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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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hervorragendes Abitur gemacht und begonnen hatte, Medizin zu studieren. Bis die Partei es verbot.
    Wie seine Schwester Anni nannte auch Kaspar Lechner Therese seit ihrer Heirat Frau Doktor. Thereses Protest galt nicht. Auch Maxl Lechner übernahm diese Anrede von seinem Vater. Nur Loni redete Therese mit Frau Rheinfelder an. Es ärgerte Loni, daß diese Jüdin, die doch für jeden Tag dankbar sein mußte, den sie bei den Lechners überlebte, die das Leben der Lechners mit ihrem Dasein aufs äußerste gefährdete, daß diese Jüdin auch noch hofiert wurde.
    Bei Thereses Ankunft im Sommer 1942 hatte Loni, wie viele Deutsche, noch fest an Hitlers Endsieg geglaubt. Und Therese war ihr eine Bedrohung, ja Besudelung ihrer Existenz gewesen, die sie nicht abschütteln konnte. Denn eine tote Therese wäre ihr ebenso gefährlich geworden wie die lebende. Immer häufiger erschienen in der Gendarmerie Gestapoleute, die nach geflüchteten Juden suchten. Doch niemals suchte man im Haus der Lechners, so daß Loni sich wenigstens im Kreis der NS-Frauenschaft entspannen konnte. Vor zehn Jahren war Loni eingetreten und hatte seitdem gelernt, daß sie zur richtigen Rasse gehörte, eine erbgesunde Frau war. Gut, wahr und treu, wie alle richtigen Deutschen. Loni wußte auch, daß Juden keine richtigen Menschen waren, sondern minderwertig, Gegenmenschen. Nur die Deutschen, so hörte sie, wären Nachkommen der Germanen, der Herrenmenschen. Der Führer, der die Zukunft gestalten wollte, brauchte dazu heroische Frauen. Damen, die faul herumlungerten und nichts anderesim Kopf hatten als Studieren und Schwadronieren, die waren für die neue Zeit nicht geeignet. Loni hatte es doch am besten gesehen an den Damen des Hauses Suttner. Thereses Elternhaus. Die Mutter hatte von morgens bis abends gemalt, die Töchter hatten studiert. Die eine Medizin, die andere Gesang. Das waren doch wirklich Schmarotzer am deutschen Volk. Woher hatten sie das Geld? Die Villa? Die Pferde? Das Automobil? Das hatte ihr Vater, der jüdische Fabrikant Suttner, doch den Ariern abgegaunert mit seiner Fabrik, mit dem Kaufhaus. Loni fand es nur gerecht, daß diese Familie, die so lange in Saus und Braus gelebt hatte, daß die jetzt einmal lernte, wer wirklich Herr war in Deutschland.
    Das herrliche deutsche Volk. Kein anderes Volk war so edel. Und Loni wurde sich immer wieder bewußt, daß auch sie einen hohen Wert hatte als reine Arierin, die sie ja war. Es hatte lange gedauert, bis Loni aus einer dumpfen, rohen Existenz auf diese lichtvolle Seite des Lebens gelangt war. Und das dankte sie allein dem Führer. Denn bei Lonis Start ins Leben war sie weder edel noch gut, noch wahr noch treu gewesen. Als zweites Kind der Aushilfskellnerin Dora Hütte war Loni in Olpe in Westfalen geboren worden. Sie hatte stets gekränkelt, wochenlang nur geschrien, so daß schließlich die Großmutter immer öfter die Betreuung übernehmen mußte, wenn die Mutter Arbeit hatte. Loni lernte früh, daß sie lästig war. Und sie fand lange Zeit nur einen Ausweg: immer neue, immer bedrohlichere Krankheiten. Durch geduldiges Ausharren auf dem Außenabort, selbst im klirrenden Frost, brachte sie es auf eine gefährliche Lungenentzündung. Und im nächsten Jahr konnte sie mittels einer Gelbsucht wochenlang unbehelligt das Bett hüten. Endlich, mit acht, wurde sie doch eingeschult, und sie stellte verwundert fest, daß sie in der Schule nicht überflüssig war. Im Gegenteil. Man führte Buch überihr Erscheinen. Sie war Apollonia Hütte. Und im sechsten Schuljahr schenkte ihr der Lehrer ein Poesiealbum mit der Widmung »Wahrhaft, treu und edel, sei ein Deutsches Mädel«.
    Nach sechs Jahren hatte Loni die Volksschule beendet. Sie hatte zweimal die Klasse überspringen können und bekam eine Eins in Schönschrift. Danach versank Lonis Ich mangels Interesses ihrer Umwelt wieder in dumpfe Ödnis. Ihre Mutter besorgte ihr eine Stelle im Haushalt, als Dienstmädchen einer Gärtnerfamilie, wo sie nach der Hausarbeit noch in der Gärtnerei arbeiten und vor den Überfällen des Gärtners gewappnet sein mußte. Die Gärtnersfrau, an Spannungsverhältnisse zwischen ihrem Mann und den Dienstmädchen gewöhnt, war ein gewisser Schutz durch ihre Wachsamkeit. Als es dem Gärtner jedoch gelang, Loni im Treibhaus zu überwältigen, und Loni der Gärtnersfrau das Vorgefallene dann berichtete, nahm diese Partei für ihren Mann, schalt Loni eine Verlaufene und warf sie hinaus.
    Als Loni in die NS-Frauenschaft eintrat,

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