Beseelt
Menschen hatten keine Ahnung, was sie erwartete. Sie schaute Cuchulainn an. Sein Gesicht hatte wieder den vertrauten, abwesenden Ausdruck angenommen, doch glänzten seine Augen nicht unnatürlich und war sein Blick nicht zu sehr auf Ciara fokussiert?
Ein unbestimmbarer Schauer lief ihr über den Rücken. Er zwickte ihre Haut und sorgte dafür, dass sie sich der außergewöhnlichen Weite des Ödlands um das kleine Lager sehr bewusst wurde.
„Dann ist das also besprochen.“ Sie erhob sich ruhelos. „Morgen bleiben wir dicht zusammen – wir behalten die Kinder gut im Auge. Kein Gedrängel, keine Erkundungsgänge.“
„Und dann betreten wir Partholon.“ Ciara hauchte das Wort Partholon wie ein Gebet.
„Mit großer Vorsicht“, sagte Brighid schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
„Was ist mit dir, Jägerin?“ Ciara schaute sie fragend an. „Bist du gewarnt worden, dass uns etwas bevorsteht?“
„Nein!“, erwiderte sie zu schnell. Sie war nicht gewarnt worden – es war nur so, dass Cuchulainns Reaktion auf Ciaras Tanz sie vollkommen überrascht hatte. Die Schamanin musterte sie aufmerksam. Brighid verlagerte ihr Gewicht. „Nein“, wiederholte sie kontrollierter. „Ich bin nur müde. Und ich empfange sowieso keine Warnungen – das ist Cus Spezialgebiet, nicht meins.“
Er wirbelte herum und schaute sie aus zusammengekniffenen Augen an. „Ich habe keine Vorahnungen mehr.“
„Das muss nicht unbedingt etwas Gutes bedeuten.“ Brighid erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Du bist müde, Jägerin“, beendete Ciara das spannungsgeladene Schweigen. „Vielleicht möchtest du als Erste schlafen gehen?“
Brighid nickte automatisch.
„Dann wünsche ich dir eine gute Nacht. Ich werde mit den anderen Erwachsenen über morgen sprechen. Cuchulainn übernimmt die erste Wache.“
Brighid nickte noch einmal. Ohne ein Wort an Cu zog sie sich in ihr Zelt zurück und machte es sich inmitten der dicken Felle gemütlich. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
Was war nur mit ihr los?
Sie war zutiefst wütend. Und dabei gab es keinen Grund dafür.
Cuchulainn hatte auf Ciara reagiert. Was war daran falsch? Nichts. Es wäre wundervoll, wenn er wieder lieben könnte. Es wäre nicht nur wundervoll, es wäre ein echtes Wunder.
Wenn seine Seele nicht länger zersplittert ist, wird der Krieger nicht den Tod wählen. Wenn er geheilt ist, wird er wieder lieben
.
Als Ciara das sagte, hatte Brighid sich nicht vorstellen können, dass er jemals wieder lieben könnte – sie hatte auch nicht angenommen, dass Ciara von sich sprach.
Unruhig suchte sie eine andere Position für ihre langen Beine. Cu war ihr Freund. Sie hatte zugestimmt, ihm zu helfen, die Einzelteile seiner Seele zusammenzusuchen, weil er ihr am Herzen lag. Sie wollte, dass er wieder fröhlich war. Sie hatte die Reise für die Erneuerung seiner Seele noch nicht angetreten, aber er schien trotzdem bereits etwas lebendiger zu sein. Es sollte sie freuen, dass er Interesse an Ciara zeigte. Die geflügelte Frau war wunderschön und liebevoll. Elphame würde der Beziehung zustimmen.
Ich freue mich für ihn, redete Brighid sich ein. Es überraschte sie einfach nur. Das war alles. Und sie war müde. Ihr Traum in der Nacht zuvor hatte sie viel Energie gekostet. Außerdem hatte er offensichtlich ihre Geduld auf die Probe gestellt. Sie brauchte einfach nur Schlaf, dann würde sie wieder sie selbst sein.
Sie atmete erneut tief ein und zwang sich, einen Muskel nach dem anderen zu entspannen. Die Erschöpfung zerrte an ihr, doch bald war sie eingeschlafen. Ihr letzter zusammenhängender Gedanke war, dass sie sich bemühen würde, die Beziehung zu akzeptieren, die sich zwischen ihrem Freund und Ciara anbahnte. Cuchulainn hatte es verdient, glücklich zu sein …
Ihr Traum begann damit, dass etwas sie streifte.
„Fang mich, Brighid!“, rief Cuchulainn, der auf seinem Wallach an ihr vorbeiritt und ihr ein neckendes Lächeln über die Schulter zuwarf. „Oder versuch zumindest, mich einzuholen, altes Mädchen.“
Automatisch sammelte sie ihre Kräfte und spurtete los. Ihre Hufe bohrten sich tief in die weiche Erde der Ebene der Zentauren. Mit langen Schritten überwand sie schnell die Entfernung zwischen sich und Cus Pferd. Bald lief sie neben ihm. Er saß tief über den Hals des Wallachs gebeugt und trieb ihn an. Als er sie näher kommen spürte, beschleunigte das Pferd noch einmal sein Tempo. Ein grimmiges Lächeln im Gesicht, passte sie
Weitere Kostenlose Bücher