Besessen
nicht von einem Dämon.“ Wenn ein Dämon in ihm steckte, dann wäre von Nathan keine Spur mehr zu erkennen, und er würde nicht ab und zu mal wieder auftauchen. Max war kein Exorzist, beileibe nicht, aber in seinem Vampirleben waren ihmschon einige Fälle von dämonischer Besessenheit über den Weg gelaufen. Was immer Nathan am Wickel hatte, kontrollierte ihn nicht ununterbrochen.
Bella stolperte den Gang hinunter ins Schlafzimmer. Max lag eine ironische Bemerkung auf der Zunge, dass sie sich hier zum ersten Mal getroffen hatten, aber er wollte nicht riskieren, dass sie einen noch schlechteren Eindruck von ihm bekam. „Leg ihn hier hin.“
Nathan stöhnte, als sie ihn auf das Bett legten. Zum ersten Mal bemerkte Max die dunklen Blutergüsse, die fast jeden Zentimeter von Nathans Körper bedeckten. Als sie ihn gefangen hatten, war es dunkel gewesen, und die seltsamen Symbole in seiner Haut hatten ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sodass sie den Rest seines Körpers kaum beachtet hatten.
„Du meine Güte“, rief Max aus. Mehr konnte er nicht sagen, er war sprachlos.
Bella schlug sich die Hand vor den Mund, ihre goldenen Augen weiteten sich vor Schreck. „Was ist mit ihm geschehen?“
„Ich hab keine Ahnung. Aber ich könnte Geld drauf wetten, dass der Souleater etwas damit zu tun hat.“ Der Hass schnürte ihm die Kehle zu, und er bekam fast keine Luft mehr. Hilflos drehte er sich im Kreis, die Hände zu Fäusten geballt. Am liebsten hätte er die Lampe vom Nachttisch gewischt, damit er seine Wut an irgendetwas auslassen konnte. Aber es war nicht seine Lampe, die zerbrochen wäre, es war nicht sein Körper, der so zugerichtet war, und es war nicht sein Schöpfer, auf den er so verdammt wütend war. Er holte tief Luft, stieß einen Fluch aus und wandte sich wieder zum Bett.
„Wo ist Carrie?“ Nathans Augen waren glasig von demBetäubungsmittel, trotzdem musterte er Max’ Gesicht mit einer Intensität, dass es ihm kalt über den Rücken lief.
Wie viel wusste Nathan? Und wie viel sollte Max ihm sagen?
Glücklicherweise antwortete Bella für ihn. „Sie kommt bald. Legen Sie sich hin, ich hole Ihnen etwas für die Blutergüsse.“
„Hamameliswurzel. Unten im Laden“, keuchte Nathan. „Die Betäubung lässt nach. Macht was!“
„Gib mir die Handschellen.“ Dafür, wie viel Angst sie vorhin vor ihm gehabt hatte, übernahm sie jetzt ziemlich selbstverständlich die Kontrolle. Max ging zu der Kommode und holte die Handschellen. Sie streckte die Hände aus, als ob er sie ihr zuwerfen sollte. Doch Max marschierte an ihr vorbei.
„Tut mir leid, Kumpel“, sagte er leise, als er Nathans Arme über seinen Kopf zog.
„Lass nicht zu, dass es noch einmal passiert. Lass mich nicht dahin zurückgehen.“ Nathans Hand krallte sich mit beängstigender Kraft um Max’ Arm.
Jetzt weiß ich, wie ein Rettungsanker sich anfühlt, dachte Max und wand vorsichtig den Arm aus dem Griff seines Freundes. „Wir werden versuchen, dir zu helfen.“
Im nächsten Moment veränderte sich Nathans Gesicht zu seiner Vampirfratze, und er knurrte ihn an. Max’ Herzschlag setzte kurz aus, dann verwandelte sich Nathans Vampirgesicht wie schmelzendes Wachs zurück in seine normalen Züge, und er schloss die Augen.
„Er ist wieder bewusstlos“, bemerkte Bella.
Max hätte sie am liebsten angefahren, er sehe schon selbst, dass Nathan bewusstlos war, aber es hätte nichts gebracht. Klar, für ein paar Sekunden würde er sich besser fühlen, aberspäter, wenn er sich wieder wie ein zivilisierter Mensch benehmen musste, wäre ihr angespanntes Verhältnis noch schwieriger auszuhalten. Sorgsam legte er eine Handschelle um Nathans Handgelenk und verhakte das andere Ende in den Messingstangen des Kopfteils. Bella wickelte ein Leinentuch zu einer Art Schnur zusammen und band damit Nathans Füße am Endteil des Bettes fest, bis sie etwas Besseres gefunden hatten.
„Besonders bequem ist das für ihn nicht.“ Mit verschränkten Armen stand sie da, einen kritischen, jedoch nicht besonders hilfreichen Ausdruck im Gesicht.
Max biss sich auf die Zunge und schnallte Nathans anderes Handgelenk fest. „Besser, er liegt unbequem, als dass wir tot sind.“
Bella zuckte mit den Schultern und gab sich offenbar mit seiner Logik zufrieden, obwohl er sie nicht wirklich einschätzen konnte. Mit einer Geste, die Max auf bizarre Art mütterlich vorkam, nahm sie eine alte gesteppte Tagesdecke vom Boden und legte sie über Nathan, wobei sie den Rand
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