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Beseelt

Beseelt

Titel: Beseelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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irgendwelche dunklen Schlieren entdeckt?
Nein
. Brighid ging die Meditation in Gedanken noch einmal durch. Ciara hatte die Wahrheit gesagt. Hier verbarg sich nichts Böses – zumindest nichts, was sie entdecken konnte.
    Ihre Gedanken kehrten zu dem Eindruck zurück, den sie von den Bergen gewonnen hatte. Die Aura war definitiv scharlachrot gewesen. Und die Stimmung, die die Berge ausstrahlten, war wesentlich komplexer und von Dunkelheit gefärbt. Sie runzelte die Stirn und bewegte rastlos die Beine. Die Berge hießen Trier, das war in der Alten Sprache das Wort für die Farbe Rot. Für die roten Steine und die kleine rotblättrige Pflanze, die während der Sommermonate den Boden der tiefer liegenden Gebiete bedeckte. War es das, was sie in ihrer Vision gesehen hatte? Dass die Berge ihren Namen zu Recht trugen und sogar auf der spirituellen Ebene rot waren? Oder steckte eine tiefere Bedeutung dahinter? Im Übersinnlichen hatte die Farbe Rot eine komplexe, oft im Widerstreit miteinander stehende Symbolik. Sie stand für Leidenschaft ebenso wie für Hass. Sie sagte Geburten genauso voraus wie den Tod.
    Brighid war sich schlicht nicht sicher – sie schaute zum unruhig schlafenden Cuchulainn hinüber. Sie war sich wegen gar nichts sicher, außer dass sie aufmerksam und wachsam bleiben musste, um ihren Clan vor möglichen Gefahren zu schützen. Sie schloss die Augen, doch der Schlaf kam nicht sofort. Das Phantomgeräusch von schlagenden Flügeln geisterte durch ihren Kopf, und sie sah, wie der Horizont sich langsam blutrot verfärbte.
    Es war noch früh am Morgen. Der Tag brach mit einer leichten Brise an, und anstatt der Kälte des steten Nordwinds trug er eine etwas sanftere nordwestliche Strömung mit sich, in der der einzigartige und verlockende Duft des Meeres lag. Ihre Gäste schlossen sich der Segnungszeremonie an, frühstückten gemeinsam mit ihr, und zu dritt brachen sie auf. Sie wollten den Weg zurückverfolgen, den Brighid und Cuchulainn am Tag zuvor genommen hatten und der sie zum Anfang des Passes führen würde.
    Irgendetwas stimmte nicht. Ciara spürte es tief in ihrem Inneren. Je näher sie den Bergen kamen, desto falscher fühlte es sich an. Es war mehr als ihre lebenslange Abneigung gegen das felsige Hindernis, das sie von Partholon und allem, was gut war, grünte und gedieh, trennte. Heute empfing sie eine Warnung, die über ihre Haut zu kriechen schien und sich wie der Biss einer giftigen Spinne bei ihr festsetzte. Sie wollte glauben, dass es nur ihre Einbildung war und nur daran lag, dass die Berge Trier alles Negative symbolisierten. Doch sie war keine einfache Frau. Sie war die Schamanin ihres Volkes; sie erkannte eine Nachricht aus der spirituellen Welt.
    Sie sollte sich von den Bergen und der Unruhe entfernen, die sie in ihr weckten. Dann könnte sie sich in ihre Hütte zurückziehen, sich der Heiligen Reise öffnen und ihren spirituellen Begleiter anrufen, damit er ihr half, die Warnung zu verstehen, die sie bis auf den Grund ihrer Seele erschütterte. Sie bemerkte, dass sie kurz davor war, vor den Schatten der Berge zu fliehen, da durchbrach Cuchulainns Stimme ihren inneren Tumult und verankerte sie wieder in der physischen Welt.
    „Der Schnee ist zum Großteil geschmolzen. Wenn das Wetter anhält – und alle Zeichen sprechen dafür –, sollte der Weg in einigen Tagen passierbar sein“, sagte er und nickte. Dabei schaute er den vereinzelt mit Schneeflecken bedeckten Pfad entlang, der sich zwischen zwei kantigen Felsen aus rotem Stein direkt in die Berge grub.
    „Meinst du wirklich?“ Ciara bemühte sich vergeblich, die Angst, die seine Worte in ihr hervorriefen, nicht in ihrer Stimme durchklingen zu lassen.
    „Ich wüsste keinen Grund, wieso nicht. Natürlich wird es eine beschwerliche Reise, aber du hast selbst gesagt, dass der Frühling angebrochen ist.“ Er nickte in Richtung des Passes. „Wenigstens wird es keine Schneewehen mehr geben, die den Weg versperren.“ Cuchulainn sah, dass die Jägerin ihn und Ciara beobachtete. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf.
    „Ihr zwei müsst total verrückt sein.“
    Er runzelte die Stirn; die geflügelte Frau lenkte lediglich ihren Blick auf die Jägerin.
    „Was redest du da?“, fragte er.
    „Was
ich
da rede? Die Frage solltest du lieber dir stellen.“
    „Erklär dich, Jägerin“, befahl er grimmig.
    Brighid verzog missmutig den Mund. „Bei der Göttin, das ist doch ganz einfach! Man kann nicht siebzig

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