Besessen
ihre Finger brannten auf seiner Haut. „Lass das!“
„Ich möchte dich nicht verletzen, Max.“ Sie hob ihre Arme in einer hilflosen Geste. „Und ich will dich auch nicht in Verlegenheit bringen, wenn ich das jetzt sage. Ich dachte nur, du solltest wissen, dass …“
Beleidigt drehte er sich um. „Ist schon okay.“
„Max, bitte!“ Sie packte ihn am Arm. „Ich dachte, es wäre nur ein One-Night-Stand. Ich hätte dich nie angemacht, wenn ich gewusst hätte, dass du in mich verliebt bist.“
„Das hab ich doch schon gesagt, ich bin nicht verliebt in dich!“ Soweit er wusste, war das die Wahrheit. Klar, ihm war hin und wieder mal ein seltsamer Gedanke durch den Kopf geschossen, aber er hatte nicht weiter darüber nachgedacht und, Himmel noch mal, ganz bestimmt hatte er nicht bewusst eine Beziehung angestrebt. Er war nicht daran interessiert,sich an sie oder sonst irgendeine Frau zu binden.
„Das glaube ich dir nicht“, sagte sie. „Was auch immer du für mich empfindest, dein Unterbewusstsein wollte, dass ich es mitkriege. Und ich möchte dich nicht verletzen, wenn du merkst, dass es in meinem Leben keinen Platz für dich gibt.“
„Ein Platz in deinem Leben?“ Peinlich berührt rieb er sich die Schläfen. Was hatte er gesagt? Welchen sentimentalen Blödsinn hatte sein geschwätziges Maul von sich gegeben, den sie fälschlicherweise auf sich bezogen hatte? „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Du bist wirklich im falschen Film!“
„Max“, begann sie, und riss die Augen auf.
„Nein, vergiss es. Ich hau ab.“ Er drehte sich um und prallte gegen eine harte Mauer aus Fleisch und Muskeln.
„Max, pass auf!“
Aber es war zu spät. Er ging mit seinem Angreifer zu Boden und stürzte auf die Straße.
Der Gestank von verdorbenem Blut traf seinen Körper wie der Stromschlag des Elektrozauns. Sie waren hergekommen, um Nathan zu finden, und stattdessen hatte er sie entdeckt.
„Der Tranquilizer!“, schrie Max und warf seinen Freund auf den Rücken. Sie hatten beschlossen, dass Nathan am leichtesten einzufangen war, wenn sie ihn mit Beruhigungsmitteln betäubten. Nur hatte Max angenommen, dass Bella mit ihrer von der Bewegung zur Verfügung gestellten Betäubungspistole schneller am Drücker war.
„Der Tranquilizer“, brüllte Max noch einmal, dann fluchte er, weil Nathan sich aus seinem Halt befreit hatte und durch die Hecken flüchtete.
Max machte einen großen Satz, um sicherzugehen, dass erdieses Mal nicht in den Elektrozaun rannte. Doch als er sich aus dem Dickicht befreit hatte, sprang Nathan schon über die hintere Mauer des Grundstücks, auf das sie gerannt waren. „Bella, beweg deinen Arsch hierher!“
Sie raste mit einem solchen Tempo an ihm vorbei, dass Max die Verfolgung aufgab. Bei dieser Geschwindigkeit konnte er sowieso nicht mithalten. Einen Moment lang überlegte er, ob er einfach warten sollte, bis sie ihre Beute zurückbrachte. Auf jeden Fall würde sie Nathan vor ihm erreichen. Dann fiel ihm ein, wie sie nach ihrem letzten Kampf mit Nathan ausgesehen hatte, und er rannte los, weil er sie beschützen musste.
Dass ich mir Sorgen um sie mache, hat nichts damit zu tun, was sie gesagt hat. Ich will nur eine Freundin beschützen, die vielleicht in Schwierigkeiten steckt. Eine Freundin und einen Freund, die beide in Schwierigkeiten stecken. Ich tue nur, was jeder gute Freund machen würde. Und ich bin nicht in sie verliebt.
Max kletterte die Mauer hoch und dankte dabei Gott, dem Teufel, oder wer immer dafür verantwortlich war, für seine ungewöhnliche Fähigkeit, senkrechte Objekte zu erklimmen. Das Erste, was er auf der anderen Seite sah, war die Betäubungspistole, die nutzlos im Gras lag. Er hob den Kopf und erblickte Bella, über ihr Nathans drohende Gestalt, der sie auf den feuchten Boden drückte.
„Erschieß ihn!“, schrie sie so ruhig, als ob sie irgendeinen Befehl geben würde. Doch obwohl ihr äußerlich nichts anzumerken war, konnte er ihre Augen sehen, die weit aufgerissen waren. Sie hatte panische Angst. „Erschieß ihn!“
Die Kreatur, die in der Gestalt seines besten Freundes die Welt terrorisierte, stieß ein wütendes Knurren aus. Max stellten sich die Haare im Nacken auf. Nathans Gesicht verwandeltesich für einen Moment in die Vampirfratze, dann waren wieder die eher vertrauten Gesichtszüge zu erkennen. Doch es war kein Monster, das zu Max herübersah. Nathans Augen waren feucht und rot gerändert, seine Stirn spannte sich in einer unmenschlichen
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