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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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ihm von den Vertretern des neuen Regimes nicht vergessen. Zu Kaspar Lechners Pech hatte der Kreisleiter Vogl auch noch den Posten des Bürgermeisters übernommen und ließ keine Gelegenheit aus, Lechner, den katholischen Staatsbeamten, an den Parteipranger zu stellen. Nach dem neuesten Zusammenstoß wußte sich Lechner keinen Rat mehr. Um vier Uhr in der Früh hatte er an Thereses Verschlag geklopft.
    »Frau Doktor, ich bin’s, der Lechner.«
    Therese schob sich näher an die Tür des Verschlags, die Lechner jetzt vorsichtig öffnete.
    »Ich hab wieder Streit mit der SA«, flüsterte Lechner, und Therese konnte an seiner Stimme hören, daß der Hauptwachtmeister vor Empörung immer noch zitterte. Lechner berichtete ihr, daß er um ungefähr halb drei Uhr in der Nacht zum Gasthof »Adler« geholt worden sei. SA-Leute, Offiziere der Wehrmacht und andere führende Parteimitglieder seien dort einquartiert, und sie hatten gegen zwei Uhr angefangen, grölend vor dem Gasthaus dem Führer ein Ständchen darzubringen. Die Anrainer hatten sich bald über den Saustall beschwert und Lechner gerufen, der hinging und die Ruhestörer höflich bat, zu Bett zu gehen. Doch die SA-Leute fielen sofort über Lechner her. Einer schrie, er kenne den Lechner, der habe ihm vor Jahren mal sein braunes Hemd ausziehen wollen, der sei ja überhaupt nur pro forma ein Nazi.
    Lechner hatte Mühe, sich gegen die SA zu wehren, die ihn drohend einkreiste. Da ging der Wasensteiner Bartl, Heißbauer von Wiesham, dazwischen. Er hatte sein Anwesen neben dem Adlerbräu und war durch den Krach in seiner kurzen Nachtruhe gestört. Er eilte nun dem Hauptwachtmeister zu Hilfe und wurde von den SA-Leuten angegriffen, so daß Lechner schließlich seine Pistole zogund schrie, daß er alle verhaften würde, wenn sie nicht sofort Ruhe gäben.
    »Für diesmal sind s’ noch gegangen«, sagte Kaspar Lechner zu Therese, »aber die kommen wieder, des weiß i. Wenni des jetzt dem Polizeioberkommissär melde, dann is ganz aus. Dann bring i sie no mehr gegen mi auf. Und wenn die erst amal anfangen, bei mir rumzuschnüffeln, dann sind Sie auch nicht mehr sicher.«
    Therese hatte begriffen, daß Lechner die Haltung vieler Wieshamer verkörperte, die in ihrer Begeisterung gegenüber der Partei keineswegs schrankenlos oder einhellig war. Das zeigte sich vor allem bei den Maifeiern der letzten Jahre, wo die Wieshamer offensichtlich durch andere dringende Beschäftigungen an ihrem Erscheinen gehindert wurden. Die Belegschaft der Papierfabrik blieb sogar geschlossen fern. Und dann zeigte sich auch noch, daß der Maibaum angesägt, angebohrt und mit Schwarzpulver gefüllt war. Auch diesen Sabotageakt hatte Kaspar Lechner nicht aufklären können und seiner vorgesetzten Behörde als Bubenstreich zu erklären versucht.
    Therese wußte, daß viele Bürger, vor allem die Bauern, schon deshalb dem Regime eher ablehnend gegenüberstanden, weil die Hitler-Jugend auch auf dem Land die jungen Leute der elterlichen Kontrolle entzog. Sie halfen nicht mehr auf dem Feld, denn sie mußten HJ-Dienst machen. Die BDM-Mädchen konnten auch leichter der elterlichen Fuchtel entkommen und sich mit den Hitlerjungen treffen. Immer wieder liefen bei Kaspar Lechner Anzeigen ein gegen Bauern, die über die Partei schimpften. »Ständig müssen die Kinder zu den Appellen, da lernen sie nur lügen und stehlen. Huren werden sie und Strolche.« Ein anderer Bauer hatte im Wirtshaus geschrien, daß die Kinder bei der HJ verdorben werden, weil die Eltern sie ja nicht mehr in der Hand haben. »Die ganze HJ ist einSchmarrn. Nur draußen herumrennen ohne Sinn und Verstand. Da geb ich meinen Sohn nicht her, zu den dressierten Affen.«
    Lechner hatte die Anzeigen nicht weitergeleitet, weil er genau wußte, daß das Sondergericht in München nach dem Heimtückegesetz solche Leute empfindlich strafte. Sie nach Dachau ins Konzentrationslager brachte. Er flehte die betreffenden Leute an, das Maul zu halten. Länger könne er sie nicht mehr decken. Kaspar Lechner durfte sich nicht noch mehr Ungehorsam leisten. Daher sagte ihm Therese, daß er unbedingt den nächtlichen Vorfall seinem Vorgesetzten melden müsse.
    »Kaspar, Sie dürfen keine Rücksicht auf mich nehmen, Sie müssen den Vorfall melden. Wenn Sie es nicht tun, können die SA-Leute Sie erpressen. Die glauben dann, daß Sie Angst vor ihnen haben.«
    »Des fehlt mir grad noch«, sagte Kaspar Lechner und zog sich zurück. Er wollte sich alles noch einmal in Ruhe

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