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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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bestimmt. Wir waren auf dem Weg nach Osten. Nach Jurok, einem Dorf unweit des Zagrin-Dons. 
    Wir befanden uns auf einem Landweg, der weder patrouilliert noch anderweitig überwacht wurde, was beunruhigend war. Ich hatte keine Ahnung, wie weit die nächste Herberge entfernt sein würde, vertraute hierbei jedoch ganz auf meine Instinkte, die behaupteten, eine Unterkunft sei nicht mehr weit. Ein wenig verwirrend vielleicht, aber meine Erinnerungen schienen d iesen Ort zu kennen, ihn wiedererkannt zu haben, ohne dass mir bewusst war, dass ich tatsächlich schon einmal hier gewesen war.
    Das war wohl das, was mich am meisten beunruhigte.
    Der Entzug. Anders ließ sich dieses Phänomen nicht erklären. Vlain hatte recht. Bedauerlicherweise. Daher gab ich mir nun die größte Mühe, nicht länger auf die Manipulation zurückzugreifen, mit der ich alles, was war, zurückgedrängt hatte. Sahen wir der Vergangenheit also ins Gesicht!
    Es war irritierend über ein Wissen zu verfügen, das ich längst verloren geglaubt hatte, aber gleichzeitig derart berauschend, dass ein winziger Teil von mir es nicht mehr missen wollte. Wenngleich mich dieses Wissen unweigerlich mit Aimees Tod konfrontierte. Auf eine verquere Art und Weise fühlte ich mich wieder vollständig. Es war nicht länger so, als würde mir etwas fehlen. Etwas, das in meinem Gedächtnis eine ständige Lücke eingenommen hatte. Gleichzeitig fühlte ich mich unsagbar schwer. Zum ersten Mal seit ich der Garde beigetreten war, fühlte ich mich alt.
    »Was denkst du?«, fragte sie mich plötzlich und hob den Kopf.
    Beinahe wäre ich vor Schreck aus der Haut gefahren. Hatte ich Crevis Gegenwart doch fast vergessen! Habe ich erwähnt, dass es manchmal schwierig ist, sich daran zu erinnern, eine Ewigkeit alleine verbracht zu haben? Wenn nicht, tue ich dies jetzt. Gerade jetzt, da mir all die Gedanken meines längst vergessenen Lebens durch den Kopf gingen, erschien es mir unwirklich, jemanden an meiner Seite zu wissen. Wie viele Jahre war ich einsam gewesen? Zu viele.
    » Wie meinst du das?«, erwiderte ich nach einer Weile.
    Crevi lehnte sich zurück . »Du bist angespannt, Adrian.«
    » Ich bin auf Entzug.«
    Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen und trotzdem fiel es mir nicht schwer, ihren verständnislosen Blick zu erahnen . »Nicht das wieder! Bitte nicht. Ich dachte, das hätten wir hinter uns«, stöhnte sie gespielt vorwurfsvoll. »Fängst du etwa wieder mit der Geheimniskrämerei an?«
    » Geheimniskrämerei?«
    » Du weißt schon. All dieser mystische Kram.« Sie versuchte, ernst zu klingen, was ihr furchtbar misslang.
    Ich musste lachen.
    »Was?«
    » Soll ich es dir erklären?«, gab ich immer noch kichernd nach.
    » Wär schon mal ein Anfang.«
    » Wie du weißt, können wir Seelendiebe die Menschen vergessen lassen – sie also manipulieren, indem man etwas >ungeschehen< macht.« Ich räusperte mich. »Der Punkt ist, ich manipuliere nicht mehr.«
    » Warum nicht?«
    Innerlich seufzte ich. Es hatte auf diese Frage hinauslaufen müssen . »Vlain hat mir gezeigt, dass es keinen Sinn hat, die Dinge ungeschehen machen zu wollen, nur weil sie einem im Nachhinein nicht passen oder einem das Leben leichter machen, wenn alle der Annahme sind, dass sie sich niemals ereignet hätten. Denn der Irrglaube hat seine Grenzen und kann die Wahrheit nicht gänzlich übertünchen, sondern sie nur begrenzt von einem fernhalten. Es geht dabei unter anderem um Selbsttäuschung.« Eine ganz dezente Andeutung? , fragte ich mich gleich darauf selbst.
    » Du…hättest es ruhig tun können, wenn du dich dann besser fühlen würdest«, meinte Crevi. Bevor ich sie fragen konnte, wovon sie sprach, fuhr sie bereits fort: »Es wäre in Ordnung gewesen. Wirklich. Ich hätte nichts dagegen gehabt, nicht mehr an Irrwigs Leiche denken zu müssen.«
    Irrwigs Leiche?
    »Warte«, bat ich sie und versuchte, dem Chaos Herr zu werden, das sich in meinem Kopf entfaltete. Auf einmal gab es da viel mehr Leichen, als ich mir jemals hätte vorstellen können. Da waren Tote, deren Gesichter im Strom der Zeit unkenntlich geworden waren, zeitgleich Schreie, die noch genauso markerschütternd wirkten, wie vor fünfzig Jahren.
    Es war eine Galerie.
    Eine grausame, verzerrte und albtraumhafte Galerie, die man nur betrat, wenn einem keine andere Wahl blieb. Eine Ausstellung der Toten. Ein Schlachtfeld. Beinahe schmeckte ich das metallische Aroma auf der Zunge, roch ich den urtümlichen Dunst des Todes, von Blut und

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