Besessen
Anstrengung. Er öffnete den Mund und schrie verzweifelt: „Erschieß mich!“
Max zögerte keine Sekunde. Wahrscheinlich hätte er auch keinen Moment länger überlegt, wenn Bella darauf bestanden hätte, dass er Nathan pfählte. Während er sie so zitternd und hilflos auf dem Boden liegen sah, durchfuhr ihn eine furchtbare Erkenntnis. Als er den Abzug drückte, wusste er, dass er Nathan getötet hätte, wenn er ihn nur so davon hätte abbringen können, ihr wehzutun.
Der Schuss traf Nathan in die Brust, und für einen Augenblick dachte Max, dass er Nathan tatsächlich getötet hatte. Er stürzte zu seinem gefallenen Freund.
Sie blickten einander an, und Nathan schien zu verstehen, was Max befürchtete. „Es war nicht das Herz, nicht das Herz.“ Dann schloss er die Augen.
Max ließ sich auf den Rasen neben ihn fallen, doch er war sofort wieder auf den Beinen. Bella.
Sie lag immer noch mit dem Rücken auf dem Boden, ihr Atem ging schnell und flach. Als sie den Kopf drehte und ihn erblickte, lächelte sie schwach. „Tut mir wirklich leid, ich dachte, ich hätte ihn.“
„Alles in Ordnung mit dir? Hat er dich verletzt?“ Max kniete neben ihr nieder. „Du solltest dich lieber nicht bewegen, weißt du? Falls etwas gebrochen ist.“
„Soll ich hier bleiben, bis die Besitzer von diesem Palast die Polizei holen und mich wegen Hausfriedensbruch abführen lassen?“ Langsam stand sie auf, brachte ihre Kleidung in Ordnung und ließ nicht zu, dass er ihr dabei zurHand ging. „Mir geht’s wieder gut. Außerdem müssen wir ihn zurück in seine Wohnung bringen, bevor die Wirkung der Betäubungsmittel nachlässt.“
„Wie viel Zeit haben wir?“ Max wandte widerwillig den Blick zu der Stelle, wo Nathan im Gras lag. Seine Brust hob und senkte sich fast unmerklich.
„Höchstens neunzig Minuten. Normalweise benutze ich die Betäubung nur, damit ich mich nach einer Exekution gefahrlos entfernen kann.“ Sie bewegte eine Schulter, als ob sie versuchte, sie wieder einzurenken. „Ich musste noch nie eine betäubte Person transportieren.“
Max musterte den Körper seines Freundes, dann die Frau an seiner Seite. „Ich glaube, er ist zu schwer für mich allein, aber ich möchte nicht, dass du mir beim Tragen hilfst, solange du noch nicht wieder ganz fit bist.“
„Mir geht es gut. Wenn du mich jetzt wie ein Porzellanpüppchen behandelst, wird das auch nichts ändern“, sagte sie entschlossen.
Er widersprach ihr nicht. Solange sie glaubte, er wäre Hals über Kopf in sie verschossen, hatte es eh keinen Sinn.
Da liegt das Problem, sagte er sich. Sie hätte gerne, dass ich verliebt in sie bin .
Dieser Gedanke machte die Rückfahrt zur Wohnung um einiges erträglicher für ihn.
Als sie Nathan die Treppe hoch zur Wohnung schleiften, war die Betäubung schon fast ganz verflogen. Er hing zwischen ihnen wie ein Betrunkener, Bella hielt seine Beine, Max hatte ihn unter den Schultern gepackt wie ein sehr schweres, unglaublich empfindliches Stück Fleisch.
„Bring ihn ins Schlafzimmer“, befahl Max und deutete mit dem Kinn in die Richtung von Nathans Zimmer. „Er hatein Messingbettgestell, an das wir ihn anketten können.“
„Das ist dir ja ziemlich schnell eingefallen“, brummte Nathan und lachte dabei müde. „Willst wohl deine Fantasien ausleben?“
„Wenn er wieder bei Sinnen ist, dann brauchen wir ihn vielleicht nicht festzubinden“, schlug Bella vor, wobei sie Max aus ihren goldenen Augen kurz anstarrte.
Sofort schaute er weg. Schließlich wollte er nicht riskieren, dass sie ihm vorwarf, er würde ihr schöne Augen machen oder so etwas.
„Nein!“ Nathan wand sich, und Max hatte Mühe, ihn nicht fallen zu lassen.
Er stöhnte vor Anstrengung, als er den Körper seines Freundes stützte und mit einer knappen Kopfbewegung noch einmal zum Schlafzimmer deutete. „Ich habe gesehen, was er dir antun wollte. Ich will niemanden beleidigen, keinen von euch beiden, aber bis wir wissen, was hier genau vorgeht, wird er angekettet.“
Bella sah aus, als wolle sie ihm widersprechen, doch dann presste sie die Lippen aufeinander. „Es ist ein gutes Zeichen, dass er redet“, sagte sie, wobei ihr fröhlicher Tonfall Max offensichtlich aufheitern sollte.
„Denkst du das wirklich?“, fragte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Auf ihren Optimismus aus Mitleid konnte er verzichten.
Sofort gab sie die Maskerade auf. „Ich weiß nicht. Vielleicht, oder?“
„Es bedeutet, dass er nicht besessen ist. Zumindest
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