört Sie nicht.« Er machte eine Handbewegung, die die übrigen Anwesenden in etwa erfasste.
    » Sie!« Irrwig nahm noch einmal den Raum in sich auf. »Ich weiß, wer Sie sind! Ich kenne Sie, Sie alle. Hören Sie? – Wo ist die Schöpferin? Und wo ist das Luder, das mich angemacht hat?«
    Yve zog ein Gesicht . »Halt lieber die Klappe, alter Mann.«
    » Hören Sie«, ergriff Vlain wieder das Wort. »Wir wollen das hier wirklich ungern in die Länge ziehen. Machen wir am besten gleich da weiter, wo wir aufgehört haben.

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