Besessen
wie ich es verlassen hatte, mit einer Ausnahme.
Cyrus lag zusammengerollt wie ein Fötus auf meinem Bett, er hatte die Decke kunstvoll um seinen nackten Körper geschlungen.
Er war zu bizarr, er passte einfach nicht hierher. Mein Herz fiel mir in den Magen, als hätte ich auf einer Achterbahn gerade einen besonders steilen Berg hinter mich gebracht. Damit ich nicht das Gleichgewicht verlor, hielt ich mich am Türrahmen fest.
Es hatte immer eine klare Trennung zwischen meinem jetzigen und meinem früheren Leben gegeben. Die Wohnung, in der ich als Mensch gelebt hatte, war abgebrannt, es gab keine Verbindungen mehr zu dieser Zeit. Meine einzigen Zusammentreffen mit Cyrus hatten in einem Krankenhaus stattgefunden, in dem ich nicht arbeitete, in seinem Herrenhaus, das wahrscheinlich jetzt Dahlia gehörte und das ich deshalb ganz sicher nicht aufsuchen würde, und in der Gasse neben dem Buchladen, wo er mir das Herz herausgeschnitten hatte. In meinem Kopf war die Welt in Cyrus-Orte und Nathan-Orte unterteilt, und sie überlagerten sich selten. Dass die beiden jetzt so massiv und unter solch aufreibenden Umständen aufeinanderprallten, war … na ja, es war einfach unheimlich.
„Was tust du da?“
Beim Klang von Max’ Stimme zuckte ich zusammen und drehte mich um. Er streckte sich schläfrig und kratzte sich am Bauch.
Ich nickte in Richtung der halb geöffneten Tür. „Ich betrachte mir den Ort meiner Albträume.“
Max lachte leise. „Ach richtig, das kleine Arschloch war ja völlig fertig.“
„Du solltest doch nett zu ihm sein“, ermahnte ich ihn. Eigentlich sollte es mir nichts ausmachen, wie sie mit Cyrus umsprangen, solange sie ihn am Leben ließen. Doch jedes Mal, wenn ich ihn aus meinen Gedanken verbannen wollte, fiel mir das tote Mädchen in der Wüste ein, und wie schmerzlich nahe ihm ihr Tod gegangen war.
Doch davon hatte Max bisher keine Ahnung. „Na ja, eigentlich sollte er tot sein. Wenn er nicht höflich sein kann, warum soll ich dann nett zu ihm sein?“
„Er hat sich verändert.“ Ich fragte mich, ob Cyrus wirklichschlief, oder ob er nur so tat und jedes Wort hörte, das wir sagten.
Mit einem tiefen Seufzer schüttelte Max den Kopf. „Was ist das nur mit dir und diesem Typen, Carrie? Ich meine, ich weiß, dass er dein Schöpfer ist – dein Schöpfer war, aber das ist vorbei. Und nach allem, was er dir angetan hat und was er jetzt mit Nathan macht … warum kannst du ihn nicht endlich loslassen?“
Ob ich nun Nackenhaare hatte oder nicht, bei diesen Worten spürte ich genau, wie sich etwas an meinem Nacken aufstellte. Die Reaktion war übertrieben, das wusste ich genau, aber ich kam nicht dagegen an. Meine Gefühle für Cyrus, so verworren sie auch waren, beschützte ich wie ein geliebtes Familienerbstück. Ich schloss die Tür so leise ich konnte und wandte mich zu Max. „Das verstehst du nicht.“
„Erklär es mir so, dass ich es verstehen kann. Wir haben endlos viel Zeit.“ Erwartungsvoll lehnte er sich gegen die Wand, verschränkte die Arme und forderte mich auf seine arrogante, schweigsame Art dazu auf, ihm zu erklären, warum ich trotz Nathan immer noch an Cyrus hing.
Theoretisch hätte ich ihn mit einem einfachen „Nein“ abspeisen können, aber damit würde ich diesen wichtigen Teil von mir vor ihm verschließen, und das wollte ich nicht. Max war ein Freund, und ich hatte zurzeit nicht gerade viele Freunde, auf die ich zählen konnte.
„Während ich bei Cyrus gewohnt habe, hat er mich ständig so manipuliert, dass ich kaum mehr entscheiden konnte, was ich wirklich fühlte, und welche Gefühle er mir eingeredet hatte.“ Ich holte tief Luft. Über derart persönliche Dinge redete ich mit niemandem gerne, nicht einmal mit Nathan. Aber er wusste zumindest schon, was ich fühlte, bevor ich es überhaupt klar formulieren konnte, und unsere „Unterhaltungen“waren kaum mehr als der telepathische Austausch von Emotion. „Ich war mir noch nicht über alles klar, als er starb, und jetzt, wo er zurück ist, sind auch einige dieser Gefühle wieder da.“
„Liebst du ihn?“ Die Frage war so einfach und direkt, dass sie fast pervers klang.
„Nein, ich liebe ihn nicht. Nicht im romantischen Sinn.“ Wenigstens konnte ich das ausschließen.
„In welchem anderen Sinn dann?“ Max’ spöttischer Ton ließ mich vermuten, dass er meine Antwort für hochgradigen Blödsinn hielt.
Das war eines der Hauptprobleme mit Männern. Sie konnten nichts mit dem Konzept von Liebe
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