Besessen
ich das vielleicht auch einmal ausprobieren.“ Cyrus lachte. „Aber, nein. Ich habe zu viel Schuld auf mich geladen.“
„Ein Versuch kann nicht schaden.“ Zumindest würde es verhindern, dass er wieder dem Bösen verfiel. Trotz seiner schönen Entschuldigungen und Reuebekenntnisse war er immer noch gefährlich unberechenbar. Auch wenn er seine Sünden wiedergutmachen wollte, würde er dem Bösen doch wieder verfallen können wie ein trockener Alkoholiker, der wieder zur Flasche greift. Doch solange er sich bewusst bemühte, seine alten Angewohnheiten nicht wieder aufzunehmen, konnte ich am Tag ruhiger schlafen.
„Du hast sicher recht.“ Sein Lächeln galt mehr ihm selbst als mir, dann fuhr er sich durchs Haar. „Oder vielleicht bin ich so müde, dass ich zu allem nur noch Ja sage.“
Ich erhob mich und deutete mit einer einladenden Bewegung auf das Bett. „Bitte, fühl dich ganz zu Hause. Ich halte Wache bei Nathan.“
Als ich mich umdrehte und hinausgehen wollte, ergriff Cyrus mein Handgelenk. Ich ließ zu, dass er mich zu sich hinzog. Er legte mir seine normalen, menschlichen Finger,die so gar nicht zu ihm passen wollten, unters Kinn und hob leicht meinen Kopf. „Ich habe dich nicht nur benutzt.“
„Ich weiß.“ Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn keusch auf den Mundwinkel, wie eine alte Freundin.
Es konnte nicht schaden, wenn ich ihn in dem Glauben ließ, dass es stimmte und er mich wirklich nicht nur benutzt hatte, nur um ein Bedürfnis zu erfüllen. Aber als ich in der langen Nacht neben Nathans schlafender Gestalt saß, wusste ich, warum Cyrus und ich es getan hatten.
Wir waren einsam, und wir bestraften uns selbst dafür.
25. KAPITEL
Die schmutzige Lektion des Herzens
Ich wusste nicht, wann ich eingeschlafen war, doch ich erwachte, als Bella sanft meine Schulter berührte. Noch etwas benommen hob ich den Kopf und sah Nathan. Er war zwar wach, aber aufgrund der Betäubung nicht ansprechbar. Vor Stunden hatte ich mich auf einen Stuhl an der Seite des Bettes gesetzt. Als ich schließlich vor lauter Erschöpfung in einen leichten Schlaf fiel, war mein Oberkörper neben ihn auf das Bett gesunken. Jetzt tat mir der Rücken weh, und kalter Speichel klebte auf meiner Wange. „Guten Morgen.“
„Wir müssen reden“, sagte sie ohne eine Spur von Humor. „Über das Ritual.“
Ich hatte nicht angenommen, dass sie sich mit mir über das Wetter unterhalten wollte, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt für sarkastische Bemerkungen. „Sag mir einfach, was ich tun muss.“
Sie führte mich in die Küche, wo Max und Cyrus warteten. Max reichte mir einen Becher mit Blut, und Cyrus stand auf, um mir seinen Stuhl anzubieten. Ich machte eine Bewegung mit der Hand, dass er sich wieder setzen sollte. Dann wandte ich mich an Bella. „Also, weih mich in die blutigen Einzelheiten ein.“
Im Prinzip klang die Form des Rituals ziemlich einfach. Trotz seines unberechenbaren Zustands bestand Bella darauf, dass Nathan nicht noch einmal betäubt wurde. Wenn er dann während des Rituals zu sich kam, konnte er bei vollem Bewusstsein davon profitieren. Aber weil er immer noch besessen und nicht wirklich in der Lage war, seine Zustimmung zu geben, würde Max für ihn einspringen, sozusagen als Stellvertreteroder als magischer Bevollmächtigter. Das Ganze kam mir seltsam demokratisch vor für ein magisches Ritual. Aber natürlich waren meine Vorstellungen des „Magischen“ von diversen sensationslüsternen Berichten über Hexen und Fernsehshows mit David Copperfield geprägt. Die Kombination rief ein seltsames Bild in meinem Kopf hervor: Max in einer Robe, deren Kapuze seinen Kopf verhüllte, schwenkte brennende Kräuterbüschel, während Bella mich in der Mitte durchsägte.
Ich verdrängte die Szene und versuchte, mich auf Bellas Instruktionen zu konzentrieren. Gott sei Dank hatte sie offenbar nicht bemerkt, dass ich mit den Gedanken woanders gewesen war. „Sie werden bei vollem Bewusstsein sein und merken, was um Sie herum vorgeht, aber Sie werden weder Ihren irdischen noch Ihren Astralkörper kontrollieren können. Es ist sehr wichtig, dass Sie nicht in Panik verfallen, wenn Sie dort sind.“
„Dort? Wohin gehe ich denn?“ Mir war nicht klar gewesen, dass Bi-Lokation oder Astralreisen oder ein anderes der entsetzlich langweiligen Themen, für die sich Nathan interessierte, Teil des Rituals waren. Und ganz sicher war ich nicht darauf vorbereitet, auf irgendeine dieser Arten
Weitere Kostenlose Bücher