Beseelt
daran, wie unglaublich glücklich ihre Freundin gewesen war – bis zu ihrem viel zu früh eintretenden Tod. Dass ihre Ermordung die Ereignisse in Gang setzte, die zur Erlösung einer ganzen Rasse führten, trug wenig dazu bei, die Wunde zu heilen, die ihre Abwesenheit hinterließ. Und nun war Cuchulainn im Ödland, um das Volk nach Partholon zurückzuführen, das die Mörderin seiner Geliebten hervorgebracht hatte.
„Er hat darauf bestanden“, sagte Elphame leise, als spürte sie ihren Gedankengang. „Er macht die anderen Fomorianer nicht für Brennas Tod verantwortlich. Er versteht, dass ihre Mörderin vom Wahnsinn beherrscht wurde, gegen den sie alle ankämpften.“
Brighid nickte. „Cuchulainn gibt sich die Schuld. Die hybriden Fomorianer nach Hause zu führen ermöglicht es ihm vielleicht, mit der Sache abzuschließen. Lochlan sagt, dass viele Mitglieder seines Volkes noch Kinder sind. Womöglich hilft das, das Herz des Kriegers zu heilen.“
„Ohne die Berührung einer Heilerin zu genesen, ist ein schwieriger Prozess“, murmelte Elphame. „Ich hasse den Gedanken, dass er Schmerzen leidet und niemand …“ Sie brach mit einem trockenen Lachen ab.
„Was?“, drängte Brighid sie.
„Ich weiß, es klingt dumm. Cuchulainn ist ein Krieger, der für seine Kraft und seinen Mut bekannt ist. Aber es ist furchtbar, dass es ihm schlecht geht, und niemand aus seiner Familie ist bei ihm.“
„Vor allem nicht seine große Schwester?“
Elphames Lippen zuckten. „Ja, vor allem seine große Schwester.“ Sie seufzte erneut. „Er ist schon so lange fort. Ich dachte, dass er inzwischen längst zurückgekehrt sein würde.“
„Du weißt doch, im Bericht von der Wachtburg hieß es, dass es einen mächtigen Frühlingsschneesturm gegeben hat, der in den Bergen tobte und den Pass zum Ödland unpassierbar machte. Cuchulainn wird auf Tauwetter warten müssen und selbst dann nur langsam vorankommen, weil er sicher darauf achtgibt, die Kinder nicht zu überanstrengen. Du musst geduldig sein“, sagte Brighid.
„Geduld ist noch nie eine deiner Stärken gewesen, mein Herz.“
Die tiefe Stimme erklang hinter ihnen. Jägerin und Clanführerin drehten sich um und sahen zu, wie der geflügelte Mann die letzten Meter auf sie zukam. Brighid fragte sich, ob sie sich jemals daran gewöhnen würde, dass solche Wesen existierten. Teils Fomorianer, teils Mensch war Lochlan eine ganz besondere Kreatur, die, wie andere auch, in der Verborgenheit des harschen Ödlands nördlich der Berge Trier von ihren Müttern, Frauen Partholons, aufgezogen worden waren. Er war groß, sehnig und muskulös. Seine menschlichen, attraktiven Gesichtszüge wirkten wie gemeißelt. Der helle, beinahe farblose Ton seiner Haut deutete auf sein dunkles Erbe hin. Und dann waren da noch die Flügel. Im Moment ruhten sie dicht an seinen Rücken gelegt, sodass nur die grau melierte Oberseite zu sehen war. Brighid hatte sie auch schon voll ausgebreitet in ihrer grausamen Schönheit erlebt. Ein Anblick, den sie so schnell nicht vergessen würde.
„Guten Morgen, Jägerin“, grüßte er warmherzig. „Wynne hat mir erzählt, dass du heute früh einen spektakulären Fang gemacht hast und wir uns zum Abendessen auf Hirschsteaks freuen können.“
Brighid nahm das Kompliment mit einer leichten Neigung des Kopfes an und trat einen Schritt zur Seite, damit Lochlan seine Frau begrüßen konnte.
„Ich habe dich vermisst.“ Er führte Elphames Hand ganz langsam an seine Lippen und küsste sie zart.
„Es tut mir leid. Ich konnte nicht schlafen und wollte dich nicht wecken, also bin ich …“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Du erwartest ungeduldig die Rückkehr deines Bruders, und das macht dich ruhelos“, sagte er.
„Ich weiß, dass er ein Krieger ist und dass ich mit dem Herzen einer Schwester denke, anstatt mit dem Kopf einer Stammesführerin, doch ich mache mir Sorgen um ihn.“
„Ich bin auch ein Krieger, aber sollte ich dich verlieren, würde ich meine Seele verlieren. Ein Kämpfer zu sein bewahrt einen Mann nicht davor, Schmerz zu empfinden. Ich habe in letzter Zeit auch viel an Cuchulainn gedacht.“ Lochlan hielt inne und wählte seine nächsten Worte sorgfältig. „Vielleicht sollte sich einer von uns nach ihm auf die Suche machen.“
„Ich würde es so gerne tun. Ich habe sogar schon darüber nachgedacht, aber ich kann hier nicht weg.“ Die Frustration war Elphame deutlich anzuhören. „Der Clan ist erst neu zusammengewürfelt, und es gibt
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