Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
Vom Netzwerk:
unterrichtet.«
    Wir verstummten alle, bis auf die Katze, die ein behagliches Schnurren von sich gab. Ich war etwas besorgt, dass wir hier unsere Zeit verschwendeten. »Hat sie keine Brandverletzungen davongetragen?«
    Die alte Dame neigte den Kopf zur Seite und überlegte. »Nein, ich glaube nicht. Sie war eine Weile im Krankenhaus, hatte aber nicht einen Fleck auf der Haut, nicht einmal einen Rußfleck. Es war schauerlich, wie sie da in die kalte Nachtluft hinausschwebte.«
    Luke ballte die Fäuste. »Dann ist   … dieses kleine Mädchen also durch sechs Meter hohe Flammen gelaufen   … was für ein Wunder!«
    »So würde ich es nicht nennen wollen«, kam die scharfe Antwort. »Ich lebe lange genug, um zu wissen, dass es Dinge auf dieser Welt gibt, die man nicht erklären kann, und Dinge, mit denen ich mich nicht auseinandersetzen will. Grace gehört dazu und kein gefühlsduseliger junger Mann muss mir weismachen, dass es anders ist.«
    Dieser Angriff kam überraschend für Luke und er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die Hitze aus dem Ofen war mittlerweile so stark, dass ich kaum atmen konnte. »Und wo ist Grace jetzt?«
    »Sie hat eine Tante und einen Onkel, die in einem Vorort von York leben. Er ist Pastor der Saint-John’s-Kirche. Das Letzte, was wir gehört haben, war, dass die beiden sie zu sich genommen haben.«
    Luke wurde allmählich ungehalten. Er wippte mit dem Fuß auf dem Teppich und schien am ganzen Körper zu zucken. Ich trank meinen Tee aus, stand auf und bedankte mich bei der alten Dame. Als wir schon an der Tür standen, wurde sie noch einmal lebhafter. »Unser Dorf mag ja klein sein, aber es hat eine gewisse Berühmtheit erlangt.«
    »Wie das?«, fragte ich lächelnd.
    »Durch den Hexenprozess, meine Liebe. Er fand natürlich in der Stadt statt, aber die Angeklagte stammte hier aus dem Dorf.«
    »Wirklich?« Ich spürte, wie mich Luke, der dicht hinter mir stand, in den Rücken stupste und leise schnaubte.
    »Und der Fall war umso erschreckender, als sich herausstellte, dass die Frau, die gehängt wurde, von ihrer eigenen Tochter verdammt worden war   … die zu der Zeit noch ein Kind war.«
    Ich sah Luke ganz bewusst nicht an. »Dann   … hat sie ihre eigene Mutter hinrichten lassen?«
    »Ja, und es ging das Gerücht, dass eigentlich sie die Hexe war, nur viel zu schlau, um selbst gefasst zu werden. Ihre Tarnung war perfekt, verstehen Sie   – sie lebte im Körper eines schönen Kindes, doch das Böse tritt am Ende doch immer zutage.«
    Es war mir unmöglich, darauf eine passende Antwort zu finden. »Hm   … gut. Noch einmal vielen Dank   … für den Tee und überhaupt.«
    Luke war schon weitergegangen, als sich plötzlich ein Arm nach mir ausstreckte und mich näher zu sich heranzog. Die Haut, die meine berührte, hatte die Farbe und Beschaffenheit von Pergament und ein Lippenpaar flüstertemir ins Ohr: »Sie haben auch die Gabe, es ist Ihnen nur noch nicht bewusst. Sie müssen ihre Schwachstelle finden.«
    Vor Schreck riss ich mich los und holte Luke ein, der endlich seinem Ärger Luft machte. »Die spinnt doch, ganz eindeutig. Du weißt, auf was sie rauswill, oder? Dass Grace eine Art reinkarnierte Hexe ist.«
    »Den Zusammenhang habe ich gar nicht gesehen«, flunkerte ich. »Außerdem, es ist doch nur eine Geschichte.«
    »Damals hielt man ja jeden für eine Hexe. Ich meine, sieh dich nur selber an, Katy   – mit deinen roten Haaren, den grünen Augen und deiner Katze   … du wärst als Allererste auf dem Scheiterhaufen gelandet.«
    »Vielen Dank für dieses Vertrauensbekenntnis«, sagte ich gedehnt.
    »Und was soll der ganze andere Scheiß?«, beschwerte er sich. »Eine Siebenjährige kann doch nie und nimmer unverletzt durch Flammen gehen.«
    »Sie hat immer wieder von ihren Augen gesprochen«, sagte ich leise. »Niemand, der Genevieve einmal begegnet ist, wird jemals ihre Augen vergessen.«
    »Dann glaubst du also, dass sie das Mädchen ist?«
    »Ich weiß es einfach nicht.«
    »Sie hat gesagt, dass das Mädchen außerhalb der Stadt Familie hatte. Wenn Genevieve früher einmal Grace war, dann wäre sie doch nie auf der Straße gelandet   … nicht mit Verwandten, die sich ihrer angenommen haben.«
    »Vielleicht hat sie die ja auch verschreckt.«
    »Sind dir bei Genevieve irgendwelche Narben aufgefallen?«
    »Nein«, antwortete ich bitter, »sie hat eine wunderschöne Pfirsichhaut.«
    Lukes Mund verzog sich zu einem resoluten Strich, den ich schon kannte. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher