Beseelt
sollte ich dieses Mal vorgehen“, bot Cuchulainn an.
Sie nickte und war erleichtert, weil er nicht mit ihr diskutierte oder ihre Entscheidung infrage stellte, ihrem Seelenführer ins Chaos zu folgen, anstatt einen der drei ausgewiesenen Pfade zu nehmen.
Er erhob sein Schwert und schlug auf das gefährlich aussehende Dornengestrüpp ein. Brighid hörte ihn überrascht aufkeuchen. Sie riskierte einen Blick über seine Schulter und sah, dass die Pflanzen sich in kleine Rauchwolken auflösten, sobald das weiße Licht, aus dem das Schwert bestand, sie berührte. Cu schaute sie grinsend an, dann marschierten sie gemeinsam in das Dickicht hinein, immer dem Falken nach. Ihr fiel auf, dass der Vogel sie abseits der markierten Wege führte – genau wie bei ihrer Ankunft in den Blau Tors.
Die Ranken und Äste zogen sich mit erstaunlicher Leichtigkeit vor Cus Schwert zurück. Bald musste er es gar nicht mehr einsetzen. Was zu Anfang wie ein undurchdringliches Dickicht gewirkt hatte, veränderte sich zusehends. Es war immer noch ein Laubwald, doch der Boden war jetzt frei und eben und mit einem Teppich aus duftenden Blättern bedeckt. Durch diesen Wald zu gehen war nicht anstrengend, sondern glich einem Wunder.
Dann blieb Cuchulainn abrupt stehen. „Bei der Göttin …“, flüsterte er. „Sieh nur.“
Brighid folgte seinem Blick und schnappte nach Luft. Zu ihrer Linken öffnete sich der Waldboden mit einem Mal wie das Maul eines großen, dunklen Ungeheuers. Alle drei Pfade, die mit der verführerischen Melodie lockten, führten in diesen Abgrund. Sie hätte ihn wahrscheinlich nicht einmal gesehen. Die Musik hätte sie geblendet und sie wäre in die Grube gefallen. Nur die Göttin wusste, wo sie herausgekommen wäre, aber bestimmt nicht bei Eponas Kelch. Ihre Suche wäre zu Ende gewesen.
Manchmal ist das Unmögliche zu wählen der einzige Weg, um deinen Pfad in die Zukunft zu finden
.
Die Stimme des Falken erklang in ihrem Kopf, während seine Flügel die Luft über ihr aufwirbelten und sie sich immer weiter von der Grube entfernten.
Bereits nach kurzer Zeit öffnete der Wald sich zu einer Lichtung, die hell im silbernen Mondlicht lag. In der Mitte befand sich ein steinernes Becken, das mit gemeißelten Mustern aus Knoten und Runen verziert war. Sie stellten die anmutige Gestalt der Göttin dar, die die Arme erhob, sodass es aussah, als würden Eponas Hände das Wasser berühren, das aus dem Brunnen sprudelte. Auf dessen Rand stand ein golden glänzender Kelch mit einem eingravierten Dreifachknoten, dem Zeichen Eponas. Der Falke kreiste dreimal über der Lichtung, bevor er sich auf einen Zweig der Eiche setzte, die das blubbernde Becken überschattete.
„Das ist Eponas Kelch“, sagte Brighid heiser und von Ehrfurcht ergriffen.
„Geh, meine Liebste. Nimm, was rechtmäßig dir gehört.“
„Nur, wenn du mit mir kommst“, erwiderte sie.
Er küsste sie sanft. „Wo du hingehst, werde auch ich hingehen.“
Gemeinsam gingen sie auf den Brunnen zu, doch als sie näher kamen, wurde Cuchulainn instinktiv langsamer und ließ sie vorgehen. Er konnte über sie wachen und sie beschützen, aber nicht mit ihr teilen, was sie erleben würde.
Vorsichtig trat Brighid an das Becken. Statt sofort den Kelch zu füllen und daraus zu trinken, zwang sie sich, ihre Aufmerksamkeit auf das Wasser zu richten. Es sprudelte aus der Mitte hervor und funkelte wie flüssiges Licht. Sie tauchte eine Hand hinein. Es fühlte sich lebendig an. Als sie sie herauszog, schienen Perlen aus Mondlicht von ihren Fingern zu tropfen. Die Wasseroberfläche erzitterte, als wäre ein Sturm darüber hinweggefegt. Brighid riss die Augen auf, denn sie sah, wie das Spiegelbild ihres Bruders Gestalt annahm. Er stand ebenfalls vor dem Becken und schaute genauso in die Tiefe des Wassers wie sie zuvor, aber er berührte es nicht, und auf seiner Miene zeigte sich nichts von dem Erstaunen, das sie beim Betreten von Eponas Hain ergriffen hatte.
„Feinde – Verbündete … Für so etwas habe ich keine Zeit!“
Bregons Stimme hallte schaurig aus der gespiegelten Vergangenheit.
„Wichtig ist nur, dass ich gut ausgebildet wurde und meine Macht für meine Herde einsetzen werde.“
Ohne ein weiteres Wort schlossen sich seine Finger besitzergreifend um Eponas Kelch. Er tauchte ihn ins Wasser und hob ihn an die Lippen, um gierig daraus zu trinken. Als er fertig war, warf er ihn in den Brunnen, legte den Kopf in den Nacken und stieß einen Siegesschrei aus.
Obwohl
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