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Besessen

Besessen

Titel: Besessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
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Angst.
    Und da ich sah, wie sie sich fürchtete, bekam ich noch mehr Angst.
    Max schluckte und schaute mich an. Ich hätte gerne irgendetwas zu ihm gesagt, aber ich war mir nicht sicher, ob ichwollte, dass er das Ritual stoppte oder nicht. Etwas lähmte mich. Vielleicht war Marianne schon in mir, und das war der Grund, warum ich keinen klaren Gedanken fassen und mich nicht mehr bewegen konnte. Oder es waren nur Angst und Trauer, die mich daran hinderten.
    Max räusperte sich und flüsterte: „Ja.“ Es war wie der Schlag des Hammers, nachdem der Richter das Urteil verkündet hat.
    Mit einem warnenden Ton und einem unnahbaren Blick trat Bella nach vorn und entzündete Max’ Kerze. Dann wandte sie sich zu mir und bat auch um meine Zustimmung.
    In diesem Moment kam meine Stimme zurück. Doch ich sagte nicht, ich hätte es mir anders überlegt, dieses Ritual sei nicht die Lösung. Ich öffnete den Mund und sagte ruhig: „Ja.“
    Und dann hatte ich keine Kontrolle mehr über das, was mit mir geschah. Bella entzündete auch meine Kerze, doch sie trat nicht an ihren Platz zurück, sondern packte mich am Handgelenk und hob wieder die Kristallspitze über ihren Kopf. „Hüter des Lebens nach dem Tod, bringt nun die Seele von Marianne Galbraith in diesen Kreis.“
    Bella schloss die Augen. Ihre Finger an meinem Handgelenk brannten wie Feuer. Ihr ganzer Körper schien mit einer unsichtbaren Macht zu vibrieren.
    Ich holte immer wieder tief Luft, als wäre ich am Ertrinken und wartete darauf, dass die hohen Wellen über mir zusammenschlugen. Es wäre hilfreich, wenn ich wüsste, was jetzt passieren würde, doch über diesen Teil hatte Bella sich natürlich nicht ausgelassen. Die Spannung in der Luft dröhnte noch lauter. Nathan schrie inständig das Vaterunser, und ich schickte selbst ein kurzes Gebet zum Himmel.
    Als das Warten unerträglich wurde, und es schon so aussah,als ob wir versagt hätten, trat Mariannes Seele in den Kreis. Ich konnte den genauen Moment spüren, als ihr Geist erschien. Nathan hörte für einen Moment auf zu toben, dann verfiel er in unkontrollierte Panik. Sein Körper bäumte sich auf dem Bett, gespannt wie die Sehne eines Bogens, und er brüllte, ein unendlich mitleiderregendes Schreien voller Schmerz und Angst. Ich hatte noch nie so etwas Schreckliches gehört. Er hatte furchtbare Angst, dass er sie wieder töten könnte. Ich erinnerte mich, wie er mich auf den Boden im Buchladen gepresst und mich mit einer Scherbe aus zerbrochenem Glas bedroht hatte. Er hatte sich nicht davor gefürchtet, mich zu töten.
    Max war sichtlich erschüttert. Er umklammerte Nathans Handgelenk und wandte sich mit angstgeweiteten Augen zu Bella. „Wir müssen abbrechen!“
    „Marianne Galbraith“, übertönte Bella Nathans Stimme. „Nimm diese leere Hülle und verfüge mit ihr nach deinem Gutdünken!“
    Ich wollte mich aus Bellas Griff losreißen, doch sie zog mich nach vorn und drückte mir den Kristall auf die Stirn. Der Schmerz war so stark, als hätte sie mir den Kopf mit einer Axt gespalten. Die kühle, glatte Oberfläche des Steins fokussierte den Schmerz in einen dünnen Strang, der sich meinen Rücken hinunterzog, in meinen Körper reichte, sich in den Gliedern verzweigte. Der Strang wurde breiter, öffnete sich wie ein Teleskop, bis ich zum Bersten angefüllt war. Es gab keinen Platz mehr für mich in meinem Körper, und das Ding wuchs immer noch und drängte mich immer weiter zurück.
    Meine Augen rollten nach oben. Als Letztes erblickte ich Max’ schreiendes Gesicht über mir, doch in meinen Ohren dröhnte ein entsetzliches Donnern, das jedes andereGeräusch auslöschte. Etwas flackerte silbern vor meinen Augen, und ich ging zu Boden. Das sanfte, einsaugende Gefühl, wenn meine Schöpfer mich in ihre Erinnerungen blicken ließen, war vielleicht etwas beunruhigend gewesen. Doch das hier war nur Schmerz und furchtbare Angst. Und dann – nichts mehr.
    Als sie vor der großen Doppelflügeltür aus Eichenholz standen, musterte Marianne den Mann an ihrer Seite und verbarg nicht mehr, wie groß ihr der Unterschied zwischen ihnen erschien. Mein Mann ist so gut aussehend. Und ich bin fast eine Leiche.
    Nolen warf ihr ein Lächeln zu und drückte ihre Hand. Sie kannte dieses Lächeln. Es war nicht das Lächeln, mit dem er sie verzaubert hatte, als sie jung und hübsch gewesen war, und ihr nicht jeder Schritt Schmerzen bereitete. Es war auch nicht das Lächeln, als sie sich ihm im Lagerraum des Ladens ihres Vaters

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