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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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draußen regnete.
    »Ich werde dir erzählen, was ich weiß«, sagte Gran schließlich, »aber viel ist es nicht.« Sie goss sich von dem starken Orangenblütentee nach und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Rebecca war erst einundzwanzig, als du geboren wurdest. Sie hat damals in York Musik studiert und wir hatten keine Ahnung, dass sie schwanger war. Wir haben erst davon erfahren, als sie uns anrief und uns von deiner Geburt erzählte.«
    »Mum hat euch nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt?«, fragte ich überrascht. »Hat sie geglaubt, ihr würdet verärgert darauf reagieren?«
    Gran gab einen kleinen Seufzer von sich. »Sicher dachten wir in dieser Hinsicht ein wenig konventionell, aber natürlich hätten wir unserer Tochter immer beigestanden;ich denke, das würden alle Eltern tun. Sie war eben sehr selbstständig und eigenwillig und ich glaube, sie wollte einfach allein zurechtkommen.«
    Mum verbrachte ihre Tage meist im Bett und war alles andere als selbstständig oder eigenwillig und ich fragte mich zum wiederholten Mal, was nur eine solche Veränderung ausgelöst haben konnte.
    »Und was geschah dann, als ihr sie im Krankenhaus besucht habt?«
    »Tja, das war so eine Sache, Katy. Rebecca hatte sich bereits selbst entlassen und deshalb sind wir zu ihr in die Wohnung gefahren.«
    Mich verließ aller Mut. »Ihr habt mich also nicht im Krankenhaus gesehen?«
    Grans Stirn legte sich in Falten, während sie in ihren Erinnerungen suchte. »Nein   … wir haben dich zum ersten Mal gesehen, als du fünf Tage alt warst.«
    »Und wie kam Mum damit zurecht? Ich meine, ging es ihr denn gut, so ganz allein mit einem winzigen Baby?«
    »Sie hat dich mit allergrößter Selbstverständlichkeit umsorgt«, sagte Gran und ihre Stimme klang beglückt.
    »Und   … war sonst noch jemand bei ihr? Habt ihr denn keine Freunde von ihr angetroffen?«
    »Nein. Als wir sie besuchen kamen, war sie völlig durcheinander und betonte immer wieder, sie wolle nichts wie weg aus ihrer Wohnung und zu uns nach Hause kommen. Sie hatte gerade ihr Examen hinter sich und ihre Taschen waren schon gepackt. Da haben wir ihr natürlich geholfen.«
    »Und euch kam gar nichts komisch daran vor?«
    Gran lachte. »Nein, wenn man mal von der Tatsache absieht, dass meine einzige Tochter auf einmal selber eine Tochter hatte und ich darauf nicht gefasst gewesen war.«
    »Wie hat sie ihre Schwangerschaft denn nur vor euch geheim gehalten?«
    »Sie hat sie unter ihren weiten Kleidern gut versteckt und ihre Gewichtszunahme haben wir auf das ungesunde Studentenessen zurückgeführt. Außerdem   – vergiss nicht, wie winzig du bei deiner Geburt warst.«
    ›Und warum steht mein Name dann auf dem Foto eines gesund aussehenden, pummeligen Babys?‹, wollte ich schon rufen, aber das ging wohl einen Schritt zu weit und und es kam mir unfair vor, Gran mit meinen Sorgen zu belasten. Außerdem wusste ich instinktiv, dass sie auf diese Frage keine Antwort hatte. Wenn meine Großeltern nicht im Krankenhaus gewesen waren, dann war das fünf Tage alte Baby das einzige Kind, das sie zu Gesicht bekommen hatten.
    »Wonach suchst du eigentlich, Katy?«, fragte Gran mit sanfter Stimme.
    »Weiß ich auch nicht so genau«, antwortete ich ehrlich. »Wahrscheinlich nur nach einem Grund, weshalb mir Mum nie etwas über meine Geburt erzählt hat. Ich dachte immer, dahinter verbirgt sich ein Geheimnis.«
    Gran griff nach der Teekanne, um sich noch einmal nachzuschenken, und schaffte es irgendwie, sich dabei die Hand zu verbrühen. Sie hielt sie unter den Kaltwasserhahn, während ich besorgt aufsprang und mich neben sie stellte.
    »Ist schon gut, ist nicht so schlimm«, beruhigte sie mich,aber sie war blass geworden und sah angespannt aus. Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil ich einfach hier aufgekreuzt war und ihr so zusetzte. Mir kamen die Tränen, doch ich versuchte, sie so schnell wie möglich wegzublinzeln. Nicht nur die Anspannung, die Genevieve in mir auslöste, machte mir zu schaffen, sondern auch die Tatsache, dass ich meine Großeltern zum ersten Mal nach längerer Zeit wiedersah und merkte, wie sehr ich sie vermisst hatte. Gran musste spüren, was in mir vorging, und bedeutete mir, ich solle mich wieder an den Tisch setzen. Dort legte sie ihre runzlige Hand auf meine.
    »Das war tatsächlich noch nicht alles«, begann sie. Sie sah mich einen Moment lang an, als ob sie es sich anders überlegen wollte, fuhr dann aber stockend fort: »Die Wohnung, in

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