Beseelt
Curran und Nevin kennen mich doch kaum.“
„Offensichtlich haben sie die kurze Zeit, die sie auf der Burg verbracht haben, gut genutzt. Sie haben zugehört und beobachtet. Du weißt doch, wie die Leute im Clan es lieben, zu reden, und je mehr sie erzählen, desto toller werden die Geschichten. Du hast Elphame in der Nacht nicht nur einfach im Wald aufgespürt – du hast sie inmitten eines tosenden Sturms gefunden.“
„Ich habe nichts in der Art getan. Der Sturm begann erst, als wir auf dem Heimweg waren. Und es wurde auch erst dunkel, als wir Elphame schon gefunden hatten.“ Sie versuchte, genervt zu klingen, aber sie konnte das Lächeln nicht unterdrücken, das um ihre Mundwinkel zuckte.
„Und dann ist da die Geschichte von Fand“, fuhr Cuchulainn fort und rutschte in seinem Sattel herum, als fühle er sich unbehaglich.
Brighid runzelte die Stirn. „Und wer hat ihnen davon erzählt?“
Er zuckte mit den Schultern und trieb seinen Wallach an. „Sie haben gefragt. Und sie können sehr beharrlich sein, wenn sie etwas wissen wollen.“
„Mit
sie
meinst du Curran und Nevin?“, fragte Brighid an seinen breiten Rücken gewandt.
„Nein. Mit
sie
meine ich die Kinder.“
In dem Moment drang ein Geräusch an das empfindliche Gehör der Jägerin. Es erinnerte sie an das Gezwitscher vieler Vögel. Cuchulainns Pferd richtete die Ohren ebenfalls nach vorn.
„Denk daran, ich habe dich wegen der Kinder vorgewarnt“, rief er ihr über die Schulter zu.
Vorgewarnt? Brighid runzelte die Stirn. Er hatte sie wegen überhaupt nichts vorgewarnt. Er hatte sie nur gefragt, ob sie Kinder mochte. Was zum Herrn der Unterwelt ging hier vor?
Sie bogen um eine weitere Kurve, und Brighid schlug einen schnelleren Schritt an, um zu Cuchulainn aufzuschließen. Der Weg wurde breiter und führte direkt in das Herz der Siedlung, in der sich kleine geflügelte Wesen versammelten, die aufgeregt schnatterten. Als die Kinder sie erblickten, erstarb ihr Geplapper, und kollektives Luftschnappen war zu hören, das sie an das Gurren von Tauben erinnerte.
„Oh, große gütige Göttin“, murmelte sie. „Das sind ja unglaublich viele.“
„Ich habe versucht, es dir zu sagen“, sagte Cuchulainn leise. „Wappne dich. Sie sind genauso lebhaft, wie sie klein sind.“
„Aber wie kann es so viele geben?“ Brighid ließ den Blick über die Gruppe schweifen und versuchte, die Kinder zu zählen.
Zehn … zwanzig … vierzig
. Es waren mindestens vierzig kleine Gestalten. „Ich dachte, du hättest gesagt, es gäbe insgesamt ungefähr einhundert Hybriden. Bringen sie mehrere Junge auf einmal zur Welt?“
„Nein, normalerweise nicht. Die meisten dieser Kinder haben keine Eltern mehr“, erwiderte der Krieger grimmig.
„Aber …“
„Später“, sagte Cuchulainn. „Ich erkläre dir alles später. Jetzt werden sie nicht lange ruhig bleiben können.“
„Was werden sie tun?“
Der Krieger schenkte ihr ein kurzes Lächeln. „Nichts, wogegen du dich wehren kannst, glaub mir.“
Durch die wartende Gruppe ging ein Zittern, und Cuchulainn sagte: „Komm. Es ist am besten, sich ihnen direkt zu stellen.“
Seite an Seite machten sie noch ein paar Schritte und blieben direkt vor den Kindern stehen. In diesem Moment trat eine reizende geflügelte junge Frau vor, um sie zu begrüßen.
Cuchulainn stellte sie einander vor: „Ciara, das ist die Jägerin des MacCallan-Clans, Brighid Dhianna. Brighid, Ciara ist die Schamanin der Neuen Fomorianer.“ Er deutete auf die geflügelten Männer, die Ciara gefolgt waren. „Curran und Nevin kennst du ja.“
Die Zwillinge nickten ihr lächelnd zu. Ihr fiel sofort auf, wie gut die beiden aussahen. Bei ihrer letzten Begegnung waren ihre Flügel zerfetzt gewesen. Nun wirkten sie gesund, nur feine, rosarote Linien durchzogen die zarten Membranen noch. Einer der Zwillinge sprach, aber Brighid wusste nicht, ob es Curran oder Nevin war.
„Wie schön, Euch wiederzusehen, Jägerin.“
„Wir sind alle so erfreut, dass Ihr gekommen seid, Brighid Dhianna, berühmte Jägerin der MacCallan“, sagte der andere.
Brighid versuchte, sich nicht von der Horde zuschauender Kinder ablenken zu lassen, doch ihr Blick wurde immer wieder wie magisch von ihren kleinen Gesichtern angezogen, die durchweg ein strahlendes Lächeln und scharfe Zähne zeigten. Die Flügel der Kleinen zitterten vor Vorfreude und Aufregung. Welpen, dachte sie. Sie sahen aus wie eine zappelnde Meute gesunder, glücklicher, geflügelter
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