Beseelt
neutralen Gesichtsausdruck. „Die älteste.“
Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber die Tradition deiner Herde besagt, dass du deiner Mutter als Hohe Schamanin folgst.“
„Ich habe mit der Tradition gebrochen.“
„Und doch hast du die Kräfte in dir.“
„Ja! Das klingt ja so, als hätte ich gerade verkündet, dass ich eine seltene Plage mitbringe. Dein Vater ist ebenfalls ein Hoher Schamane. Weißt du denn nicht, wie es ist, die Mächte zu haben und sich zu entscheiden, nicht den Weg zu gehen, auf den sie dich führen wollen?“
Cuchulainn biss die Zähne zusammen. „Die Antwort darauf kennst du bereits, Brighid. Ich will keinen Kontakt zum Spirituellen.“
Die Jägerin hob in einer verzweifelten Geste die Hände. „Es gibt andere Möglichkeiten, mit den Kräften umzugehen, die uns geschenkt worden sind, als sie vollständig zurückzuweisen.“
„Nicht für mich.“ Er stieß die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen aus.
„Deine Schwester ist die älteste Tochter Eponas Auserwählter. Die Tradition besagt, dass sie ihrer Mutter als die Geliebte der Göttin folgen sollte, doch alle, die sie kennen, verstehen, dass es ihr Schicksal ist, die MacCallan zu sein. Sie hat sich nicht von den Kräften abgewandt, die ihr im Blut liegen. Sie hat ihre Verbundenheit mit der Magie der Erde dazu genutzt, die MacCallan-Burg zu neuem Leben zu erwecken. Wie sie habe auch ich mich entschieden, nicht der Tradition zu folgen, aber ich weise die mir angeborenen Gaben nicht völlig von mir.“
Er schwieg und schaute sie an, als wäre sie ein Paria. Brighid seufzte und hielt ihren wachsenden Ärger unter Kontrolle, indem sie sich in Erinnerung rief, dass er nicht gegen sie kämpfte, sondern gegen sich.
„Ich besitze eine besondere Verbundenheit mit dem Reich der Tiere.“
„Deshalb bist du eine so ausgezeichnete Jägerin.“
Sie schnaubte. „Ich denke gerne, dass ich meine Talente nutze, um meine Fähigkeiten zu verbessern, nicht um sie zu erschaffen.“
„Ich erkenne da keinen Unterschied.“
„Sei vorsichtig, Cuchulainn. Erinnere dich daran, dass du mit der Jägerin des Clans sprichst. Ich werde deine Beleidigungen nicht weiter dulden.“ Ihre Stimme klang kontrolliert, doch sie wusste, dass Wut in ihren Augen aufblitzte.
Cuchulainn zögerte einen Moment, dann nickte er. „Du tust gut daran, mich zu erinnern, Jägerin. Bitte akzeptierte meine Entschuldigung.“
„Angenommen“, erwiderte sie brüsk.
„Möchtest du lieber woanders übernachten?“
Sie schnaubte erneut und löste damit ein wenig die Spannung in ihren Schultern. „Besteht deine Strafe für meinen Vorstoß darin, mich in ein Haus voller Kinder zu stecken?“
„Nein“, sagte er schnell. „Ich dachte nur, dass du vielleicht nicht …“
„Lass uns einfach schlafen gehen.“
„Einverstanden.“
Schweigend gingen sie weiter. Brighid spürte den Aufruhr in Cuchulainn, der sich neben ihr hielt und grimmig das Gesicht verzog. Er war wie ein Pfeil auf einem gespannten Bogen, der nur darauf wartete, abgeschossen zu werden. Als er plötzlich das Wort ergriff, klang seine Stimme wie aus einem Grab.
„Du hättest deine Kräfte eingesetzt, um sie zu retten, oder?“
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, doch er schaute sie nicht an.
„Natürlich hätte ich das, aber ich habe nicht das Talent der Vorhersehung. Ich habe dir schon gesagt, dass ich lediglich eine Verbundenheit mit dem …“ Sie stockte, als ihr bewusst wurde, was er wirklich gemeint hatte. Er war durch eine Vorahnung der Gefahr vor Brennas Tod gewarnt worden. Eine Warnung, die er in den Wind geschlagen hatte, so, wie er alles von sich wies, was mit Spiritualität zu tun hatte. Sie blieb stehen und legte ihm eine Hand auf die Schulter, sodass er sich zu ihr umdrehte. „Egal wie sehr du dich, mich oder deine Schwester bestrafst, Brenna wird tot bleiben.“
„Ich bestrafe dich oder Elphame nicht.“
Sie schaute ihn unter erhobenen Augenbrauen an.
„Ich … ich kann mich nicht davon lösen.“
„Davon?“
„Vom Schmerz über ihren Verlust.“
Unter ihrer Hand spürte sie seine angespannten Schultermuskeln. Was sollte sie darauf sagen? Sie war nicht gut im Umgang mit Gefühlen. Das war einer der Gründe, wieso sie sich entschieden hatte, Jägerin zu werden. Sie hatte den emotionalen Aufruhr in ihrem alten Leben hinter sich lassen wollen. Tiere waren unkompliziert. Bei ihnen gab es keine Manipulation, keine Lügen, kein gegenseitiges Quälen. Cuchulainn
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