Besessen
unter seinem Kinn sorgsam zurückschlug.
Als sie fertig war, folgte Max ihr ins Wohnzimmer, wo sie eines der Bücher nahm, die sie gestern Nacht hatten liegenlassen.
„Du solltest noch ein bisschen schlafen, bevor die Sonne aufgeht. Wenn wir dann während des Tages etwas brauchen, bist du ausgeschlafen genug und kannst es holen.“ In Wirklichkeit wollte er nur, dass sie Ruhe gab, und er sich nicht mehr mit ihr abgeben musste. Sie schlafen zu schicken, schien ihm weniger Mühe, als sie bewusstlos zu schlagen.
Doch zu seinem Ärger ließ sie sich auf der Couch nieder, nicht in dem Nest aus Decken, das sie Möbeln vorzuziehen schien. „Ich bin ausgeschlafen genug. Ich gehe diese Bücherdurch. Vielleicht finde ich einen Weg, wie ich deinem Freund helfen kann.“
„Dann geh ich runter in den Laden, vielleicht hab ich ja da was übersehen.“ Max verließ die Wohnung, bevor sie ihm seine Begleitung anbieten konnte, und nahm zwei Stufen auf einmal, als er die Treppen hinunterrannte.
Draußen ging die Nacht langsam in den Morgen über. Seit dem Tag nach seiner Verwandlung hatte Max den kaum wahrnehmbaren Wechsel von einem Tag zum nächsten erkennen können, ohne dass er dafür einen Blick auf die Uhr werfen musste.
„Man merkt es am Geruch. Nacht riecht wie Tod und Schmutz. Wenn der Morgen erwacht, egal wie dunkel der Himmel noch ist, dann riecht alles wieder frisch und neu. Sogar diese verdreckte Stadt.“
Max fuhr sich über die Wange und erinnerte sich an das Gefühl der Lippen seines Schöpfers, die ihn dort geküsst hatten. Marcus hatte ihm so viel in dieser Nacht beigebracht, als sie auf dem Dachfirst ihres Hauses gesessen und über Chicagos beeindruckende Skyline geblickt hatten. Damals war natürlich alles noch anders gewesen. Wenn Max zu Hause war – was selten vorkam –, und nichts und niemanden gefunden hatte, mit dem er sich von seiner Einsamkeit ablenken konnte – was noch seltener geschah –, dann ging er hoch auf das Dach und dachte darüber nach, was sich alles schon in seinem kurzen Leben geändert hatte. Oder, wenn sein Selbstmitleid besonders groß war, brütete er darüber, was in seinem noch kürzeren Leben nach dem Tod anders geworden war.
Ich wünschte, du wärst hier, Marcus. Ich habe keine Ahnung, was ich hier eigentlich mache.
Aber sein Schöpfer hätte gelacht und etwas Kitschiges oder Aufbauendes gesagt – so wie „ich glaube an dich“ oder„verlass dich auf dich selbst“ –, und Max hätte ihm geglaubt. Wenn Marcus so etwas gesagt hatte, wurden selbst aus nichtssagenden Sentimentalitäten konkrete Ratschläge.
Max schüttelte den Kopf über diesen Gedanken und drehte sich um. Er schaute direkt in ein Paar erschreckend goldene Augen, die ihn eingehend musterten.
„Herrgott noch mal, sag doch was und schleich dich nicht heimlich an!“, schrie er, während er versuchte, seinen rasenden Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen.
„Du solltest den Namen des Herrn nicht unnütz in den Mund nehmen.“ Bella trat an ihm vorbei, immer noch exotisch und elegant, obwohl sie Jeans und eins von Carries T-Shirts anhatte. „Ich möchte mir mal die Kräuterkammer anschauen. Vielleicht gibt es da etwas, mit dem ich ihn ruhighalten kann.“
„Das ist eine gute Idee“, sagte er, steckte den Schlüssel in das Schloss der Ladentür und hielt sie für Bella auf. Es war wirklich eine gute Idee. Er hätte selbst darauf kommen können, wenn er gewusst hätte, dass – „He, woher weißt du eigentlich, dass Nathan eine Kräuterkammer in seinem Laden hat?“
Unbeteiligt hob sie eine Schulter, und fuhr mit den Fingern beiläufig über die Bücherrücken in den Regalen, als sie an ihnen vorbeiging. „Ich bin hier eingebrochen, als ich auf der Suche nach ihm war. Es war nicht schwer, das zerbrochene Fenster ist nur mit Karton abgedeckt.“
Max schaute zur Tür, wo das Klebeband, mit dem er sorgfältig den Kartonboden in den leeren Fensterrahmen geklebt hatte, lose von einer Ecke hing. „Hast du etwas mitgehen lassen?“
„Ich bin eine Vampirjägerin, keine Diebin“, sagte sie und warf ihm über die Schulter ein vergnügtes Lächeln zu.
Max fluchte leise vor sich hin, als er ihr nachging. Er war nach unten gegangen, um ihr zu entfliehen, aber offenbar war das nicht möglich. „Carrie wird bald zurück sein. Ich denke, es wäre besser, dass sie ihn sieht, wenn er nicht, du weißt schon, total durchgeknallt ist.“
Bella nickte abwesend und fuhr nun mit den Fingern über die langen
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