Beseelt
sie schaute wieder zu Ciara, die sich verbeugte und ihren begeisterten Zuschauern ein strahlendes Lächeln schenkte. Kurz fing die Schamanin ihren Blick auf und winkte, dann begab sie sich wieder an ihren Platz inmitten der Kinder.
„Das Vermächtnis des Lebens …“, sagte Nevin.
„… gegeben mit dem Tod“, ergänzte Curran. „Morgen folgen wir diesem Vermächtnis weiter nach Partholon und in die Zukunft, die unsere Vormütter sich für uns erträumt haben.“
Curran und Nevin verbeugten sich, woraufhin die erwachsenen Hybriden die Kinder ins Bett schickten. Als Liam sich dieses Mal in ihre Arme warf, war Brighid ein kleines bisschen besser darauf vorbereitet.
„Gute Nacht, Jägerin“, sagte er, nachdem er sie fest umarmt hatte.
„Schlaf gut“, erwiderte sie abwesend. Ihre Gedanken waren nicht bei dem Kind. Sie wandte sich wieder Cuchulainn zu. Der Krieger saß still da und starrte ins Lagerfeuer. Sein Gesicht war wieder eine ausdruckslose Maske, aber seine Augen hatten noch nicht völlig zu ihrem leeren Blick zurückgefunden. Sie waren nachdenklich zusammengekniffen, als dächte er über ein schwerwiegendes Problem nach.
Sie sollte ihn fragen, worüber er grübelte, doch bei der Göttin, sie wollte nicht! Sie wollte ihn nicht bedrängen … sie wollte nicht neugierig sein … Die Erkenntnis traf sie wie ein Blitz: Sie wollte nicht wissen, ob Cuchulainn die Schamanin Ciara begehrte.
14. KAPITEL
„W ir drei müssen besprechen, wie wir morgen am besten vorgehen“, sagte Cuchulainn.
„Wir drei?“ Brighid hob fragend eine Augenbraue; das bemerkte er aber nicht, da sein Blick weiterhin fest auf die geflügelte Schamanin gerichtet war.
„Du, ich, Ciara.“
„Ich denke, wir sollten alle Erwachsenen mit einbeziehen“, hörte Brighid sich sagen.
Endlich drehte er sich zu ihr um. Ein grimmiger Ausdruck hatte sich um seinen Mund gelegt.
„Es ist nicht praktikabel, sich mit allen Erwachsenen zu treffen. Sie sind damit beschäftigt, die Kinder ins Bett zu bringen. Und wir haben bereits darüber geredet, wie es sein wird, wenn wir alle zusammen Partholon betreten – dazu hatten wir in den letzten zwei Monden ausreichend Zeit.“
„Aber jetzt kommen wir über den Pass bei der Wachtburg. Das verändert alles.“
Cuchulainns Stirnrunzeln vertiefte sich, als er sagte: „Nicht genug, um eine Unterbrechung der abendlichen Routine zu veranlassen.“
Brighid schnaubte ungläubig. „Unterbrechung? Ist das nicht etwas übertrieben?“
„Willst
du
sie alle ins Bett bringen oder dich mit siebzig Kindern herumschlagen, die zu wenig Schlaf bekommen haben?“
„Es würde nicht lange dauern, bis wir mit allen Erwachsenen reden können.“ Brighid blieb beharrlich. „Sie müssen darauf vorbereitet werden, dass eine der Ihren dort gefangen gehalten wird.“
Cuchulainns Miene wurde noch finsterer. „Das wissen sie.“
„Ja, aber ich denke trotzdem, dass wir noch einmal mit ihnen darüber sprechen sollten.“
„Warum bist du so schwierig?“, fragte er.
„Warum bist du so stur?“
„Gibt es ein Problem?“ Ciara war zu ihnen gekommen und lächelte sie freundlich an.
„Nein!“, stießen sie beide gleichzeitig aus.
„Gut. Ich denke, wir sollten über morgen sprechen“, sagte Ciara.
„Da stimme ich dir zu.“
Cuchulainn warf ihr einen Blick zu, doch Brighid ignorierte ihn und wandte sich direkt an Ciara: „Es ist sehr wichtig, dass die Erwachsenen und die Kinder dicht zusammenbleiben. Keiner darf vorauseilen oder hinterherhängen.“
„Das ist genau das, was ich schon seit zwei Monden erkläre“, unterbrach Cuchulainn sie. „Und erinnere sie bitte auch noch einmal daran, ihren …“, er hielt inne, da er ein Lächeln unterdrücken musste, „ihren Enthusiasmus zu zügeln.“ Dann wurde er wieder ernst, und die Linien in seinem Gesicht vertieften sich. „Das Volk von Partholon weiß, dass ihr existiert, und zwar nicht nur, weil Fallon in der Wachtburg gefangen gehalten wird. Als Eponas Auserwählte wird meine Mutter dafür gesorgt haben, dass die Neuigkeit eurer Entdeckung und eurer bevorstehenden Ankunft im ganzen Land verbreitet wurde. Partholon hat sich auf euch vorbereitet – in der Theorie. Aber von geflügelten Kindern zu hören und sie mit eigenen Augen zu sehen …“ Er zuckte mit den Schultern.
„… sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge“, ergänzte Brighid. Sie dachte an die kleinen geflügelten Überraschungen, die bald in Partholon einfallen würden. Die
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