Beseelt
zu verstehen, dass eine Blutsverbindung allein nicht ausreichte, um sich als Elternteil oder Familie zu fühlen. Liebe jedoch tat das. Und Vertrauen. Und Mut. Und Ehrlichkeit. Liam hatte all das im Überfluss. Ab sofort, beschloss sie unwiderruflich, hatte er sie an seiner Seite.
„Geht voran, Jägerin“, sagte Fagan.
Er lächelte plötzlich, das ließ seine abweisende Miene gleich viel freundlicher erscheinen.
„Lasst mich die sogenannten
Neuen
Fomorianer kennenlernen, die nicht nur meinen Lieblingsschüler verhext haben, sondern auch eine berühmte Jägerin.“
Brighid neigte den Kopf in Anerkennung des Kompliments, aber ihr Blick huschte zu den wartenden Kriegern, die den Weg versperrten, bewaffnet und auf dem Posten.
„Ich habe noch nie zuvor einen Krieger der Wachtburg getroffen, doch nach den Geschichten, die ich über sie gehört habe, überrascht es mich, dass sie im Angesicht einer Gruppe Kinder weiterhin ihre Waffen bereithalten“, sagte sie mit kaum verhohlenem Sarkasmus.
„Wächter kämpfen nicht gegen Kinder“, erwiderte Fagan.
Brighid sah ihn spöttisch an.
Als Reaktion auf eine leichte Handbewegung Fagans nahmen seine Männer eine etwas entspanntere Haltung an.
„Wachen zu mir!“, rief er, und sechs Krieger traten aus der vorderen Reihe, um sich ihm anzuschließen.
Brighid lächelte, doch es glich eher einem Zähnefletschen. „Ich war ebenfalls nervös, als ich die Kinder das erste Mal getroffen habe, aber ich bin ja auch nur eine einfache Jägerin und nicht ein Schwertmeister der Wachtburg.“
„Was war die erste Lektion, die du als mein Schüler gelernt hast, Cuchulainn?“
Fagan feuerte die Frage ab, ohne den Blickkontakt mit ihr zu unterbrechen.
„Immer wachsam sein“, erwiderte Cu.
„Meine Wachen bleiben bei mir“, befahl Fagan.
Brighid schnaubte.
„Wie Ihr wünscht, Meister Fagan“, sagte Cu. „Aber weist sie an, ihre Waffen eingesteckt zu lassen. Es gibt keinen Grund, die Kleinen mit Eurer Wachsamkeit zu verängstigen.“
Fagan rief den ernst dreinschauenden Männern einen knappen Befehl zu. Ohne ein weiteres Wort gingen drei von ihnen auf die Gruppe der schweigend wartenden Kinder zu, dicht gefolgt von der Elitetruppe des Schwertmeisters.
Brighid und Cu tauschte einen kurzen, amüsierten Blick.
„Vielleicht wollt Ihr Euch vorbereiten, Meister“, sagte Cu.
Fagans Augenbrauen verschwanden beinahe völlig unter seinem grauen Haaransatz. „Ein Wächter ist immer vorbereitet.“
„Ja, unter normalen Bedingungen würde man wohl davon ausgehen“, erwiderte Cu.
„Aber das hier“, fiel Brighid ein und blinzelte Cuchulainn zu, „sind keine normalen Bedingungen.“
Sie näherten sich dem Lagerfeuer. Nara kniete neben Liam. Brighid musste das Gesicht der Heilerin nicht sehen, um ihre angespannte Konzentration zu erkennen. Ihre Hände bewegten sich schnell, und sie erhaschte einen Blick auf eine gebogene Nadel, die immer wieder auf den verletzten Flügel hinunterstieß. Ihr Magen zog sich zusammen, als ihr bewusst wurde, dass Nara gerade Liams Flügel nähte. Die Heilerin schirmte den kleinen Jungen so gut es ging mit ihrem Körper ab, aber Brighid sah trotzdem, dass Liam viel zu still lag. Einen Moment lang packte sie Angst. Hatte er das Bewusstsein verloren? War er schwerer verwundet, als sie gedacht hatte?
„Er schläft, Jägerin“, sagte Nara, ohne ihre Konzentration auf ihren Patienten zu verlieren. „Ich habe ihm etwas gegeben, um seinen Schmerz zu lindern und ihn schlafen zu lassen. Er wird nicht vor morgen früh aufwachen.“
„Danke.“ Brighid war überrascht, dass ihre Stimme so normal klang, denn sie fühlte sich, als hätte ihr jemand den Magen ausgehöhlt. Sie wandte sich aufgebracht an Fagan. Leise und wütend sagte sie: „Das ist das Kind, das Euer Krieger angeschossen hat. Schaut Euch genau an, was Ihr für einen Dämon haltet.“ Bevor Cuchulainn sie aufhalten konnte, packte sie Fagans Arm und zog den überraschten Schwertmeister grob mit sich, sodass er Liam gut sehen konnte. Seine sechs persönlichen Wachen machten drohend einen Schritt vorwärts. Brighid wirbelte zu ihnen herum.
„Zieht Eure Waffen in der Nähe dieses Kindes, und Ihr werdet meinen Zorn zu spüren bekommen!“
Cuchulainn trat an ihre Seite. „Und den Zorn des MacCallan-Clans.“
Fagan machte eine beruhigende Handbewegung, und die Männer ließen die Hände sinken. Als sie sich wieder zurückziehen wollten, hielt Brighid sie zurück. „Nein, kommt näher wie
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