Beseelt
Dhianna-Herde.“
„Nein, Schwester, ich denke nicht, dass du das tun wirst.“ Während Bregon sprach, schlich sich ein verschlagener Ausdruck in seine Augen. Er bewegte sich auf den Kelch zu.
Mit der Anmut eines Meisterkriegers trat Cuchulainn elegant zwischen ihn und den Kelch.
„Ich würde lieber noch einmal darüber nachdenken, Bregon“, sagte er mit trügerisch sanfter Stimme.
Bregon blieb stehen, dann nahm sein Gesicht einen amüsierten Ausdruck an.
„Ein Mensch?“
„Sieh nur, Brighid, gerade als ich an der Intelligenz deines Bruders zu zweifeln beginne, überrascht er mich mit seiner scharfen Auffassungsgabe“, sagte Cuchulainn freundschaftlich.
Brighid lachte laut heraus und hatte Mühe, sich wieder in den Griff zu bekommen. Ihr Lachen schien Bregon anzustacheln.
„Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen, du unverschämter kleiner Mann?“
Cuchulainn hob die Brauen, als hätte Bregon ihn gerade amüsiert und nicht beleidigt. „Es stimmt, ich bin nur ein Mensch, aber das …“, er schwang das weiß leuchtende Schwert, „… macht meinen Mangel an Hufen wieder wett.“
„Du bist in der Anderswelt, Dummkopf. Schwerter sind die Waffen der physischen Welt. Hier brauchst du Macht, die dir von den Geistern verliehen wird. Eine Macht wie diese.“
Bregon stieß die Hände in die Luft, als wollte er Insekten fangen. Dabei murmelte er ein paar unverständliche Worte und warf ein unsichtbares Nichts in Cuchulainns Richtung. Instinktiv hob der Krieger sein Schwert und eine Kugel aus Licht knisterte und zerbarst an der Klinge.
„Aber das ist unmöglich“, stotterte Bregon. „Es sollte dich nicht beschützen können. Es gehört in die reale Welt.“
Cuchulainn verzog die Lippen zu einem animalischen Grinsen. „Es ist die Seele eines Schwertes. Na, wer ist nun der Dumme, Bregon? Kannst du dir vorstellen, aus welchem Grund eine Waffe im Seelenreich wirkungsvoll sein könnte?“ Als der Zentaur ihn nur anstarrte, sagte Cuchulainn: „Mein Schwert hat hier Macht, weil es mir hilft, einen Schwur einzuhalten, der in allen Reichen Gültigkeit hat.“
„Einen Schwur? Was für …“
„Bregon, darf ich dir Cuchulainn MacCallan vorstellen, Sohn von Midhir und Etain? Er ist mein Lebenspartner“, sagte Brighid.
Bregon wurde vor Schreck blass. „Du bist mit diesem Mann die Handfeste eingegangen?“
„Ja, das ist sie“, bestätigte Cuchulainn. Dann ging er mit großen Schritten auf ihn zu. „Und sogar in der Anderswelt wird mein Schwert ihr Leben schützen, weil ich geschworen habe, dass es mir näher ist als mein eigenes.“ Er drückte die Spitze der Waffe auf Bregons Brust. „Und du solltest jetzt besser gehen, sonst tue ich womöglich etwas, das man so auslegen könnte, als würde ich ihren Namen nicht genauso ehren wie meinen.“
Bregon zog sich langsam von Cuchulainn zurück. Der blieb ihm dicht auf den Fersen, das Schwert immer bereit. Kurz bevor der Zentaur den Waldrand erreichte, schaute er noch einmal zu ihr, die neben dem Becken stand.
„Ich gebe nicht auf, wofür ich so sehr gekämpft habe“, sagte er.
„Ich höre dich, Bregon. Und nun hörst du mich an. Ich werde dem Hass und der Zwietracht, die unsere Mutter während ihres unglücklichen Lebens gesät hat, ein Ende setzen. Darauf gebe ich dir mein Wort. Du kannst dich entscheiden, ob du für mich oder gegen mich bist. Aber wenn du gegen mich bist, werde ich dich aus der Herde verstoßen wie jeden anderen Verräter auch.“
„Ich habe meine Wahl bereits getroffen. Solltest du die Ebene der Zentauren betreten, bring besser eine größere Eskorte mit als nur diesen kleinen Mann.“ Bregon spuckte ihr die Worte förmlich vor die Füße und verschwand dann zwischen den Bäumen.
Cuchulainn stand am Waldrand und hielt seinen wachen Blick weiter auf die Formen und Schatten gerichtet, die sich darin bewegten.
„Brighid, ich könnte wesentlich leichter atmen, wenn du jetzt aus dem Kelch trinkst und wir in die Höhle zurückkehren.“
„Nur noch einen Moment“, sagte sie. „Ich muss sichergehen …“ Sie verstummte, als ihre Finger den Rand des Kelchs berührten. Warum zögerte sie? Sie wusste es nicht – sie wusste nur, dass sie nicht wie ihr Bruder war und den Kelch nicht einfach nehmen, achtlos benutzen und dann beiseitewerfen würde.
Nun bist du an der Reihe, geliebtes Kind
.
Brighid schaute auf. Eine Frau, gekleidet in eine Robe aus reichem weißem Samt kam über die Lichtung auf sie zu. Sie schien sich in einem
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